Kolpingfamilie

Vortrag zu Brühler Ortsgeschichte vom "Kollerpapst"

In einem kurzweiligen Vortrag und auf Einladung der Kolpingfamilie spricht Winfried Geier im Pfarrzentrum Brühl über die Geschichte von Gemeinde und Kollerinsel.

Von 
Nicolai Lehnort
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Unter den rund 20 Besuchern im katholischen Pfarrzentrum mischen sich auch Pater Kurian Thomas Kattamkottil (3. v. l.) und der ehemalige Finanzminister Baden-Württembergs und Brühler Ehrenbürger Gerhard Stratthaus (5. v. l.). © Nicolai Lehnort

Brühl. Über die Namensgebung der Kollerinsel existierten zwei Geschichten, weiß er zu berichten. Einmal entstamme der Name dem damaligen Begriff Kolter, wie Bettdecken früher genannt wurden. Die andere Version gehe auf den Koller zurück, mit der die Wut gemeint war, die die Bürger aufgrund der vielen Überschwemmungen verspürten. „Aber das nur am Rande“, beendet Winfried Geier seine kurze Exkursion fernab des roten Fadens.

Es ist ein Ausspruch, der ihm an diesem Nachmittag im katholischen Pfarrzentrum immer wieder über die Lippen kommt. Aber wie und weshalb sollte er sie auch für sich behalten, die zahllosen Anekdoten rund um Brühl, Rohrhof und sein zweites Zuhause, die Kollerinsel? Zwar müsse er schauen, dass er ob der etlichen – mal historisch wertvollen, mal amüsanten – Exkurse nicht zu lang werde, doch langweilig wird bei Winfried Geiers Vortrag über „Die Geschichte und Geschichten von Brühl, Rohrhof und der Kollerinsel“ keinem der rund 20 Besucher im Pfarrzentrum.

Vortrag in Brühl: Winfried Geier ist der "Kollerpapst"

Der Alt-Gemeinderat, von Kolpingfamiliensprecher Gerhard Zirnstein wegen seines umfangreichen Wissens und jahrelangen Einsatzes für die Halbinsel als „Kollerpapst“ vorgestellt, führt durch die Historie der beiden Ortsteile, geht auf deren Eigenheiten wie etwa den Leimbach ein und thematisiert unter anderem den einzigen linksrheinischen Zipfel des Bundeslandes, die Kollerinsel, mitsamt seiner Fährverbindung über den Fluss.

Angefangen chronologisch bei der ersten urkundlichen Erwähnung des deutlich älteren Ortsteils Rohrhof 976, als Kaiser Otto II. das damalige „Rohrheim“ dem Bischof von Worms überlässt. Jahrhundertelang habe der Ort nur aus einem einzigen Hof bestanden, daher die Namensgebung.

Das älteste Haus der Gemeinde steht in der Hofstraße in Rohrhof. © Nicolai Lehnort

An der bald hundertjährigen Linde auf dem Hofplatz befinde sich das älteste Haus in Brühl und Rohrhof. Etwa 1770/1780 von einem Brauereimeister aus Schwetzingen gebaut, steht es mit seinen rund 70 Zentimeter dicken Sandsteinwänden in der Hofstraße, schlägt Winfried Geier die Brücke aus der Vergangenheit ins Hier und Jetzt. Er fordert: „Die Gemeinde sollte sich darum kümmern, dass das Haus in der Form erhalten bleibt.“

Redner Winfried Geier war jahrelang Mitglied des Brühler Gemeinderats

Derartigen Forderungen konnte der Referent über 30 Jahre lang selbst Nachdruck verleihen, bestimmte Winfried Geier die Geschicke der Gemeinde doch über diesen beachtlichen Zeitraum als Mitglied des Gemeinderats mit. Mit sein Verdienst ist es, dass die Kollerinsel überhaupt noch zur Gemeinde Brühl gezählt werden darf.

Der Vertrag zum Verkauf der linksrheinischen Exklave an Rheinland-Pfalz habe schon unterschriftsreif vorgelegen, erinnert sich Winfried Geier an die Verhandlungen in der Landeshauptstadt Stuttgart. „Nur noch die Unterschriften haben gefehlt“, weiß der Referent als damaliger Sprecher der Initiative gegen den Verkauf. Dass das Vorhaben der Brühler Delegation von Erfolg gekrönt war, ist auch dem damaligen Finanzminister Gerhard Stratthaus zu verdanken. Er habe alle Entscheidungsträger im Ländle an einen Tisch gebracht. „Wir haben uns gut durchgesetzt“, befindet Winfried Geier rückblickend. Zustimmendes Nicken vom Finanzminister a.D. in den Zuschauerreihen.

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Dass der Verlust eines anderen Brühler Wahrzeichens nicht auf seinem Mist gewachsen ist, wird der ehemalige Gemeinderat und Bürgermeister der Hufeisengemeinde nicht müde zu betonen. „Das waren die Schwetzinger“, sagt Gerhard Stratthaus über die 1972 abgerissene Mühle am Leimbach. Da sie auf Schwetzinger Gemarkung stand, hatten die Spargelstädter die Entscheidungshoheit inne. Für die Brühler war es trotzdem „ihre“ Mühle, wie Gerhard Stratthaus sich erinnert. In Anspielung auf den exakten Standort habe es im Volksmund einen bekannten Ausspruch gegeben, sagt er: „Briehl hot e Miehl, awwa die Miehl ghört gar net zu Briehl.“

Die Historie seiner Heimat Brühl weiterzutragen ist ihm ein wichtiges Anliegen

Die Historie seiner Heimat auf diesem Weg weiterzutragen, ist Winfried Geier ein wichtiges Anliegen. Mit seinen 86 Jahren werde er die unter anderem aus den Archiven in Mannheim und Karlsruhe angelesenen Geschichten nicht mehr ewig erzählen können, schließt er ab, „deshalb bin ich froh, dass sie nun wieder einige gehört haben“.

Einige der Anekdoten habe Karl-Heinz Mündel bereits von seinen Eltern mit auf den Weg bekommen, sagt der Besucher des Vortrags und Mitglied der Kolpingsfamilie, „aber so wird es wieder aufgefrischt“, zieht der Rohrhofer ein zufriedenstellendes Fazit.

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