Das Wichtigste in Kürze
Mit mehreren großen Maßnahmen könnte das 650 Hektar große Naturschutzgebiet bei Brühl ökologisch noch weiter aufgewertet werden. Dazu gehört neben einem sich schlängelnden Bachlauf auch die Wiederherstellung des Moores nahe Rohrhof.
Brühl. Der Bau der Fischtreppe an der Leimbachmündung bei Brühl in den Rhein ist endlich vollendet. Mehrere Rheinhochwasser hatten die Bauarbeiten immer wieder ins Stocken gebracht (wir berichteten). Nun wird auch die Leinpfadbrücke an dieser Stelle in einem feierlichen Akt eingeweiht und ist ab Samstag, 19. Juli, wieder für die Allgemeinheit nutzbar.
Unter ihr können nunmehr die Fluss– und Bachbewohner von Kleinstlebewesen bis hin zu größeren Fischen bei jedem Wasserstand vom Rhein in den Leimbach gelangen und umgekehrt. Für sie alle ist der Bach – auch dank der Fischtreppe am Kreisverkehr Ketscher Straße in Brühl – somit durchlässig bis hin zum Unteren Wasserwerk in Schwetzingen.
Wäre es da nicht der nächste logische Schritt, den wandernden Tieren durch einen geschwungenen Bachverlauf, also Mäander, in den Schwetzinger Wiesen auch eine Vielzahl von Lebensräumen zur Verfügung zu stellen? Die Antwort scheint eindeutig. Denn es handelt sich um eine Maßnahme, die bei den zuständigen Behörden bereits seit Jahrzehnten im Gespräch ist.
Dadurch würden Kleinbiotope wie Röhrichte, Steilufer, Strände und Stillwasserbereiche entstehen, die zuerst von Pflanzenspezialisten und später von den nachfolgenden Tierarten besiedelt werden könnten. Außerdem schaffte man auf diese Weise Laichmöglichkeiten für einige Fischarten. Und das sich bildende Feuchtgebiet gliche den Bodenwasserhaushalt immer besser aus.
Das sind die Argumente der Biologen und Naturschützer. Wie die weiteren Entscheider aus Politik, Verwaltung und Landwirtschaft dieses und andere Projekte – zum Beispiel die Rückgewinnung der Moorflächen in den Schwetzinger Wiesen – einschätzen, haben wir nachgefragt.
Noch keine konkreten Pläne für mögliche Mäander des Leimbachs
Laut den zuständigen Stellen im Landesbetrieb Gewässer des Regierungspräsidiums Karlsruhe seien oberhalb des Mündungsbereichs des Leimbachs mehrere Renaturierungen vorgesehen. Sowohl kleinere Maßnahmen wie die Schaffung von Buhnen und das Einbringen von Totholz in das bestehende Gewässerbett, um eine Strömungsvielfalt zu bewirken. Aber auch die Neutrassierung des Bachlaufs sei in der Rahmenplanung für den Leimbach enthalten– und zwar in Form der vorbereitenden Landesstudie Gewässerökologie, die bis 2026 für alle Gewässer der ersten Ordnung abgeschlossen sein soll.
Das bedeutet, dass es zur Zeit noch keine konkreten Planungen für einen sich schlängelnden Bachverlauf in den Schwetzinger Wiesen gibt. Anders sieht es mit der Zusammenlegung von Leimbach und Landgraben und der damit verbundenen Mäander zwischen Oftersheim und Sandhausen aus. Dafür, so das Regierungspräsidium, laufe bereits das entsprechende Genehmigungsverfahren beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises.
Das kombinierte Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Schwetzinger Wiesen-Riedwiesen“ umfasst eine 650 Hektar große Fläche der Rheinniederung. Hier findet sich ein Mosaik wertvoller Lebensräume und Baggerseen. Hecken und Weidengebüsche gliedern die vom Rhein überformten, artenreichen Niederungswiesen, die extensiv genutzt werden
„Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit den Schwetzinger Wiesen“, betont der Grünen Landtagsabgeordete und Staatssekretär im Umweltministerium Baden-Württemberg, Dr. Andre Baumann. Wichtiger als die Renaturierung des Leimbachs in den Schwetzinger Wiesen findet er die Rückgewinnung von Moorflächen unterhalb von Rohrhof sowie die Zusammenlegung von Leimbach und Landgraben bei Oftersheim.
