Wirtschaft

Schließung des Brühler Real-Marktes bereitet den Mitarbeitern Sorge

Von 
Marco Montalbano
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Dunkle Wolken über dem Einkaufszentrum: Die Zukunftsperspektiven der Mitarbeiter des Brühler Real-Marktes bleiben weiterhin eher unklar. © strauch

Brühl. Der Schock sitzt noch tief bei den 98 Mitarbeitern, nachdem Anfang des Jahres die Schließung des Real-Marktes zum 31. Mai bekannt gegeben worden war (wir berichteten). Unsere Zeitung sprach mit dem Betriebsratsvorsitzenden Marcel Jaworski sowie Gewerkschaftssekretärin Sabine Möller von Verdi Rhein-Neckar und fing Stimmen von Beschäftigten ein.

„Wenigstens hat das Hinhalten jetzt ein Ende, indem ein Datum für die geplante Schließung genannt wurde“, so Marcel Jaworski, der schon seit 19 Jahren im Unternehmen ist. „Als ich anfing, war dies noch ein Walmart“, erinnert sich der Betriebsratsvorsitzende und fügt nachdenklich hinzu: „Vieles hat sich seitdem verändert. Es war immer ein guter Job, aber die emotionale Bindung an das Unternehmen hat inzwischen schon gelitten.“

Zu den laufenden Verhandlungen könne er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. „Über den Sozialplan und den Interessenausgleich sprechen derzeit noch unser Anwalt und der Anwalt der Eigentümer – sagen kann und will ich dazu im Moment nichts.“ Die Chancen der Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt seien sehr unterschiedlich. „Das kommt einerseits auf das Alter an, andererseits auf die jeweilige Qualifikation. Das beginnt beim Metzger, über den Einzelhandelskaufmann bis hin zum Lageristen oder Fahrer“, zeigt Jaworski die Bandbreite der Tätigkeiten auf.

„Manche trifft es hart. Da gibt es Menschen, die über 40 Jahre hier sind, manchmal sogar zwei aus einer Familie.“ Zusätzlich beunruhigten Gerüchte die Belegschaft, das in Neckarau von Edeka betriebene Scheck-In-Center könnte schließen. Dann würden die Mitarbeiter von dort vielleicht eher übernommen werden.

Kein Sozialplan vor Ort

„Ein Sozialplan ist nur auf den ersten Blick eine soziale Abfederung bei Entlassungen“, sagt Sabine Möller von Verdi ernst und ergänzt: „Aber das Geld ist irgendwann aufgebraucht. Und dann?“, fragt sie. Jetzt würde man weitere Informationen vom Arbeitgeber benötigen. Denn außer der Schließung sei nichts mitgeteilt worden. „Der Sozialplan wurde mit dem Gesamtbetriebsrat – also nicht speziell für den Brühler Markt – ausgearbeitet. Das liegt natürlich im Interesse der Eigentümer, nur ein Mal zu verhandeln. Wir treten gerade in einen Dialog.“ Denn regeln könne man sehr viel in einem eigenen Sozialplan – wenn man nur wolle. „Wenn die Eigentümer mitspielen, kann man beispielsweise Mitarbeiter an anderen Standorten einsetzen.“ Aber ein Interessenausgleich hätte auch noch nicht stattgefunden.

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Der Umbau bis Ende 2025 wurde dem Betriebsrat bisher nicht mitgeteilt. Wenn das so sein sollte, warum dauert es derart lange? „Umso schwieriger wäre dann ein Betriebsübergang im rechtlichen Sinne.“ Das Problem sei laut Möller auch ein gesellschaftliches: „Ein Unternehmen kann viele Kosten nicht oder kaum beeinflussen. Die Personalkosten allerdings schon. Wo vorher 100 Leute arbeiteten, wird dann versucht, auch mit 50 auszukommen. Aber das kann es nicht sein, auch nicht diese kontinuierlichen Verschlechterungen im Einzelhandel. Zum Beispiel wurden neue Arbeitsplätze im fünfstelligen Bereich wegen der Ausdehnung der Ladenzeiten vorausgesagt. Davon traf nichts ein. Mehr Fachpersonal kann sich aber besser um die Bedürfnisse der Kunden kümmern. Das wäre auch ein Gewinn für sie und damit ein Grund vor Ort einzukaufen – ein Plus im Vergleich zum Online-Handel“, so die Gewerkschaftlerin.

Gedrückte Stimmung im Markt

Die Stimmung unter den Angestellten ist entsprechend gedrückt. „Die Ankündigung der Schließung hat mich getroffen wie ein Hammer. Danach musste ich mich erst wieder fangen. Beworben habe ich mich jetzt bei mehreren ähnlichen Unternehmen“, so ein junger Mann, der sich Hoffnung macht, „bald wieder unterzukommen.“ Dies aufgrund seiner „soliden Ausbildung“.

Wie seine Kollegen bevorzugt er es, seinen Namen nicht in der Zeitung zu lesen. Eine ältere Mitarbeiterin meint: „Ich versuche, es gelassen zu nehmen, auch wenn ich schon so viele Jahrzehnte hier bin, aber weiter will ich nichts dazu sagen.“ Eine Kollegin von ihr meinte mit eiserner Miene, sie hätte es schon lange geahnt.

Eine langjährige Angestellte bringt es auf den Punkt, was viele von ihnen denken würden: „Wo sollen wir Ältere noch einen Job finden? Die Arbeitgeber haben doch Angst, dass wir mal krank werden. Dabei haben wir doch auch Vorteile. Wir werden nicht schwanger, sind meist gut ausgebildet und zuverlässig. Vielleicht nimmt Edeka uns doch. Ich habe gehört, in Berlin gebe es einen Markt, der habe das erkannt und stelle nur Leute über 50 ein.“ Als ihre Kollegin das hört, sagt sie verbittert: „Da wäre ich mir nicht so sicher. Für den Preis von einer von uns, stellen sie lieber zwei junge Ungelernte ein.“

Im nun notwendigen Interessenausgleich geht es darum, ob, wann und in welcher Form die vorgesehene unternehmerische Maßnahme durchgeführt wird. Als Mitwirkungsrecht ausgestaltet, ist dessen Abschluss zwar freiwillig, aber das Gesetz verpflichtet den Unternehmer zur Aufnahme von Verhandlungen. In der Regel umfasst ein Interessenausgleich eine detaillierte Beschreibung zu den jeweiligen Maßnahmen der Betriebsänderung, die auch Schließung bedeuten kann. Wenn ein Interessenausgleich nicht zustande kommt, können das Unternehmen oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen.

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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