Hockenheim. Rund zwei Millionen Euro mehr an Gewerbesteuer als angenommen werden bis Jahresende wohl in die Gemeindekasse fließen. Das geht aus dem zweiten Quartalsbericht hervor, den Kämmerer Rolf Fitterling jüngst dem Hockenheimer Rat vorgestellt hat. Zudem erhält die Kommune 488 000 Euro mehr Zuwendungen für laufende Zwecke und 610 000 Euro mehr Landeszuschüsse für die Kindergärten als geplant.
Damit steigen die Erträge voraussichtlich um rund 3,1 Millionen auf rund 78,9 Millionen Euro. Zugleich erhöhen sich die Aufwendungen um 429 000 auf rund 82,6 Millionen Euro. Macht am Ende einen Jahresfehlbetrag von 3,7 Millionen Euro im Ergebnishaushalt, der vergleichbar ist mit einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Ursprünglich hatte die Gemeinde mit einem Defizit von 6,4 Millionen Euro gerechnet. Ihre Finanzen entwickeln sich also deutlich besser als erwartet, aber längst nicht gut.
Im Finanzhaushalt, der die Geldflüsse der Kommune abbildet, sieht es ähnlich aus. So fallen etwa bei den Investitionen die Einzahlungen mit fast 8,2 Millionen Euro wesentlich höher aus (Ansatz: 3,4 Millionen) und die Auszahlungen sinken leicht auf 20,7 Millionen Euro (21,1 Millionen), doch es bleibt ein Fehlbetrag von 12,5 Millionen Euro (statt 17,6 Millionen).
Nicht nur Hockenheim in Not
„Die Luft wird dünner. Viel dünner“, kommentierte Oberbürgermeister Marcus Zeitler das Zahlenwerk. Sein Vergleich galt der Höhenluft in den Bergen. Nächstes Jahr werde die Rennstadt bereits die ersten 3000er bis 4000er Gipfel erreichen. „In manchen Bereichen wird das dazu führen, dass wir uns Sauerstoffmasken holen müssen, um die Aufgaben und finanziellen Herausforderungen noch zu meistern“, sagte er. Die Steuerschätzung im November werde wahrscheinlich nichts Gutes bringen.
Fest stehe, dass sich die Umlage des Rhein-Neckar-Kreises 2025 erneut erhöhen wird. Über den Umfang werde der Kreistag noch entscheiden. Außerdem würden die Ausgaben in allen Bereichen weitersteigen. „Und die Anforderungen werden immer höher und größer und sollen immer schneller erledigt werden und am besten alles auf einmal“, erklärte der Verwaltungschef. Die 54 Bürgermeister der Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis könnten ein Lied davon singen, dass es für die Gemeinden so dünn wird, was das Atmen angeht, dass „wir nicht mehr wissen, wie wir diesen Marathon bewältigen sollen an Aufgaben, die auf uns zukommen“.
Vor diesem Hintergrund kritisierte Zeitler obendrein all die Gesetzesänderungen, die am 31. Dezember auf den Tisch kämen und am 1. Januar mit Rechtsanspruch umgesetzt würden. „Die sind fernab jeglicher Realität und praktisch so überhaupt nicht umsetzbar, wie sie der Gesetzgeber beschließt“, erklärte er. Deswegen spreche er den Mitarbeitern im Rathaus an großes Lob aus, die versuchten, das Bestmögliche herauszuholen.
Hockenheimer Verwaltung übt Kritik am Land
Die Haushaltsplanung sei mittlerweile in manchen Bereichen „Glaskugelleserei“. Die Verwaltung wisse heute nicht, was morgen kommt. Dann komme eine Gesetzesänderung, anschließend gehe es an Integrationsmanagement, wo komplett gekürzt werde, danach machten 54 Kommunen Gemeinderatssitzungen und berieten sich und plötzlich beschließe das Land eine Erhöhung von 50 auf 70 Prozent. „Jetzt kannst du alles, was du zwei Monate vorher berechnet hast, in die Ablage P schmeißen und wieder von vorne anfangen“, beschrieb der Bürgermeister das Dilemma.
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Seit 40 Jahren werde von Bürokratieabbau gesprochen. Das wünsche sich niemand sehnlicher als die Verwaltungen vor Ort. „Dass man endlich damit anfängt und uns Zuschusstöpfe einräumt, an die wir rankommen“, sagte er. Denn was nützten sechs oder sieben Zuschusstöpfe für die Schulbauförderung, wenn einer gleichzeitig alle anderen ausschließe und so kompliziert sei, dass sich jemand mit Staatsexamen daransetzen müsse, um überhaupt 10 oder 15 Prozent Zuschuss zu bekommen? „Und das nur, wenn 47 Bedingungen eingehalten werden“, schob er hinterher.
All das erschwere der Verwaltung die Arbeit. Der Rat habe in den vergangenen Jahren viel Verständnis gezeigt und müsse in den nächsten Jahren wohl noch verständnisvoller sein, befürchtete Zeitler. Zu den anstehenden Etatberatungen für 2025 und das erwartbar notwendige Ansetzen des Rotstifts schickte er voraus: „Keiner hier streicht gerne etwas aus einem Haushaltsplan heraus, keiner streicht gerne eine Maßnahme. Aber wir sind für das große Ganze und das Erfüllen der Pflichtaufgaben zuständig und das hat nun mal Priorität.“ Diese Entscheidungen seien nicht immer einfach, dankenswerterweise habe der Gemeinderat aber die ein oder andere unpopuläre Entscheidung mitgetragen.
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