Eppelheim. Über ein Dutzend Männer und Frauen haben sich an der Ecke Schulstraße/Schillerstraße in Eppelheim versammelt. Rund um die Grünfläche stehen sie in ihren knallig neonfarbenen Arbeitshosen, bei sommerlichen Temperaturen sind sie ausgestattet mit Sonnenbrillen und Kappen und lauschen aufmerksam den Worten von Dr. Reinhard Witt. Der Biologe hält Gänsedistel, Hirtentäschel und Knöterich in den Händen. Die ausgerissenen Gewächse legt er gut sichtbar auf den Wegrand und sagt: „Wir machen hier eine Ausstellung, damit jeder weiß, was rausmuss.“ Dann heißt es für die Bauhofmitarbeiter: an die Arbeit. Mit Unkrautstechern bewaffnet geht es dem ungewollten Grün an den Kragen.
Ihr Arbeitseinsatz ist Teil des Kooperationsprojekts „Natur nah dran 2.0“ von Land und Naturschutzbund (Nabu), bei dem die Stadt Eppelheim gemeinsam mit 14 weiteren Kommunen in Baden-Württemberg teilnimmt. Eppelheim ist dabei eine von zwei Pilotkommunen. Durch die geografische Lage und mehrere Flächen, auf denen unterschiedliche Umgestaltungsmethoden angewandt werden, eigne sich die Stadt besonders gut, erläutert Katja Wörner, die das Projekt für den Nabu begleitet.
Workshop in Eppelheim: Biologe gibt Bauhofmitarbeitern Tipps für Grünflächen
Mit dem Status als Pilotkommune geht einher, dass Eppelheim als Gastgeber von Workshops für die anderen Teilnehmer fungiert. An diesem Dienstagvormittag kommen die Mitarbeiter von Bauhof, Grünflächenämtern und Stadtgärtnereien des Landes im großen Ratssaal des Eppelheimer Rathauses zusammen, um über den aktuellen Stand der Grünflächen zu sprechen und sich von Experte Dr. Reinhard Witt Tipps zur Pflege einzuholen.
Andreas Rentschler aus Weil der Stadt etwa berichtet angesichts des schnellen Wachstums von zahlreich angesiedelten Insekten: „Man sieht sofort, dass Leben drinnen ist.“ Für Grünstreifen in Wolfschlugen gilt das für Wildbienen ebenfalls, denn sie lieben den Klatschmohn.
Die prächtig rot blühenden Hingucker keimen schnell und bieten Insekten eine Anlaufstelle, sie dürften jedoch nicht im Übermaß blühen, wie Biologie Witt erklärt. Sie können langsamer wachsenden, mehrjährigen Arten den Platz und das Licht rauben. „Manchmal muss genau dann gemäht werden, wenn einige Arten in voller Blüte sind“, sagt die Nabu-Mitarbeiterin Helena Sommer. Das sei zwar sehr schade, aber notwendig, um einen langfristigen Bewuchs zu gewährleisten, ergänzt zu dieser Aussage Experte Witt.
Großflächiges Mähen ist bei der Eppelheimer Grundschule vorerst nicht nötig
Bei der Grünfläche an der Grundschule in Eppelheim ist großflächiges Mähen vorerst nicht nötig. Sie wurde im September gänzlich neu angelegt. Dafür wurden zunächst rund 60 Zentimeter Boden abgetragen, um ihn durch Kompost und Schotter zu ersetzen und gebietsheimisches Saatgut für Wildpflanzen auszusäen.
Das Kooperationsprojekt „Natur nah dran 2.0“
„Natur nah dran 2.0“ ist ein Projekt von Nabu und Land und wird gefördert durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.
Ziel ist es, Städte und Gemeinden zu unterstützen, Grünflächen im Sinne der Biodiversität umzugestalten.
Eppelheim nimmt seit März 2023 gemeinsam mit 14 Städten und Gemeinden im Land daran teil.
Die Flächen in Eppelheim sind neben der Theodor-Heuss-Schule auch in der Grenzhöfer Straße, am Georgienplatz und an der Humboldt-Realschule.
Seit 2016 haben 106 Städte und Gemeinden über 250 000 Quadratmeter Grünflächen umgestaltet.
Bis 2027 werden jährlich 15 weitere Kommunen gefördert. nl
Diese Vorgehensweise mache es Unkraut generell schwer, erzählt Jürgen Imdieke, der am Dienstagvormittag am Wegrand in Eppelheim gärtnert. Der stellvertretende Leiter des Bauhofs in Rhein-stetten findet Gefallen an dieser Art der Umgestaltung von Grünflächen. So sparen die mehrjährigen Gewächse nicht nur Wasser und Personal und locken Insekten an, sie sind auch besonders pflegeleicht, wie Imdieke erzählt: „Es ist relativ einfach. Mit wenig Aufwand haben wir viel erreicht.“
Für die weitere Betreuung der Grünflächen in seiner Heimat sieht er sich dank der wertvollen Tipps des Experten derweil gut aufgestellt. Denn die erhalten die Bauhofmitarbeiter ein letztes Mal in Eppelheim. Es ist der letzte Workshop des Förderprojekts für dieses Jahr. In Zukunft heißt es dann für 15 weitere Kommunen des Landes: Grünflächen umgestalten, Artenvielfalt stärken.
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