Zum Weltwassertag am 22. März

Biologe aus Hockenheim schlägt beim Wasserhaushalt Alarm

Der Klimawandel wirkt sich drastisch auf die Pegelstände und damit auf die landwirtschaftliche Nutzung aus. Daran erinnert zum Weltwassertag an diesem Mittwoch, 22. März, Biologe Uwe Heidenreich aus Hockenheim.

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Andreas Wühler
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Ausgeräumt und leer geputzt – im vergangenen Sommer fiel der Kothlachgraben auf 800 Meter trocken. Was sich nicht mehr wiederholen soll. © Heidenreich

Den Weltwassertag, der am heutigen Mittwoch, 22. März, gefeiert wird, zeichnen zwei Dinge aus: Zum einen feiert der 1993 von der UN-Water eingeführte Gedenktag seinen 30. Geburtstag, zum anderen hat sich der Namensgeber mittlerweile ziemlich rargemacht. Der Klimawandel mit seiner drastischen Folge fehlenden Niederschlags lässt in ganz Europa die Grundwasserspiegel sinken. Angesichts der in diesem Frühjahr im südlichen Europa zu beobachtenden Winterdürre und der für den Sommer prognostizierten Hitzewellen ist eine Besserung nicht in Sicht.

Von der Schwammstadt bis hin zur Tröpfchenbewässerung – die Palette der Maßnahmen, die der Biologe Uwe Heidenreich im Zuge des Klimawandels und der sinkenden Grundwasserpegel ergreifen will, ist lange. Wie auch der Zeitraum, in dem er und andere Naturwissenschaftler schon einen grundlegenden Wandel anmahnen. Weltweit, national und regional. Und mit der allgemeingültigen Forderung – ein Weiter-so darf es nicht geben.

Starkregen und Dürre

Das HÖP ist ein, wenn auch viel zu kurzes, Paradebeispiel dafür, wie Städte auf den Klimawandel reagieren können: Mit Überschwemmungsflächen, die nach Starkregen-ereignissen das Wasser halten und es nicht postwendend über die Kanalisation abführen. Künftig muss es die Regel sein, Wasser zu halten, es für dürre Zeiten zu puffern. © heidenreich

Heidenreich sieht den Wasserhaushalt durch die Erderwärmung in zweierlei Hinsicht gefährdet: Durch die steigenden Temperaturen verschieben sich die Hauptniederschlagsmengen vom Sommer auf den Winter – Trockenheit und Dürre im Sommer sind die Folge, Gewässer und landwirtschaftliche Flächen sowie Feuchtbiotope trocknen aus. Und wenn es einmal regnet, dann in Form von Starkregenereignissen mit all ihren Folgen: überlastete Kanäle, Überschwemmungen und verunreinigte Gewässer.

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Die sinkenden Wasserstände wirken sich auch auf Bäche und Flüsse aus, die sich in der Regel aus hochstehenden Grundwasserständen speisen. Je geringer der Druck des Grundwassers in der Tiefe, umso mehr Wasser aus dem Fließgewässer wird in die Tiefe sickern, Oberflächenwasser und Feuchtbiotope trocknen aus, in manchen Flüssen und Bächen, wie am Kraichbach zu beobachten, fließen teilweise nur noch Abwässer aus Kläranlagen. Mit der Folge, dass sich das Grundwasser mit Schadstoffen anreichert, die anschließend durch die Bewässerung auf die Felder gelangen.

Kulturpflanzen überdenken

Für den Biologen kann es auf die sich abzeichnenden Szenarien nur eine Antwort geben: „Die Wassernutzung ist der Klimakrise anzupassen“, fordert Heidenreich. Im Klartext – nicht überall gedeihen Erdbeeren oder Gemüse. Die Kulturen müssen hinterfragt, an den Klimawandel angepasst werden. Schon jetzt, fügt er hinzu, werde in Hessen die Spargelanbaufläche reduziert, der Wasserverbrauch ist zu hoch.

Zwar biete die gezielte Wässerung, die Tröpfchenbewässerung, ein probates Mittel, dennoch müsse auch in den Horan-Gemeinden die Landwirtschaft hinterfragt werden. Was, wie er aus Gesprächen mit Landwirten weiß, bei diesen angekommen sei, viele Bauern würden sich Gedanken machen, neue Wege suchen. Auf der anderen Seite sei zu beobachten, dass längs der Felder neue Brunnen gebohrt würden – ein endliches Unterfangen, sieht Heidenreich durch die Politik, durch das Diktat der notwendigen „Nationalen Wasserstrategie“, große Veränderungen kommen.

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Nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die urbanen Strukturen, deren Wasserverbrauch in den vergangenen Jahren enorm gestiegen ist. Hier sei ein kluges Wassermanagement unabdingbar. Nötig seien Ideen für die Brauchwassernutzung wie für die von Regenwasser. Stichwort Schwammstadt.

Bei diesem Begriff sieht Heidenreich in der Rennstadt große Defizite. Künftig könne es nicht mehr sein, dass Regenwasser auf schnellstem Weg abgeleitet wird, anschließend wieder Dürre herrscht, Feuchtbiotope absterben. Es müssen offene Regenrückhaltebecken geschaffen werden, die nicht trockenfallen können, mit Bäumen und Sträuchern soll das Wasser im Ort gehalten werden. Begrünte Fassaden tragen ihren Teil zum besseren innerstädtischen Klima bei.

Landschaft nicht leer räumen

Ganz wichtig ist dem Naturschützer auch, dass Graben nicht leer geräumt werden dürfen, nicht „putzsauber“ sein müssen. Wie der Kothlachgraben zeige, der im vergangenen Sommer auf einer Länge von 800 Meter trocken fiel. Ihn nicht auszuputzen hätte dafür gesorgt, dass das Wasser stehen geblieben wäre, Amphibien und Fische überlebt hätten.

Seine Erfahrung und die seiner Mitstreiter spiegeln sich auch in Forderungen wider, die unter anderem von der Ortsgruppe des BUND Hockenheimer Rheinebene erhoben werden: die Einstellung falscher Anreize wie der Förderung von Energiepflanzenbau, die Förderung des Anbaus klimaangepasster Kulturen, die Entwicklung bester verfügbarer Techniken für eine nachhaltige, ressourcenschonende Bewässerung, die Förderung von Maßnahmen zur Bereitstellung von Bewässerungswasser wie Aufbereitungsanlagen und naturnahen Speicher- und Grünbecken zum Rückhalt von Niederschlagswasser und die Förderung der Beschaffung wassersparender Bewässerungssysteme.

Gelingt es nicht, die Wasserkrise in den Griff zu bekommen, droht ein Teufelskreis, betont Heidenreich. Weitere Arten – alle, die auf Feuchtgebiet angewiesen sind, von Insekten bis hin zu Reptilien, Amphibien und Fischen – seien vom Aussterben bedroht, die Biodiversität sinkt und letztlich verarmen Flora und Fauna.

Hier die Kurve zu kriegen, für den Biologen Uwe Heidenreich ist es fast schon kurz nach zwölf. Dennoch, wenn alle an einem Strang ziehen, sollte das Wasser noch ausreichen, das Pflänzchen Hoffnung zu wässern.

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