Heidelberg/Eppelheim. Der Prozess am Landgericht Heidelberg gegen zwei 30 und 49 Jahre alte Männer, denen die Staatsanwaltschaft Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung vorwirft, geht dem Ende entgegen. Die Beweisaufnahme ist fast abgeschlossen. Am vierten Verhandlungstag hörte die Strafkammer noch die Großmutter des 24-jährigen Geschädigten, der von den beiden Männern malträtiert worden sein soll. Die 71-Jährige war erneut geladen worden, weil sie bei der ersten Vernehmung falsch belehrt worden war. Die Frau hatte kein Zeugnisverweigerungsrecht. Sie konnte nur die Auskunft verweigern, wenn sie ihren Enkel belasten müsste.
Der jüngere Angeklagte habe ihn einmal in München abgeholt, dafür habe sie ihm Benzingeld gegeben. Ihr Enkel habe Angst gehabt vor den Männern, die immer öfter nach ihm gefragt hätten. Der 49-Jährige, der in Eppelheim auch unter dem Spitznamen „Don Babo“ bekannt ist, sei einmal „total ausgerastet“. Ihr drogensüchtiger Enkel habe sich in ihrer Wohnung verbarrikadiert, nichts mehr gegessen und draußen möglichst nicht auffallen wollen. Einmal sei er blutüberströmt heimgekommen. Vor ein paar Wochen sei er auf dem Rewe-Parkplatz angegriffen worden. „Du Drecksau, du kriegst dein Fett weg, wir kennen dich und deine Familie“, hätten die Männer gedroht. Namen wollte die 71-Jährige nicht nennen, das sei zu gefährlich. Möglicherweise stammten die Drohungen auch von Mitgliedern einer Großfamilie. Man wolle dort nicht mehr bleiben, meinte die Zeugin. Ihr Enkel, der sie um Tausende Euro bestohlen habe, benötige dringend eine psychiatrische Therapie.
Gewaltandrohungen wie aus dem Film "Scarface"
Der Vater des 24-Jährigen sagte ebenfalls aus. Sein Sohn habe ihn „über Leute informiert, die ganz übel unterwegs sind“. Er habe sich mehrfach mit ihm getroffen, irgendwann gemerkt, dass die Angst real sei. Die beiden Männer sollen gedroht haben, seinem Sohn mit einer Flex den Unterarm abzutrennen. „Papa, pass auf, wenn die uns sehen, machen die uns platt“, habe er zu ihm gesagt.
Ein 57-jähriger Kriminalbeamter berichtete von Durchsuchungen mehrerer Wohnungen wegen des Verdachts des Kokainhandels. Auf Smartphones seien Nummern unter dem Namen „Babo“ abgespeichert gewesen. „Babo“ war 2013 in Deutschland zum Jugendwort des Jahres gewählt worden. Das Wort stammt aus dem Song „Chabos wissen wer der Babo ist“ des Rappers Haftbefehl und bedeutet Anführer, Chef oder Boss. Es stammt ursprünglich aus dem Zazaischen und bedeutet Vater. Es ist auch im Bosnischen und bei balkanischen Romani belegt.
Die Kripo hatte auch Chats sichergestellt, unter anderem mit Bildern von den Verletzungen des Geschädigten. Eine Biologin für forensische DNA-Analytik des Landeskriminalamts berichtete von der Spurenauswertung. Am Schraubdeckel eines Glases, an den Griffen einer Sporttasche und auf zwei Boxershorts war DNA nachgewiesen worden, die dem 49-Jährigen zugewiesen werden konnten, teils mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 9,9 Trilliarden (Eins mit 21 Nullen).
"Don Babo" aus Eppelheim erzählt aus seiner Jugend in Albanien
Der 49-Jährige machte am vierten Verhandlungstag doch noch Angaben. In einer dreistündigen Einlassung erzählte er von seiner Jugend in Albanien und der Übersiedlung mit seiner Familie nach Griechenland. Die Ausführungen wurden aus dem Griechischen übersetzt. Vor zehn Jahren sei er erstmals für kurze Zeit nach Deutschland gekommen, dann im September 2021 erneut, zuerst nach Hamburg und im Februar vergangenen Jahres nach Wiesloch. Dort habe er den 30-Jährigen Mitangeklagten kennengelernt. Er habe ihm 6000 Euro gegeben, um sich an dessen Baufirma zu beteiligen. Der Mann sei aber plötzlich weg gewesen: „Er war drogenabhängig, ein Betrüger und Junkie mit viel Dreck am Stecken, er hat mich ständig belogen und mir die ganze Sache eingebrockt.“
Er sei sich keiner Schuld bewusst, meinte der 49-Jährige. Er habe nie jemanden bedroht, jetzt werde er als Monster dargestellt, vom Opfer zum Täter gemacht, klagte er. Der vermeintlich Geschädigte sei noch schlimmer gewesen: „Heroinsüchtig und ein Lügner.“ Er selbst habe nie böse Absichten gehabt, schon gar keinen Revolver besessen.
Eine Rechtsmedizinerin erstattete ein Gutachten über den 30-Jährigen. Der Mann habe täglich große Mengen Alkohol getrunken und Kokain durch die Nase gezogen und geraucht. Er zeige aber keine psychische Erkrankung. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit seien bei den Aggressionsdelikten nicht beeinträchtigt gewesen. Die starke Abhängigkeit müsse behandelt werden, sonst werde er rückfällig, empfahl sie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für mindestens zwei Jahre. Für den 49-Jährigen kam die Rechtsmedizinerin nicht zu einer Abhängigkeitsdiagnose. Der Mann habe wohl auch nur Cannabis konsumiert, gegen Stress und Rückenbeschwerden.
Der Prozess unter dem Vorsitz von Dr. Markus Krumme wird am Donnerstag, 4. Mai, um 14 Uhr am Landgericht fortgesetzt. Den Schlussvorträgen von Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung folgt das Urteil.
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