Geburtstag

Arche Weltladen in Hockenheim feiert Geburtstag: „Man darf hier gerne verweilen“

Der Arche Weltladen wird 35 Jahre alt und will für die Zukunft seine Bekanntheit noch weiter steigern.

Von 
Corinna Perner
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Sie engagieren sich im Weltladen (v. l.): Anna Natascha Pfisterer, Sylvia Engelberth, Iris Walter, Renate Starke, Daniela Kölsch, Mirjam Wolf, Erika Dorn, Lothar Gotthard, Ursel Burkhard, Karin Ruinies-Hennig, Bernhard Wolf und Inge Schwenninger. © Perner

Hockenheim. 35 Jahre ist es her, dass der Hockenheimer Arche Weltladen seine Pforten öffnete, drei Umzüge sowie viele neue und alte Gesichter prägen die Geschichte des kleinen Lädchens rund um den fairen Handel. Sylvia Engelberth, Mirjam Wolf, Anna Natascha Pfisterer und ihr Team haben das Jubiläumsjahr zum Anlass für einige Neuerungen genommen und sich vor allem ein Ziel gesetzt – den Arche Weltladen noch bekannter zu machen.

„Auch nach 35 Jahren kennt nur ein Bruchteil Hockenheims den Laden“, so Sylvia Engelberth, die seit sechs Jahren Teil des Teams ist und inzwischen den Vorsitz des gemeinnützigen Vereins innehat. Um dies zu ändern, sollen wieder verstärkt Veranstaltungen angeboten werden.

Unter dem Titel „Arche informiert“ ging es dabei in der Vergangenheit um Bildungsthemen rund um den fairen Handel wie Vorträge zu entwicklungspolitischen Themen, einzelnen Produkten oder Importeuren. Gerne angenommen worden sei ein faires Frühstück und die Kleidertauschparty wurde ebenfalls durch das Team des Weltladens initiiert.

Sylvia Engelberth (v. l.), Mirjam Wolf und Anna Natascha Pfisterer freuen sich über das gelungene Jubiläumsschaufenster ihres Weltladens Arche. Dafür hat Fotografin Jacqueline Eustachi aus Neulußheim Porträts als Querschnitt der Ehrenamtlichen angefertigt und deren Motivation für Engagement dazugeschrieben. © Perner

Förderung des fairen Handels

Für Bürger sichtbar werde der Weltladen zudem, wenn es um die Teilnahme an städtischen Veranstaltungen wie den verkaufsoffenen Sonntag oder den Weihnachtsmarkt geht. Relativ neu sind außerdem Auftritte bei Facebook und Instagram und auch der Start einer neuen Homepage ist geplant.

Als Ziele hat sich der Arche Weltladen in seiner Satzung vor allem die Förderung des fairen Handels und damit die Unterstützung der Menschen im Globalen Süden gesetzt. Darüber hinaus stehe die Integration von benachteiligten Menschen im Vordergrund, weshalb auch Produkte der Lebenshilfe angeboten werden. Ergänzt wird das durch regionale Artikel wie Apfelsaft oder Honig aus Hockenheim. Mit der Steuerungsgruppe „Fairtrade Stadt“ gebe es zwar Überschneidungen bei den Mitgliedern sowie ein Geben und Nehmen, dennoch werde auf eine strikte Trennung geachtet.

Gepa und Weltpartner garantierten als Lieferanten eine faire Bezahlung der Erzeuger und dass die Preise nicht durch Beteiligung an der Spekulationsbörse entstehen, sondern auf einem für die Erzeuger notwendigen Einkommen im Rahmen langfristiger Handelsbeziehungen beruhten. Die Produkte würden ohne Kinderarbeit hergestellt und auch die beteiligten Kommunen würden unterstützt, indem Gelder für Brunnenbau und Schulen fließen. „Im Gegensatz zum Fairtradelogo, das manches Produkt aus dem Supermarkt ziert, ist hier jede fair handelbare Zutat, die im Produkt enthalten ist, auch tatsächlich fair gehandelt, nicht nur ein Anteil.“

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Das Hockenheimer Sortiment besteht zur Hälfte aus Lebensmitteln wie Kaffee, Schokolade, Gewürzen, Reis und Tee. „Durch die Aufbereitung der Bohnen sind alle Kaffees säureärmer als herkömmlicher Kaffee“, weiß Mirjam Wolf, zweite Vorsitzende, um die gesundheitlichen Vorzüge des zudem sortenreinen Kaffees, die im Arche Weltladen erworben werden können. „70 Prozent der Waren sind bio“, ergänzt Anna Natascha Pfisterer, die zuvor lange den zweiten Vorsitz des Vereins innehatte.

