Brühl. Vertreter an der Haustür gehören zum bundesdeutschen Alltag. Sie versprechen bei ihren Produkten oftmals nicht nur verlockende Preise, sondern auch ganz exklusive Vertragsbedingungen. „Danke, aber es besteht kein Interesse“, heißt es dann oft – und zu ist die Tür. Auch Vodafone nutzt die Arbeit von Vertretern. Die sogenannten Haustürgeschäfte seien „traditionelle und erfolgreiche Vertriebswege“, meint das Telekommunikationsunternehmen auf Nachfrage.
Allerdings: In den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen beschweren sich auffällig viele Menschen über Vodafone und seine Partner. Eine überraschende elektronische Nachricht im Anschluss an den Besuch eines Vodafone-Vertreters erhielt auch eine Leserin dieser Zeitung aus Brühl. Was war passiert?
Vodafone-Vertreter täuscht kostenlose Internetrouter-Installation bei Kundin vor
Der Vertreter an der Haustür habe sich, so berichtet die Frau unserer Zeitung, als Vertriebsmitarbeiter von Vodafone vorgestellt und der betagten Dame gesagt, sie bräuchte zwingend einen neuen Internetrouter – erinnert sich unsere Leserin. Sowohl die Rücksendung des alten als auch die Zustellung eines neuen Geräts seien kostenlos, fasst die Betroffene das weitere Versprechen zusammen. Auch die Installation habe der Vertriebsmitarbeiter demnach unentgeltlich übernehmen wollen – schließlich handele es sich um eine ältere und vermeintlich wenig technikaffine Dame, meinte er.
Im Glauben, eine erforderliche und kostenfreie Leistung in Anspruch zu nehmen, schloss die Frau das Geschäft mit einer Vertragsunterzeichnung ab.
Als die Vertragszusammenfassung tags darauf im E-Mail-Postfach der Tochter der Seniorin eintraf, folgte das böse Erwachen: ein Komplettpaket mit neuem Internetvertrag. Kostenpunkt 90 Euro pro Monat. Das Dreifache des vorherigen Betrags.
Nachdem von der Tochter der Betroffenen alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden – vom Kundenservice des Unternehmens bis hin zur Polizei – konnte der Vertrag widerrufen werden. Doch dieser Vorgang in Brühl scheint kein Einzelfall zu sein.
Vodafone: Beschwerden über untergeschobene Verträge nehmen zu
„Vodafone ist aufgrund untergeschobener Verträge zahlreich aufgefallen“, erklärt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Nachfrage unserer Zeitung. Der Telekommunikationsriese führe regelmäßig Prozesse wegen derartiger Geschäftsgebaren. Die Anzahl der Beschwerden liege im Vergleich zu den Abschlüssen allerdings in einem „homöopathischen Promillebereich“, versichert ein Konzernsprecher von Vodafone dieser Zeitung gegenüber. Im Fall der betroffenen Brühlerin habe es sich jedoch um „einen Betrugsversuch eines selbstständigen Handelsvertreters“ gehandelt, der damit „unberechtigte Provisionen“ zu kassieren versuchte, räumt selbst Vodafone ein.
Strafrechtlich sind die Haustürgeschäfte kompliziert zu verfolgen. Dem Vernehmen nach sind der Polizei in solchen Fällen meist die Hände gebunden, der Nachweis krimineller Handlungsabsichten sei schwierig. Sofern eine schriftliche Vertragszusammenfassung vorgelegt und Kunden über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt werden, liege laut Verbraucherzentrale kein illegales Geschäft vor.
Von genau diesem 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht, hat die betroffene Brühlerin den Vertrag wieder auflösen können. Von Vodafone sei ihr die interne Verfolgung des Vorgangs zugesichert worden, erklärt sie. „Ich bin noch mal mit dem Schrecken davon gekommen.“
Weniger glimpflich könnte der Betrug für den Vertriebsmitarbeiter enden. „Hier hat der selbstständige Vertriebspartner offensichtlich gegen seinen Handelsvertretungsvertrag und gegen unsere Vermarktungsrichtlinien verstoßen“, teilte Vodafone mit. Ein internes Ermittlungsverfahren sei eingeleitet worden, ein Ende der Zusammenarbeit stehe im Raum.
Laut Vodafone befand der Auftrag sich bereits vor der eingegangenen Beschwerde in Untersuchung. „Der Vertrag wäre auch ohne die Stornierung nicht in Kraft getreten.“
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