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Ausbildungstag in Hockenheim: Schüler bekommen Direktkontakte mit der Arbeitswelt

Trotz digitaler Orientierungshilfe nutzen rund 800 Schüler beim Ausbildungstag in der Hockenheimer Stadthalle die Möglichkeit zum persönlichen Gespräch mit den fast 50 Ausstellern.

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Stefan Kern
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Ausbildungsplatz direkt vor Ort: Am Stand der Hockenheimer Firma Climatec lassen sich Ernest (v. l.) und Livio von Philipp Bauer und Daniel Seufferheld dazu informieren. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Klar ist die digitale Welt bei der Jobsuche wichtig. So ziemlich alle Schüler, die sich beim Hockenheimer Ausbildungstag mit fast 50 Ausstellern in der Stadthalle tummeln, erklären, dass sie sich online schon längst auf die Suche gemacht hätten. Doch zugleich lässt hier keiner am Sinn dieser analogen Veranstaltung Zweifel aufkommen.

Die beiden 14-Jährigen Fabio und Selina von der Schiller-Schule in Reilingen erklären, dass man hier einen guten Überblick bekomme. Und auch Chiara, 18 Jahre, und ihre Freundin Svenja, 17 Jahre, beide von der F+U-Schule betonen, dass hier auf engstem Raum sämtliche Bildungs- und Ausbildungsträger der Region versammelt seien und man im persönlichen Gespräch schnell spüre, ob Vorstellungen und Wünsche zu den wirklichen Gegebenheiten passten.

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Hockenheimer Ausbildungstag mit 50 Ausstellern

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Mit den Informationen im Internet sei das Entwickeln dieses Gespürs deutlich schwieriger. Auffallend: Die Jugendlichen blicken durchweg sehr entspannt in die Zukunft. Sie scheinen zu wissen, dass sich der Fachkräftemangel quer durch alle Branchen für sie zum Vorteil auswirkt.

Ausbildungstag in Hockenheim: Leistungsbereitschaft gehört dazu

Genau auf diesen Punkt ging Oberbürgermeister Marcus Zeitler während seiner Eröffnungsrede ein. Natürlich schaffe der Fachkräftemangel für Jugendliche eine ausnehmend angenehme Position. Sie wüssten, dass sie gesucht werden und könnten Ansprüche formulieren. Zugleich gelte aber auch, dass Arbeit mit Leistungsbereitschaft zu tun habe und die Work-Life-Balance nicht alleiniger Maßstab sein dürfe.

Es muss nicht gleich eine Ausbildung sein: Christina Heller (v. l.) stellt im Gespräch mit Hannah, Michelle und Lilly Freiwilligendienste beim Internationalen Bund vor. © Dorothea Lenhardt

Zeitler sieht in einem Arbeitsethos, das auch Beschwernisse umfasst, nach wie vor eine für den Erfolg des Landes unerlässliche Eigenschaft. Was aber nicht heiße, dass die Unternehmen sich in Teilen ordentlich strecken müssen, um Nachwuchs zu rekrutieren.

Beim Malerbetrieb Ziegler, so Joscha Ziegler, bedeutet das, dass jeder Auszubildende aber auch die Angestellten jeden Monat eine Rewe-Gutscheinkarte bekommen, mit der sie einkaufen können. Schwierig bleibt die Suche nach Auszubildenden trotzdem. Und wenn sie dann welche gefunden haben, brechen nicht wenige ab. Viele, so vermutet Ziegler, schrecke die körperliche Arbeit wohl ab.

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Auch Hannah Reichenecker von der Handwerkskammer Mannheim-Rhein-Neckar-Odenwald weiß, dass es das Handwerk nicht leicht hat. Das Image sei eher mäßig. Und dass das Handwerk goldenen Boden habe, sei nicht mehr weit verbreitet. Dabei sei das eine ziemlich gute Zustandsbeschreibung. „Das Handwerk bietet mit seinen über 130 Berufsfeldern enorm viel Perspektive.“ Und sei weit abwechslungsreicher und besser bezahlt, als viele vermuteten.

Das Problem, Auszubildende zu finden, beschränkt sich aber beileibe nicht nur auf das Handwerk. Von der Bundeswehr und Polizei über die großen Namen wie BASF und SAP bis zu sämtlichen kaufmännischen Feldern hört man von Schwierigkeiten, neue Leute zu finden. Beim Chemieriesen BASF sei die Azubisuche kein Selbstläufer mehr. Jedes Jahr, so Melanie Klose, bilde die BASF bis zu 1000 junge Menschen aus. Natürlich leuchte der Name, aber in einzelnen Gebieten sei es schwierig geworden, Nachwuchs zu finden.

Werbung für den Friseurberuf: Hannah Reichenecker (Handwerkskammer) sorgt für Locken am Puppenkopf. © Dorothea Lenhardt

Ausbildungstag in Hockenheim: Bei Energiewende mithelfen

Schon jetzt für das Handwerk entschieden hat sich der 19-jährige Andrew von der F+U-Schule. „Ich will Elektroniker werden, um bei der Energiewende mithelfen zu können.“ Auch die 14-jährige Larissa von der Theodor-Heuss-Realschule weiß schon, wo es hingehen soll. „Mit einer kaufmännischen Ausbildung stehen einem viele Unternehmen offen.“ Und auch Felicia, 14 Jahre alt, ist sich sicher, dass ihre Zukunft bei der Bank liegt. „Den Finanzsektor finde ich einfach spannend.“

Für viele ist dagegen noch nicht so klar, wo es hingehen soll. Die Vielfalt kann auch erdrücken. Emely Maier, Sozialpädagogin bei der F+U- Schule, berichtet davon, dass viele Schüler angesichts der enormen Vielfalt an Berufen Schwierigkeiten hätten, sich festzulegen. „Ist mit 15, 16 oder 17 Jahren aber auch nicht ganz leicht.“

Eine Entscheidung, die Aleyna Demirkol hinter sich hat. Sie absolviert gerade ein duales Studium beim Finanzamt Schwetzingen. Rückblickend eine gute Entscheidung, so die junge Frau, die für Themen wie Einkommenssteuer und Co. zu brennen scheint.

Fieber messen auf Probe: Am Stand der GRN Klinik Schwetzingen testet Tizian Fischer die Anwendung des Thermometers bei Nergiz Kitapci. © Dorothea Lenhardt

Bis Mittag besuchten über 800 Schüler ab den achten Klassen aus der ganzen Region die Hockenheimer Ausbildungstag. Angesichts des durchweg positiven Tenors darf die Bedeutung dieses Tages als nach wie vor hoch bewertet werden. Die Zukunft wird immer noch am besten analog angegangen.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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