Vorzeigebiotop

Wie aus einem Schrebergarten in Brühl ein Tiny Forest werden soll

Der Brühler Umweltverein plant den 320 Quadratmeter großen Schrebergarten vielfältig für den Klimaschutz umzugestalten. Der Tiny Forest soll zum Klimaschutz beitragen und Bürgern als Begegnungsstätte dienen.

Von 
Ralf Strauch
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Klaus Triebskorn – er ist der Vorsitzende des Umweltvereins Brühl – mit einigen selbst gezogenen Setzlingen, die im Herbst unter anderem Teil des Tiny Forests werden sollen. © hauck

Brühl. Noch ist es ein unscheinbarer Schrebergarten im Bachstückerweg – doch daraus will der Brühler Verein für Umwelt- und Naturschutz in Absprache mit der Eigentümerin der Parzelle einen Umweltgarten beziehungsweise ein Vorzeigebiotop machen. Neben einem Bereich für Hochbeete, in denen später einmal Geflüchtete ihr Gemüse anbauen dürfen, soll ein Tiny Forest entstehen, ein Kleinstwald, der so konzipiert ist, dass er schnell in Richtung Himmel wächst und so einen Beitrag zum örtlichen Klimaschutz leisten kann.

„Ziel ist die Schaffung eines Umweltgartens, der gleichzeitig Begegnungsstätte für interessierte Bürgerinnen und Bürger ist“, verrät der Vereinsvorsitzende Klaus Triebskorn im Gespräch mit unserer Zeitung. Dieser könnte als Ort der Inspiration, Begegnung und Vernetzung wirken – ein Ort, der zudem über an dem Klimawandel angepasste Pflanzen informieren soll.

Tiny Forest in Brühl soll 100 Quadratmeter groß sein

Das klingt nach sehr großen Ambitionen, wenn man bedenkt, dass dafür insgesamt nur 320 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Und wenn Triebskorn dann noch verrät, dass das geplante Stück Wald auf 100 Quadratmetern davon entstehen soll, wird klar, weshalb er von einem Tiny Forest spricht.

Hintergrund: Tiny Forest

Ein Tiny Forest – übersetzt heißt das so viel wie Klein- oder Mikrowald – ist ein angepflanzter Wald auf einer relativ kleinen Fläche mit einer großen Dichte von bis zu sieben Pflanzen pro Quadratmeter.

Nach der Stabilisierung sollen durchschnittlich 0,5 bis 2,5 Bäume auf einem Quadratmeter stehen.

Ziel solcher Neuanpflanzungen ist, in urbanen Räumen auf kleinen Flächen möglichst vielfältige, schnell wachsende und sich selbst erhaltende Lebensräume anzulegen und dadurch eine Verbesserung der Umweltsituation zu erreichen.

Tiny Forests gehen auf Forschungen des japanischen Ökologen Akira Miyawaki zurück, der sich bereits in den 1970er Jahren mit der Waldentwicklung und Begrünung von Großstädten beschäftigte.

Seine Ideen wurden von dem indischen Öko-Unternehmer Shubhendu Sharma aufgegriffen.

Sharma pflanzte als Erster kleine verdichtete Stadtwälder.

Eine natürliche Waldgesellschaft soll durch die dichte Anfangsbepflanzung statt in 200 Jahren bereits in 25 bis 30 Jahren erreicht werden, weil die Phase der Sträucher, Gräser und Pionierbäume übersprungen wird. ras/zg

Doch auch dieser Miniwald mit vorwiegend heimischen, trockenheitstoleranten Laubbäumen und Sträuchern erfülle im Laufe der Jahre wichtige ökologische Funktionen – nicht nur als attraktiver Lebensraum für Pflanzen und Tiere, sondern auch im Bereich Klimaschutz. Selbst solch ein Tiny Forest? „Klar“, sagt Triebskorn, „jeder Baum zählt“. Und deshalb zieht der Verein auch aus gesammelten Samen eigene Pflanzen. 75 kleine Bäumchen werden derzeit an drei verschiedenen Standorten von Vereinsmitgliedern großgezogen.