Mit Haarseife, Socken, Taschen, Kinderspielzeug, Haushaltsartikeln, Grillkohle aus Kokospalmen und vielen anderen Dingen warteten zudem etliche nicht essbare Dinge auf Abnehmer. Sie eigneten sich auch als Geschenke für Feierlichkeiten aller Art und erfüllten dabei den Wunsch der Schenkenden: „Leute wollen keinen Schnickschnack, sondern Dinge zum Verbrauchen“. Großen Absatz fänden die langlebigen, oftmals farbenfrohen Körbe: „Unsere Einkaufskörbe sind der Renner, wir verkaufen 50, 60 Stück pro Jahr“, so Pfisterer.

Ladendienst im Ehrenamt

Doch nicht nur die angebotenen Waren selbst locken in das Geschäft mit Wohlfühlatmosphäre: „Der Laden lebt vom persönlichen Kontakt zum Kunden“, berichtet Mirjam Wolf, dass es bei Bedarf Informationen zu sämtlichen Produkten gibt und Kunden erleben, dass sich jemand Zeit nimmt. „Man darf gerne hier verweilen“, ergänzt Sylvia Engelberth.

Die Häufigkeit der Ladendienste variiert bei den aktuellen Ehrenamtlichen von eineinhalb Stunden alle zwei bis vier Wochen bis hin zu wöchentlichen Einsätzen und kleinen Sonderaufgaben. Denn während früher viel Zeit ins Engagement gesteckt wurde, „brauchen wir heute mehr Ehrenamtliche, weil jeder Einzelne wenig machen kann – und das ist auch in Ordnung“, resümiert Mirjam Wolf. In der Vergangenheit konnten jährlich ein bis zwei Ehrenamtliche über den auf die Weihnachtszeit beschränkten Projektladen gewonnen werden. Dieser niederschwellige Zugang über ein Projekt habe sich bewährt, das „tolle Team“ habe anschließend zum Bleiben motiviert. Einen separaten Projektladen gibt es inzwischen nicht mehr, schließlich dürfe der Blick auf die verfügbaren Ressourcen doch nicht außer Acht gelassen werden.

Gewisses Alleinstellungsmerkmal

Mit einer Altersspanne von aktuell Anfang 30 bis in die 80er ist der Kreis der Ehrenamtlichen im Weltladen Arche breit aufgestellt. Ehrenamtliche und Kundschaft kommen aus der näheren Umgebung, aber auch aus Walldorf und Schwetzingen. Denn mit den nächsten Läden in Mannheim, Heidelberg, Speyer und Bad Schönborn hat Hockenheim hier ein gewisses Alleinstellungsmerkmal.

Infos zum Weltladen

Wer Interesse an einem ehrenamtlichen Engagement im Weltladen hat, meldet sich per E-Mail an arche-weltladen@web.de oder Telefon 06205/9 03 97 46.

Der Arche Weltladen ist in der Karlsruher Straße 38, in der Nähe des Wasserturms zu finden. Außerhalb der Sommerferien hat der Laden aktuell zu folgenden Zeiten geöffnet: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag: 15 bis 18 Uhr sowie Mittwoch und Samstag von 10 bis 12.30 Uhr.

Im Internet ist der Arche Weltladen bei Facebook unter dem Namen „Arche Weltladen Hockenheim“ und bei Insta-gram unter „arche_weltladen“ zu finden. cd

Seit 2021 gibt es passive Mitgliedschaften, die eine Unterstützung außerhalb des persönlichen Einsatzes und von Einkäufen möglich machen, und selbst Firmen können finanziell zur Förderung des fairen Handels beitragen. Auch ohne dickes Polster trage sich der Laden inzwischen: Ausgaben für Miete, Versicherung und Nebenkosten würden mithilfe der Verkäufe gedeckt. Wie es aussieht, wenn die Energiekosten steigen, werde sich zeigen.

