Ahmadiyya Muslim Gemeinde

Das bedeutet Ramadan für Muslime aus Hockenheim und Umgebung

Die Fastenzeit Ramadan ist der heiligste Monat im Islam. Seit Ende März wird dieser zelebriert. Muslime aus Hockenheim und Umgebung erklären nun, warum Ramadan vielschichtiger als der reine Verzicht auf Nahrung ist.

Von 
Anna Alvi
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Familie Bhatti aus Oftersheim bricht das Fasten mit ummantelten Datteln und weiteren Gerichten. Dieses Ritual während Ramadan wird als „Iftari“ bezeichnet. © Alvi

Hockenheim. Nicht einmal Wasser!? Richtig, nicht einmal Wasser darf während der islamischen Fastenzeit, dem Ramadan, zu sich genommen werden. Seit Ende März befinden sich 1,6 Milliarden Muslime weltweit im Ramadan (der heiligste Monat im Islam) und verzichten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken. Vom Fasten sind Kranke, Alte und Kinder, Personen auf Reisen sowie schwangere und stillende Frauen ausgenommen.

Oftmals stellt sich hierzu die Frage, ob das denn nicht ungesund sei. Nein, tatsächlich ist es sogar förderlich. Diverse wissenschaftliche Studien belegen die mit dem Fasten verbundenen Vorzüge. Es kann sich positiv auf die Nieren, Zellen und sogar Gehirnfunktion auswirken. Und sogar der Verzicht auf Wasser könne positive Effekte haben.

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Während auf Nahrung und Co verzichtet wird, steht die Spiritualität und Reflexion im absoluten Fokus. Es bringt die Möglichkeit, in sich zu gehen, auf den eigenen Reset-Button zu drücken und Gott näher zu kommen. Viele nutzen den Ramadan auch, um sich positive Eigenschaften anzueignen und alte, schlechte Gewohnheiten abzulegen.

Auch hier in Hockenheim und der Umgebung befinden sich derzeit Muslime in der Fastenzeit. Ein paar Tage vor Beginn des Ramadan sind Familien damit beschäftigt, sich vorzubereiten. Das Haus wird auf Vordermann gebracht, Vorräte werden aufgestockt und auch für die Kleinsten gibt es in vielen Haushalten Ramadan-Kalender für die 30 Tage. Über Letzteres hat sich mein Sohn Ismail (5) besonders gefreut. Den Kalender ist nicht nur mit Süßigkeiten befüllt, sondern auch mit kleinen Aufgaben, wie beispielsweise ein kleines Gebet auswendig zu lernen.

Für Familie Alvi in Hockenheim startet der Tag während des Ramadan sehr früh

Ein Tagesablauf sieht in etwa folgendermaßen aus: Um zirka 5.15 Uhr wird aufgestanden und vor Sonnenaufgang ein reichhaltiges Essen zu sich genommen – dabei sollte natürlich auch viel getrunken werden. Danach findet das Morgengebet statt und der Koran wird rezitiert. Zu dieser frühen Morgenstunde ist es so schön still, es ist lediglich das erste schöne Gezwitscher der Vögel zu hören. Auch mein Mann findet zu diesen frühen Morgenstunden die Stille schön und „dass man mit seinen Gedanken allein sein kann“.

Um zirka 19.50 Uhr geht die Sonne unter. Dann wird das Fasten traditionell (also gemäß der Praxis des Propheten Mohammed) mit einer Dattel und Wasser gebrochen. Nach dem Abendgebet folgt dann das Essen. Die Atmosphäre zu dieser Zeit ist sehr schön. Alle sitzen zusammen, nehmen das Essen bewusster zu sich als sonst und verspüren auch mehr Dankbarkeit für diese Mahlzeit.

Das Essen nach Sonnenuntergang: Dazu gehören auch ummantelte Datteln mit Pistazien. © Anna Alvi

Sanaa Ahmed aus Hockenheim verbindet mit dem Fastenbrechen folgendes: „Iftari“ (die Zeit des Fastenbrechens) bedeutet für mich eine glückliche Familienzeit, in der man Dankbarkeit verspürt. Zum einen für die vielen Segnungen im Leben und zum anderen für den vollzogenen Fastentag, der uns ein Stück näher zu Allah gebracht hat.“

Zwischen Suhur (Zeit des Fastenbeginns) und Iftar findet Einiges statt. Neben den Gebeten versuchen Muslime ihr religiöses Wissen zu erweitern, intensiv den Koran auf Arabisch zu rezitieren und die deutsche Übersetzung zu lesen. Da kommt es auch schon mal vor, dass sich der ein oder andere Urlaub nimmt, um sich voll und ganz auf diese besondere Zeit zu konzentrieren.

Ich habe ein paar Mitglieder meiner Gemeinde (Ahmadiyya Muslim Gemeinde) gefragt, was der Ramadan für sie persönlich bedeutet. „Ramadan bedeutet für mich: Spiritualität, innere Einkehr und vermehrt Wohltätigkeit. Außerdem freuen wir uns sehr auf das gemeinsame Fastenbrechen mit Familien und Freunden“, so Rabea Bhatti aus Oftersheim.

Selbsteinschränkung und die Beziehung zu Gott sind weitere Aspekte des Ramadan

„Während dieser Zeit praktizieren wir Selbstbeschränkung und reflektieren über unsere Beziehung zu Gott und unseren Mitmenschen. Ramadan ist auch ein besonderer Monat, weil es der Monat ist, in dem der Heilige Koran offenbart wurde“, berichtet Alim Bhatti aus Brühl.

Aus Sicht der Oftersheimerin Samina Tabassum hat Ramadan auch für die Charakterbildung einen positiven Effekt: „Die eine Bedeutung von Ramadan bleibt für mich für immer gleich und die andere ändert sich jedes Jahr. Es ist immer eine Zeit für ein Mehr an Anbetung von Gott. Das erdet und gibt mir Zuversicht. Das andere hat etwas mit der Entwicklung als Person zu tun, dieses Jahr vor allem, was ich meinem Sohn vorleben möchte.“

Neue Energie zu tanken und Demut zu zeigen steht für Kanwal Shad aus Eppelheim im Fokus: „Ramadan bedeutet für mich, den Körper und die Seele zu reinigen, das Ego zurückzufahren und jegliche schlechten Eigenschaften abzulegen. Das Fasten entspannt manchmal so sehr, dass man sich in einem tranceähnlichen Zustand befindet.“

Der lokale Imam der Ahmadiyya Muslim Gemeinde, Naweel Shad, hebt drei Aspekte des Ramadan hervor: „Zum Einen, dass der Wert der Gaben Gottes geschätzt und so auch das Mitgefühl mit den Mitmenschen gestärkt wird. Zum zweiten soll der Mensch seine Moral und seinen Charakter verbessern. Und ganz besonders soll in dieser Zeit eine spirituelle Weiterentwicklung und die Nähe Gottes erfahren werden.“

Das eigentliche Ziel des Ramadan ist es jedoch, all das Positive beizubehalten und in den Rest des Jahres zu tragen. Und wenn Sie Ihre muslimischen Mitbürger beeindrucken möchten, sagen Sie doch einfach bei der nächsten Begegnung: Ramadan Mubarak!

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