Brühl. Die zunehmende Ausdünnung belebter Flächen in den Ortskernen ist gleichbedeutend mit einem wachsenden Funktionsverlust der heimischen Gemeindezentren. Sinkende Kundenfrequenzen führen in der lokalen Wirtschaft über Umsatzeinbußen oft sogar zu Leerständen, welche die Ortskerne zunehmend unattraktiver werden lassen.
Was früher das Zentrum war, ballt sich nun am Gemeinderand in Gewerbegebieten – die Verkaufsflächen haben sich verschoben. Der Markt verändert sich – das ist nichts Neues, aber es scheint an der Zeit, verstärkt auf diese Veränderungen zu reagieren, selbst wenn Brühl noch verhältnismäßig gut dastehe, wie aus dem Rathaus regelmäßig erklärt wird.
Pilotkommune Brühl und das Projekt „Lebendige Ortsmitten“
Als Pilotkommune nahm Brühl vor zwei Jahren an der Qualitätserfassung der Ortsmitte im Rahmen des Projektes „Lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten für Baden-Württemberg“ teil. Dabei hat sich das Land zum Ziel gesetzt, bis 2030 deutlich mehr lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten mit mehr Raum zum Gehen, Flanieren und Verweilen sowie ausreichend Platz für alle Verkehrsteilnehmenden zu schaffen. „Von einem schönen und belebten Ortskern kann die ganze Kommune profitieren“, heißt es seitens der Gemeindeverwaltung – eine Idee, die von der Grünen Liste schon seit Jahren immer wieder vehement gefordert wird.
Die Kosten für die Qualitätserfassung waren vom Land übernommen worden, in der nächsten Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Technik und Umwelt – übrigens noch in alter Besetzung – wird Jonas Schmid von der Planersocietät Frehn Steinberger Partner am Montag, 1. Juli, berichten, was er zuvor bei einem Besuch der Gemeinde entdeckt hat, die er zusammen mit Bürgermeister Dr. Göck auf der Mannheimer Straße zwischen der Schütte-Lanz-Straße und der Schwetzinger Straße vorgenommen hat.
Handlungsimpulse zur Verbesserung der Ortsmitte
Dabei standen Qualitätskriterien für alle Verkehrsarten – also Fuß-, Rad-, öffentlicher und individueller Kraftfahrzeugverkehr – sowie die Aufenthalts- und Nutzungsqualität im Fokus. Das inzwischen vorliegende Ergebnisdossier gibt einen Überblick über das Abschneiden des Untersuchungsraums in sechs Kategorien.
Die entstandenen Handlungsimpulse in Steckbriefform geben kompakte Ideen für konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von Mängeln und dem Ausschöpfen von Potenzialen wieder. Sie stellen laut Göck objektive Impulse des Planungsbüros dar und sollen zur Diskussion der beteiligten Akteure anregen.
Maßnahmen zur Umsetzung der Handlungsimpulse
„Die Handlungsimpulse können in der Kommune als erster Baustein hin zu einer lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte genutzt werden“, erklärt Göck im Vorfeld der Ausschusssitzung. Einige Ideen seien günstig und schnell umsetzbar, andere wären eher kostenintensiver und erforderten zur Umsetzung teilweise weitere rechtliche oder technische Prüfungen, Genehmigungen und Planungen.
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Experte Schmid wird das Ergebnisdossier in der Sitzung am Montag, 1. Juli, der Öffentlichkeit vorstellen. Im weiteren Verlauf könnten dann die empfohlenen Maßnahmen eventuell und teilweise sogar mit Fördermitteln aus dem so genannten Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz umgesetzt werden, schaut Göck voraus.
Sei Ergebnisdossier, das unserer Redaktion vorliegt, stellt diese Ideen im Einzelnen vor. Als Einleitung stellt er fest, dass sich in einer lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte alle gerne aufhalten würden – denn dort sei Platz für Fuß- und Radverkehr, für Begegnung und Austausch zwischen den Einwohnern der Kommune. Von einem attraktiven und belebten Ortskern profitierten am Ende alle – der lokale Wirtschaftsstandort genauso wie die Menschen.
Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen
Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten demnach Land und Kommunen zusammen. Ein Baustein sei dabei die „Qualitätserfassung Ortsmitten“, ein landesweites Angebot an alle Kommunen, ihre Ortsmitte einem Qualitätscheck zu unterziehen. „Denn wo es mehr Platz für Geh- und Radwege, mehr Schatten und mehr Bänke für entspanntes Sitzen gibt, geht es allen besser: Junge Menschen treffen sich wieder gerne in einem Zentrum, ältere können sich in kürzeren Abständen ausruhen. Mehr Platz für alle bedeutet auch: Unterschiedliche Menschen können miteinander ins Gespräch kommen“, fasst Schmid zusammen.
Schnell umsetzbare und umfangreiche Maßnahmen
Die Handlungsimpulse seien auf die verschiedenen Bestandteile der Ortsmitte zugeschnitten. Sie könnten sowohl schnelle und konfliktarme Sofortmaßnahmen wie auch umfangreiche Umgestaltungen umfassen. Durch die Gliederung in sechs Kategorien ließen sich schnell und einfach Handlungserfordernisse und dafür hilfreiche Maßnahmenvorschläge erkennen.
„Alle Handlungsimpulse werden auf Basis der Expertise der beauftragten Fachbüros auf eine grundsätzliche Umsetzbarkeit und Zulässigkeit geprüft“, betont Schmid, „gleichwohl bedarf es für einige Handlungsimpulse einer weiterführenden rechtlichen und technischen Prüfung und Untersuchungen, welche nicht im Rahmen der Qualitätserfassung abgebildet werden können, für eine Realisierung jedoch nötig sind. Die Handlungsimpulse können in der Kommune als erster Baustein hin zu einer lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte genutzt werden.“
Welche Ideen das individuell für Brühl sind, das wird der Experte in der Ausschusssitzung vorstellen.
Info: Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt am Montag, 1. Juli, ab 18.30 Uhr im Rathaus.
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