Wie in anderen Läden bleiben manche Regale durch Ernteausfälle oder unterbrochene Lieferketten teilweise lange leer, auch das erschwere die Arbeit und doch biete der Laden stets ein reichhaltiges und hochwertiges Angebot. Um den besonderen Wert dieser Waren hervorzuheben, gibt es nun auch ein Produkt des Monats, das präsentiert und vorgestellt wird.

Anlässlich des 35-jährigen Bestehens hat Fotografin Jacqueline Eustachi aus Neulußheim Porträts als Querschnitt der Ehrenamtlichen angefertigt und großformatige Schaufensteraushänge samt Sätzen zur Motivation rund um das Ehrenamt für das Jubiläumsfenster gestaltet, die auch in den digitalen Medien zu finden sind. Die gute Atmosphäre im Team steche neben anderen Aspekten besonders hervor und Sylvia Engelberth, Anna Natascha Pfisterer und Mirjam Wolf, die mit zwei Beisitzern den Vorstand bilden, schätzen die bunt gemischte Truppe sehr.

Erinnerung an Gründungszeit

Wolf erinnert sich als Gründungsmitglied noch an die Zeiten, als sie gemeinsam mit anderen nach dem Gottesdienst aus Verantwortlichkeit einen kleinen Verkauf veranstaltet habe. Neben dem Kaffee waren es unter anderem Jutetaschen und Makonden, Figuren aus Ebenholz, die zum Verkauf angeboten wurden. Die Untersetzer, die es zudem gegeben habe, hängen jetzt in sämtlichen Modeprospekten an den Wänden, schmunzelt Mirjam Wolf.

Mit dem Rückgebäude des Lutherhauses fand Mitgründer Kurt Engelberth 1987 schließlich ein erstes festes Domizil für den Arche Weltladen, später erfolgte der Umzug in die Obere Hauptstraße, bevor der Laden schließlich 2007 seine Pforten in der Karlsruher Straße öffnete, wo er bis heute zu finden ist.

Im vergangenen Jahr hat das Vorstandsteam dem Verein mit „Eine Welt Hockenheim“ einen neuen Namen geschaffen, „Ökumenischer Arbeitskreis Dritte Welt“ sei nicht mehr zeitgemäß gewesen und resultierte aus der anfangs tatsächlich ökumenischen und von den verschiedenen Kirchen finanziell und räumlich unterstützten Zusammenarbeit.

Der in diesem Jahr angedachte Umzug aufgrund der „Lage ab vom Schuss“ in die Fußgängerzone scheiterte an den Finanzen, stattdessen sollen nun die Öffnungszeiten ausgeweitet werden und der Laden zukünftig an allen Werktagen auch am Vormittag öffnen. Vier neue Zeitfenster erfordern neue helfende Hände, um die etwa 25 Mitglieder bei Ladendiensten oder auch anderen Tätigkeiten zu unterstützen.

Denn auch das Lager in will sortiert, Waren ausgezeichnet sowie Bestellungen kontrolliert werden, kreatives Geschick ist bei der Dekoration des Ladens ebenso gefragt wie bei der geplanten Gestaltung einer neuen Homepage. Und im Rahmen der monatlichen Ladentreffen, gemeinsamem Grillen und internen Fortbildungen kommt der gesellige Teil nicht zu kurz. „Es ist schon ein bisschen eine Spielwiese“, fasst es Anna Natascha Pfisterer schmunzelnd zusammen.

Jeder so, wie er kann

Wie viel Zeit einzelne investieren möchten, hänge ganz von den eigenen Vorlieben und Kapazitäten ab. Während Anna Natascha Pfisterer durch die Beschaffung von Kunsthandwerk und andere Tätigkeiten rund um den Laden im Schnitt auf ein bis vier Stunden wöchentliche Arbeitszeit kommt und vorübergehend gar bis zu zehn Stunden im Laden verbrachte, kümmert sich Vorsitzende Sylvia Engelberth aktuell vor allem um Vor- und Nachbereitung von Vorstandssitzungen und Ladentreffen und kommt damit im Schnitt auf drei Stunden. Doch auch die Übernahme einzelner Ladendienste helfe weiter – „ganz nach dem Motto: Jeder so, wie er kann“.

Freie Autorin Freie Mitarbeiterin für Hockenheim und Umgebung rund um die Themen Kultur, Religion sowie Land und Leute.

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