Gottesdienst

Abschied von Ulrich Beer: Dank für langjährigen „Leuchtturm“ der Sozialstation Hockenheim

Nach 31 Jahren ist für Ulrich Beer bei der Sozialstation Hockenheim Schluss. Zum Abschied gab es viel Lob - und seine Nachfolgerin wurde eingeführt.

Von 
Volker Widdrat
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Gratulanten und Dankende für Ulrich Beer (l.) zum Abschied von der Sozialstation Hockenheim: Nachfolgerin Melanie Schäfer, Pfarrer Michael Dahlinger, Pfarrer Christian Müller und Pfarrerin i.R. und Vorsitzender der Sozialstation Esther Kraus. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Zahlreiche Gottesdienstbesucher haben am Sonntagnachmittag in der evangelischen Stadtkirche das segensreiche Wirken von Ulrich Beer als Geschäftsführer der kirchlichen Sozialstation gewürdigt. Neben seiner Verabschiedung in den Ruhestand und dem Dank für den engagierten Dienst wurde auch das Willkommen für Melanie Schäfer als neue Geschäftsführerin gefeiert. Pfarrerin i. R. Esther Kraus begrüßte die Gäste, unter ihnen Altoberbürgermeister Gustav Schrank, Bürgermeister Matthias Beck, Bürgermeister-Stellvertreter Friedbert Blaschke aus Altlußheim sowie Vertreter der Diakonie und der Caritas.

Das Lied „Wenn Glaube bei uns einzieht“ und der liturgische Gruß mit Tagesgebet leitete den von Pfarrer Michael Dahlinger von der evangelischen Kirchengemeinde und Pfarrer Christian Müller von der katholischen Seelsorgeeinheit sowie Mitarbeitenden der Sozialstation gestalteten Gottesdienst ein. Dahlinger führte mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter und der Erzählung der beiden Schwestern Maria und Martha zur Schriftlesung über. Auch eine Kirchengemeinde müsse die Frage stellen, was ihre Aufgabe sei: Gottes Wort zu verkünden oder Nächstenliebe in der Form von Caritas und Diakonie zu üben.

Vom barmherzigen Samariter zur Pflegeversicherung

Stefanie Simons vom Dekanatsrat las aus dem Lukas-Evangelium, wie Jesus einem Gesetzeslehrer antwortet: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand. Und auch deinen Mitmenschen sollst du so lieben wie dich selbst.“ Im Grunde genommen sei mit dem Gleichnis von Jesus alles gesagt, meinte Dahlinger in seiner Predigt. Der Samariter habe sich nicht auf den Weg gemacht, um einen Nächsten zu suchen: „Meine Nächste, mein Nächster fällt mir buchstäblich in mein Leben.“

Viel Applaus für den "aktiven Schwesternchor" gibt es beim ökumenischen Gottesdienst in der Stadtkirche Hockenheim. © Dorothea Lenhardt

Der barmherzige Samariter handele und sorge für Nachhaltigkeit „und erfindet nebenbei noch die Pflegeversicherung“. Es sei auch nicht verboten, sich professionelle Hilfe für die Pflege zu holen. Auch eine Kirchengemeinde dürfe ihr karitatives und diakonisches Handeln an eine kirchliche Sozialstation delegieren. Die Hockenheimer Einrichtung mit ihren vielen beruflichen und ehrenamtlichen Menschen helfe gerne. Die gesetzliche Pflegeversicherung sei eine „grandiose Erfindung im Sinne des barmherzigen Samariters“.

Aufgabe braucht „ganz viel Arbeit und unternehmerischen Mut“

Das Lied „Hilf Herr meines Lebens“ leitete zum Segensteil über. Für Ulrich Beer beginnt nach 31 Jahren in der Leitung der Sozialstation ein neuer Lebensabschnitt. Als er begonnen habe, seien es 25 Schwestern gewesen. Heute sei die Sozialstation ein modernes Unternehmen mit 120 Pflegekräften und gut 80 ehrenamtlich Mitarbeitenden, sagte Esther Kraus. Nach dreimaligem Umzug habe man heute im Juchli-Haus seinen Sitz. Neben den Wohngemeinschaften für Demenz-Erkrankte, Beers wichtigstem Projekt. Das Einzugsgebiet erstreckt sich über Hockenheim bis Reilingen, Altlußheim und Neulußheim. Die Aufgabe habe „ganz viel Arbeit und unternehmerischen Mut gebraucht“ und es habe keinen Stillstand gegeben bis zur letzten Minute.