In seiner Funktion als Staatssekretär habe er dafür gesorgt, dass das Regierungspräsidium ein Konzept zur landwirtschaftsverträglichen Moorgewinnung erstellt. Doch die Umsetzung dieser Naturprojekte gehe nur Stück für Stück. „Es ist wichtig, das Vertrauen der Landwirte zu erhalten; und daher kann man nicht alle Maßnahmen gleichzeitig vornehmen“, so Baumann. Landwirte müssten durch Naturschutzmaßnahmen auch Geld verdienen können. Und diese finanziellen Mittel habe das Land Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt, erklärt der Politiker der Grünen.
Unterschiedliche Meinung der betroffenen Landwirte
Der Landwirt Hans Rinklef, Vorsitzender des Wasser- und Bodenverbandes Schwetzinger Wiesen, meint zum Thema: „Wir Landwirte wollen nicht immer gegenüber dem Naturschutz als Blockierer dastehen.“ Er und viele seiner Kollegen seien bereit, die – nach seiner Schätzung – 15 Hektar Torfflächen zur Wiedervernässung und 1,5 Hektar Ackerflächen für den bogenförmigen Verlauf des Leimbachs in den Schwetzinger Wiesen gegen entsprechende Ausgleichsflächen einzutauschen.
Solche Flächen gäbe es seiner Meinung nach in der Region genug. Doch die Politik sei dafür verantwortlich, diesen Ausgleich zu organisieren.
Allerdings ist der Vorsitzende des Bauernverbandes Schwetzingen, der Landwirt Andreas Spilger, bei diesem Thema anderer Meinung. Angesichts des Drucks auf landwirtschaftliche Flächen nicht nur durch den Naturschutz, sondern durch den Bau von Radwegen, Bahntrassen und Photovoltaik-Anlagen, ist er grundsätzlich gegen die genannten Projekte. „Ich befürchte, dass sonst irgendwann zu wenig Flächen für die Landwirtschaft übrig bleiben“, gibt Spilger im Gespräch mit unserer Zeitung zu Bedenken. Weitere befragte Landwirte äußerten auf unsere Anfragen hin zudem Zweifel an dem Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser Naturschutzmaßnahmen.
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Die Quelle des Leimbachs liegt südöstlich des Dielheimer Ortsteils Balzfeld im Westsaum des Gebietes der Stadt Sinsheim und mündet bei Brühl in den Rhein. Das Fließgewässer hat dabei eine Gesamtlänge von 38 Kilometern und einem Einzugsgebiet von rund 200 Quadratkilometern.
Besitzer der meisten Flächen entlang des Leimbachs in den Schwetzinger Wiesen ist der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Mannheim und Heidelberg. Als Mitarbeiter der für die Schwetzinger Wiesen zuständigen Stelle äußert sich Uwe Baumann speziell zur Renaturierung des dortigen Leimbachabschnitts.
Durchlässigkeit von der Mündung bei Brühl bis zur Quelle
„Wir haben in der Vergangenheit durch den Aufkauf der wesentlichen Flächen und deren Überführung in Landeseigentum dafür gesorgt, dass für ein Projekt wie dieses, ausreichend Boden zur Verfügung steht.“ Zur Finanzierung einer solchen Aufgabe hoffe er auf den ökologischen Ausgleichsmaßnahmen, die zum Beispiel die Deutsche Bahn bei einem Bau einer neuen Trasse leisten müsse.
Im Übrigen beginne seine Behörde gerade mit den Planungen für ein „Umgehungsgerinne“ um die beiden Wehre am Unteren Wasserwerk und in der Forsthausstraße beim Parkplatz im Bewährungshelfergarten in Schwetzingen. In drei bis vier Monaten könne er mehr darüber berichten.
„Und wenn durch die Zusammenlegung von Landgraben und Leimbach auch noch das letzte Wehr wegfällt, ist der Leimbach durchlässig von der Quelle bis zur Mündung“, kündigt Uwe Baumann an.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Leimbach bei Brühl: Fischtreppe ein großer Schritt zu Renaturierung