Umweltgarten soll auch durch Pflanzaktionen entstehen

Es handelt sich um Stieleichen, Säulenhainbuchen, Amerikanische Roteichen und Feldahorne. Sie werden vom Verein kostenlos an Gartenbesitzer abgegeben, wenn sie diese in ihren privaten Gärten pflanzen wollen. Ein Teil der jungen Bäume komme aber auch in den Tiny Forest. Für diese Pflanzung in diesem Teil des Umweltgartens möchte der Verein auch Schulklassen als Paten gewinnen, um während einer Pflanzaktion schon bei den Kindern ein Bewusstsein für die Bedeutung von Bäumen zu schaffen.

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Aber nicht nur sie seien als Besucher und Helfer willkommen. „Mit den verschiedenen Maßnahmen binden wir Menschen vor Ort in unser Projekt ein beziehungsweise möchten wir sie direkt teilhaben lassen“, erklärt der Vereinsvorsitzende, „das soll zu einer dauerhaften Beteiligung an diesem Projekt und zur Nachahmung an anderen Stellen und Gärten führen“.

Startschuss zum Brühler Tiny Forest fällt im Herbst

Allerdings wird die Baumpflanzaktion frühestens im Herbst durchgeführt werden können – denn erst dann ist wieder Pflanzsaison. In den Sommermonaten ist der Boden viel zu trocken und auch zu hart für die jungen Wurzeln. Außerdem hofft der Umweltverein noch auf eine Zusage für finanzielle Unterstützung. „Unter dem Motto ,Klimaschutz trifft Ehrenamt’ haben wir uns um eine Förderung bei KlickKS – Klimaschutzprojekt in kleineren Gemeinden und Städten – beworben.“

Bei der Planung dieses Wäldchens setzt der Brühler Verein noch auf eine tatkräftige Unterstützung, die erfahrungsbasiert ist. Die Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Lindenhof hat bereits einen Tiny Forest in ihrem Mannheimer Stadtteil erstellt und will nun das Vorhaben in Brühl mit Rat und Tat begleiten.

Geplant für den Brühler Tiny Forest ist eine Bepflanzung mit klimaresistenten Bäumen wie beispielsweise Stieleiche, Hainbuche, Ahorn und Wildapfel. Dazu kommen zum Grundstücksrand hin Büsche und Sträucher, die ebenfalls mit den Herausforderungen des Klimawandels besser umgehen können als andere Sorten. Dazu gehören Vogelkirsche, Schlehe, Hecken-Feldrose, Schneeball, Roter Hartriegel und Kornelkirsche. „Wir streben dabei eine Pflanzdichte drei bis vier Pflanzen je Quadratmeter an“, erklärt Triebskorn. Dadurch das der Platz für die einzelnen Bäume so knapp bemessen ist, gibt es im Konkurrenzkampf ums Licht ein schnelleres Höhenwachstum und damit in wenigen Jahren einen wirklichen Wald.

Umweltgarten in Brühl soll Treffpunkt der Menschen werden

Aber es soll eben nicht nur ein Kleinstwald entstehen, „wir haben von Anfang an, als wir den Garten zur Verfügung gestellt bekommen haben, beschlossen, etwas Gemischtes dorthin zu bringen“, erklärt Triebskorn. Auch Obst und Gemüse sowie eine kleine Blumenwiese werden in dem Umweltgarten eine Heimat finden. Dabei werden ebenfalls dem Klimawandel angepasste Sorten eingesetzt. Im hinteren Bereich des Gartens sollen rund 20 Hochbeete aufgebaut werden.

„In Absprache mit der Integrationsbeauftragten der Gemeinde Brühl Marsha Figueroa können geflüchtete Familien diese Beete aktiv mitgestalten, indem sie beispielsweise Pflanzen aus ihrer Heimat hier aufziehen können“, blickt Triebskorn in die Zukunft des Umweltgartens. Das sei sicherlich eine gute Bereicherung, denn in der Regel hätten Geflüchtete diese Möglichkeit auf Gemeindeareal so gut wie gar nicht. Ebenso sollen sich weitere interessierte Bürger in gleicher Weise einbringen können. „Dazu wollen wir auch am Pflanztag der Beete Brühler Bürger und Flüchtlinge einladen“, erklärt Klaus Triebskorn abschließend.

Redaktion

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