Der "aktive Schwesternchor" singt zum Abschied von Ulrich Beer und zeigt dazu Motive aus seiner Dienstzeit. © Dorothea Lenhardt

Pfarrer Dahlinger segnete den langjährigen Geschäftsführer. Melanie Schäfer wurde mit dem Segen von Pfarrer Christian Müller, „die rechte Balance zu finden“, in ihrem Dienst begrüßt. Die Nachfolgerin sei schon mit den Mitarbeitenden mitgelaufen und habe längst gesehen, „was es heißt, zu pflegen Tag für Tag“, hieß die Vereinsvorsitzende Kraus sie willkommen. Die neue Chefin habe sich nicht schrecken lassen und immer mehr Lust gezeigt, sich einzubringen, „damit das Ganze gelingt“.

Bildband zeigt die 45-jährige Geschichte der Sozialstation

Pfarrer Müller, Pfarrgemeinderatsvorsitzende Simons und Marina Knopf vom evangelischen Kirchengemeinderat sprachen die Fürbitten. Nach dem Vaterunser blickten Esther Kraus und Hanni Schneider mit einem Bildband auf die 45-jährige Geschichte der Sozialstation zurück. Der Einzug ins Liliane-Juchli-Haus sei ein besonderer Meilenstein gewesen. Der Verein und seine Einrichtung habe Modellcharakter für ganz Baden erlangt. Demos gegen den Pflegekollaps, Mitarbeiterfeste und Gottesdienste tauchten in der Erinnerung auf. An Ulrich Beer gingen die Wünsche für einen aktiven gesegneten Ruhestand, an Melanie Schäfer für ein glückliches Händchen bei ihren künftigen Aufgaben.

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Der große Chor der Mitarbeiterinnen mit Pflegedienstleiter Micha Böbel an der Gitarre überraschte den scheidenden Chef mit einem lustigen Medley, das von selbst gemalten Bildern begleitet wurde. Beer als Kapitän auf dem „Dampfer“ Sozialstation, in rauem Wind und im sicheren Hafen, Beer als „Chef zum Mögen“ und an allen Stationen seines beruflichen Werdegangs. Da wischte sich der künftige Ruheständler die Tränen vom Gesicht und formte mit seinen Händen ein Herz. Dr. Matthias Rothe dankte im Namen des Kirchengemeinderates und der Mitgliedsgemeinden. Beer sei kein gewöhnlicher Manager gewesen. „Er stand fest wie ein Leuchtturm“, überreichte er ein Küchenhandtuch mit so einem rot-weißen Schifffahrtszeichen und etwas Flüssiges.

Ulrich Beer hat „nie den Chef rausgehängt“

Gemeindereferent Thorsten Gut von der Seelsorgeeinheit Hockenheim, Lussheim und Reilingen dankte ebenso mit herzlichen Worten und begrüßte die neue Geschäftsführerin Melanie Schäfer mit einem Lichtkreuz. Beer habe „nie den Chef rausgehängt“ und sei auch nie aufgeregt gewesen, bestätigte Esther Kraus in ihrem Dankeswort. Sie überreichte etwas Süßes. „Sie werden sehen, alles wird gut“, hieß sie Melanie Schäfer willkommen.

Wie schon im Interview mit unserer Zeitung zitierte Beer den kolumbianischen Literaturnobelpreisträger Gabriel José García Márquez: „Weine nicht, dass es vorbei ist, sondern lächle, weil es schön war.“ Er sei überwältigt an diesem besonderen Tag. Die über drei Jahrzehnte seien getragen gewesen von unzähligen Kontakten zu Menschen, vielen persönlichen Gesprächen und einem überaus harmonischen Miteinander. Auf dem „Schiff“ Sozialstation habe es viele wichtige „Besatzungsmitglieder“ gegeben, dankte er für „eine erfüllende Zeit“.

Sein Dank ging an die Gründer des Vereins Vita vitalis, an das gesamte Team, das sich damals um die Einrichtung einer Demenz-Wohngemeinschaft gekümmert hat und nicht zuletzt an seine Familie. „Macht‘s gut, Servus“, wünschte er der „nachfolgenden Steuerfrau“ alles Gute. Die Gottesdienstgemeinde verabschiedete Ulrich Beer mit viel Applaus.

Nach dem Lied „Wenn wir jetzt weitergehen“, spendete Pfarrer Michael Dahlinger den Segen. Danach gab es noch ausreichend Gelegenheit, sich vom langjährigen Geschäftsführer persönlich zu verabschieden und mit der neuen Chefin Melanie Schäfer ins Gespräch zu kommen.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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