Brühl. „Er hier war bei unserer alljährlichen Wartung ein Hauptthema“, sagt Tolga Mustroph und zeigt auf den eindrucksvollen Motor. 171 Pferdestärken hat die Maschine und übergibt ihre Kraft auf den Backbordpropeller der Kollerfähre. Sie hatte in der vergangenen Saison Öl verloren, wie der Fährmann berichtet, doch nach der Inspektion im Winter, läuft auch auf der Backbordseite – vom Heck zum Bug gesehen, die linke Seite eines Wasserfahrzeugs – wieder alles in geordnet-dichten Bahnen. Immerhin startet an diesem Mittwoch, 13. März, die neue Saison der Kollerfähre, die inzwischen im zweiten Jahr von Mustroph betrieben wird. Zwar pendeln er und sein Team schon seit Jahren bei Rheinkilometer 409,4 die etwa 250 Meter zwischen den beiden Rheinufern von Brühl hin und her, doch erst seit 2023 macht er das inzwischen eigenverantwortlich.
Kurz nach dem Saisonende im vergangenen Jahr war die Fähre nach Speyer gefahren worden, um dort an Land gehievt und rundum kontrolliert zu werden. Immerhin hat die alte Dame einige Jahre auf dem Buckel. Ihre Vorgängerin pendelte einst an einem Seil von rechts nach links über den Fluss. Doch musste nach mehreren Zwischenfällen eine neue Lösung gefunden werden.
Die Brühler Kollerfähre hat ihren Ursprung im Ruhrgebiet
Die entdeckte der damalige Fährmann Adolf Menz 1954 bei Duisburg in der Fähre „Horst“ der Firma Maul. Vom Ruhrgebiet, wo sie als Ersatzfähre verkehrte, brachte er sie an den Brühler Rheinstrand. Bei der Schiffswerft Braun in Speyer noch überholt, technisch modifiziert, dann eingeweiht und umgetauft, ging die Kollerfähre im Juli 1978 in den Einsatz.
Mehr als 70 Jahre seit dem Stapellauf – das ist für ein Schiff schon eine ordentliche Zeit. Doch nach wie vor versieht die Fähre ihre Aufgabe. Damit das auch in der kommenden Saison so sei, wurde sie in einer Werft der rheinland-pfälzischen Domstadt an Land gesetzt. Nur so war es möglich, den Rumpf des Schiffes genau zu inspizieren, die beiden Propeller zu begutachten und die Körbe, die sie umschließen zu kontrollieren. „Dabei hat sich gezeigt, dass die alte Dame gut in Schuss ist“, freut sich Mustroph im Gespräch mit unserer Zeitung.
Jetzt hofft er noch, dass sein Schiff die kommende Saison wirtschaftlich ebenso erfolgreich absolvieren wird, wie im vergangenen Jahr. Da durfte er eine durchweg positive Bilanz ziehen, nachdem er erstmals als Privatunternehmer die Kollerfähre betrieben hat. Das Schifffahrtsunternehmen Mustroph führt den Fährbetrieb zwar bereits seit sieben Jahren auf Grundlage eines Dienstleistervertrages mit dem Land Baden-Württemberg. Seit März 2023 beruht die Zusammenarbeit jedoch auf einem Betreibervertrag. Das heißt: Einzig das Schiff gehört noch dem Land, für Betrieb, Personal und Instandhaltung ist das Unternehmen verantwortlich. Durch diese Teilprivatisierung des PS-starken Bootes war dieser Weiterbetrieb des Rheinübergangs mit veränderten Zeiten erst mögliche geworden.
Die Zahl der Fahrgäste der Brühler Kollerfähre bleibt weitestgehend stabil
Mehr Fahrgäste gebe es dadurch aber nicht, sie würden sich nur anders verteilen. „Im Durchschnitt sind die Zahlen gleich geblieben“, bilanziert Mustroph die vergangene Saison. Das macht den Übergang für das Land nicht kostengünstiger, aber eindeutiger kalkulierbarer. Gleichzeitig ist die Neuerung für die Kollerfähre seitens Mustrophs ein Gewinn, denn mit der Übernahme des Fährbetriebs kann der Unternehmer freier schalten und walten. Und das macht sich in den Fährzeiten bemerkbar.
Geschichte der Rheinüberquerung in Brühl
1195 wird die Ketscher Rheinfähre als Vorgängerin der Kollerfähre erstmals urkundlich erwähnt.
1834 wird wegen der Rheinbegradigung durch Johann Gottfried Tulla die Fähre von Ketsch ins benachbarte Brühl verlegt.
Diese erste Längsseil-Gierfähre mit einem Führungsseil, das inmitten des Flusses verankert ist, wird 1900 aus dem Verkehr gezogen.
Vier Jahre später pendelt eine neue Fähre an einem quer über den Rhein gespannten stählernen Kö-nigsdraht über den Fluss.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt zunächst eine Ersatzfähre aus Pontons und dem Dampfboot „Anna“ den Betrieb. Dann fuhr wieder die alte Fähre.
1957 geht eine Grundseil-Gierfähre in Dienst.
Das heute eingesetzte Fährschiff, eine freifahrende Motorfähre, wurde 1954 von der Rheinwerft Walsum gebaut und 1978 vom Land für die Passage in Brühl erworben.
Die Kollerfähre pendelt seitdem bei Rheinkilometer 410 verlässlich hin und her ein.
In Baden-Württemberg den Rhein zu überqueren und auf der anderen Rheinseite nicht in die Pfalz oder Frankreich, sondern wieder in Baden-Württemberg auszusteigen, ist einzigartig. Nur noch in Konstanz hat das Land weitere linksrheinische Gebiete vorzuweisen. ras
Aktuell ändert sich wenig an den bisherigen Pendeldiensten über den Rhein. Von diesem Mittwoch, 13. März, bis Freitag, 31. März, sowie in der Nachsaison im Oktober pendelt die Fähre von 10 bis 17 Uhr. In der Hauptsaison von April bis September macht sie das von 10 bis 19.30 Uhr. Zusätzlich wird je nach Witterung der Fährbetrieb spontan in den Abendstunden verlängert. Diese individuellen Fahrzeitverlängerungen bei schönem Wetter werden auf der Homepage www.koller-faehre.de oder vor Ort bekannt gegeben.
Die Mittagspause gibt es nicht mehr, montags und dienstags findet kein Fährbetrieb statt – außer an Feiertagen. Und in den Sommerferien von Baden-Württemberg wird täglich, also ohne Ruhetage am Anfang der Woche übergesetzt. „Das klappt auch“, sagt Mustroph und tätschelt den stattlichen 171-PS-Motor. Dann geht es zurück zu den großen Auffahrtrampen, die am Dienstag für Mittwoch dem aktuellen Wasserstand angepasst werden müssen.
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