Hockenheim. Volksmusik bedeutet Tradition. Wie schwer es ist, eine solche aufrechtzuerhalten, ist mittlerweile bekannt. Umso bemerkenswerter, dass es nach wie vor Unbeugsame gibt, die sich gegen den Trend stellen, um ihr Brauchtum am Leben zu halten. Sie werden belohnt von denen, deren Herz an leichter Musikunterhaltung hängt. In der Hockenheimer Stadthalle sind das am Sonntagnachmittag um die 300 Personen. Alle wollen die „Südtiroler Heimatsterne“ leuchten sehen.
Der Titel der volksmusikalischen Schau um den Hauptakteur Oswald Sattler signalisiert, worum es geht: um die Liebe zur Heimat und das Leuchten in den Augen, wenn die Protagonisten des frühen Abends in ihren Liedern davon erzählen. Das Portfolio ist breit angelegt.
Lieder von Liebe und Schmerz in der Hockenheimer Stadthalle
Da gibt es zum Beispiel das Kastelruther Männerquartett, das sich vollends auf seine stabilen Stimmen verlassen kann. Zufällig haben sich die Herren in einer Berghütte getroffen, ihren Gesang zusammengeführt und fortan gemeinsam nach außen getragen. Geschmeidig legte sich der melodiöse Schleier über das Publikum, während die vier von Liebe und Schmerz singen und den Lobpreis auf ihre Heimat Südtirol anstimmen.
Letzteres passiert mehrere Male im Konzertverlauf und es ist wohltuend. Fernab von der täglichen Hetze, von Problemen, Krisen und Ängsten, haben die Gäste in der Stadthalle wenigstens diese kostbaren Stunden das Gefühl, dass Wolken doch rosarot sein können. Dafür verantwortlich sein könnte auch Nadin Meypo, die Moderatorin der Volksmusik-Revue. „Lassen Sie die Seele baumeln und entspannen Sie einfach mal“, schlägt sie dem Publikum vor.
Tatsächlich funktioniert das. Ob es an den unaufgeregten Klangbildern, den vom Beamer in den Hintergrund geworfenen beruhigenden Berggipfeln oder dem gewinnenden Lächeln aller Auftretenden liegt, ist nicht eindeutig auszumachen – wahrscheinlich ist es eine Mischung von allem.
Hockenheimer Zuschauer sind überzeugte Schlagerfans
Die Künstler brauchen nicht viel, um die Zuhörenden für sich zu gewinnen. Denn die, die da sind – Altersdurchschnitt Ende 60 – sind aus voller Überzeugung gekommen. Und aus Lust am Mitmachen. Geklatscht wird bei den Geschwistern Niederbacher, die vor guter Laune nur so sprühen. Die Arme werden über dem Kopf von links nach rechts geworfen für Alexander Rier, Sohn des Kastelruther Spatzen Norbert Rier, der mit einem Spatzen-Medley über die eigenen Titel hinaus auf Punktejagd bei den Volksmusik-Fans geht.
Die Atmosphäre in der Stadthalle ist schnell heimelig, wohltuend, wärmend. Oswald Sattler steigt da direkt ein. „Ich könnt’ ohne Berge nicht leben“ heißt sein erstes Lied am Abend. Die Botschaft kommt an bei den Menschen im Saal, die an seinen Lippen hängen und sich an der wachsweichen, warmen und kräftigen Stimme laben. Sattler weckt wie die anderen die Sehnsucht nach der Ruhe der Berge, der frischen Luft zum Atmen, der Stille und dem Frieden. Und mal ehrlich: Was könnte denn auch schöner sein als „Blühende Rosen am Weg der Zärtlichkeit“? Die Texte gehen dem Publikum zu Herzen und die Melodien bleiben leicht im Ohr.
Die Tradition der Volksmusik wird in vollen Zügen ausgelebt – und das ist gut so. Mal ganz ursprünglich a cappella, mal der Moderne mit pumpendem Bass aus der Konserve angepasst – beide Varianten werden vom Publikum honoriert und haben das verdient. Die „Südtiroler Heimatsterne“ haben das Leuchten für eine Weile zurückgebracht und daran erinnert, dass es sich lohnt, einer rosaroten Wolke im Alltag Platz einzuräumen.
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