Sommerinterview Hockenheim (Teil 2) - Fraktion lehnt städtische Wohnungsbaugesellschaft ab / Finanzen kritisch beobachten

FDP/LfH ist enttäuscht, dass Gewerbegebiet im Mörsch nicht weiterentwickelt wurde

Im Sommerinterview beantworten die fünf Fraktionen Fragen dieser Redaktion und blicken voraus, was sie sich für die Stadt wünschen. In unserem zweiten Teil stellt sich die FDP/LfH-Fraktion.

Von 
Vanessa Schwierz
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Hockenheim. Der Gemeinderat ist die politische Vertretung der Bürger in Städten und Gemeinden. Die Bevölkerung möchte ihre Interessen vertreten wissen und damit Teil der Politik in ihrem Heimatort sein. Wo steht die Stadt Hockenheim zwei Jahre nach der letzten Kommunalwahl, welche Herausforderungen stehen an und wie haben die Fraktionen die Corona-Pandemie wahrgenommen – vor allem mit Blick auf die Stadtverwaltung?

In unserem Sommerinterview beantworten die fünf Fraktionen Fragen dieser Redaktion und blicken voraus, was sie sich für die Stadt wünschen. In unserem zweiten Teil stellt sich die FDP/LfH-Fraktion – bestehend aus Frank Köcher-Höhn und Helmut Kiefunseren Fragen.

Wenn Sie die Zeit seit der Kommunalwahl 2019 mit drei Worten beschreiben könnten, welche wären das?

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FDP: Nichts ist vorhersehbar.

Was war seitdem in Ihren Augen erfolgreich und was weniger?

FDP: Das ist eine Frage, die man schlecht beantworten kann, da die Corona-Pandemie alles verändert hat. Der neue Gemeinderat und der neue Oberbürgermeister hatten viel geplant und zur ersten Klausurtagung konnten wichtige Eckpunkte gesetzt werden. Dass uns vier Monate nach der Klausur Corona einen Strich durch die Rechnung macht, war nicht vorhersehbar. Natürlich wurde unter Corona weitergemacht und versucht Vorhaben umzusetzen, aber es ist und bleibt schwer, unter pandemischen Bedingungen Projekte zu verwirklichen. Im ersten Lockdown hat noch nicht mal der Gemeinderat getagt; es konnte daher nichts beschlossen werden. Das hat geplante Vorhaben um einige Monate zurückgeworfen. Die Entwicklung der Digitalisierung könnte man als kleinen Erfolg werten. In der Pandemie hat man gemerkt, dass man die Digitalisierung in allen Bereichen braucht und ausbauen muss. Hier steht weiterhin viel Arbeit an, denn der Weg ist noch nicht zu Ende. Weniger erfreulich sind die Finanzen. Aktuell sehen die Zahlen noch gut aus. In den nächsten Jahren wird sich die Entwicklung jedoch zum Negativen entwickeln, was die Stadt in Schwierigkeiten bringen wird. Enttäuscht sind wir darüber, dass wir unser Gewerbegebiet nicht weiterentwickeln können. Die Verwaltung ist gewillt, aber das Regierungspräsidium will die Haubenlerche schützen. Das ist natürlich legitim – allerdings muss hier abgewogen werden, was für eine Kommune im Vordergrund steht. Wir können nicht nachvollziehen, warum eine Haubenlerche nicht umgesiedelt werden kann.

Die Corona-Pandemie hat die Welt eiskalt erwischt. Wie beurteilen Sie den Umgang der Stadtverwaltung mit dieser Krise?

FDP: Genauso wie es die Welt eiskalt erwischt hat, hat es auch Hockenheim erwischt. Von heute auf morgen wurde Deutschland heruntergefahren. Soweit wir uns erinnern können, hat die Verwaltung alle Verfügungen und Vorschriften zügig umgesetzt. Das Krisenmanagement hat unseres Erachtens funktioniert. Die Fraktionsvorsitzenden wurden im ersten Lockdown per Videokonferenz auf dem Laufenden gehalten, so dass der Gemeinderat ständig informiert war. Es war eine ganz neue Herausforderung, die die Verwaltung meistern musste. Was aber gut oder schlecht gelaufen ist, kann man erst sagen, wenn nach der Krise alles aufgearbeitet wird. Wir sind uns sicher, dass dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Hätte etwas besser gemacht werden können? Auch mit Blick auf Schulen, Kindergärten und Vereine?

FDP: Die Verordnungen haben nicht viel Spielraum gelassen. An den Schließungen konnte man nichts ändern. Als die ersten Öffnungsschritte kamen, wurden Corona-Tests, sobald sie verfügbar waren, an den Schulen und Kindergärten verteilt, so dass hier regelmäßig getestet wurde. Möglichkeiten zur Einrichtung eines Corona-Testzentrums wurden nach den ersten Öffnungsschritten gesucht – gelungen ist dies mit der Firma „Lichtfeld“. Auch Impfteams waren in Hockenheim unterwegs, so dass auch in diesem Bereich das Angebot da war. In so einer derartigen und noch nie da gewesenen Situation Kritikpunkte an der Verwaltung zu suchen, halten wir für unangebracht. Alle sind von der Situation überrascht worden. Das Einzige, was man der Verwaltung vorwerfen kann, ist, dass die Digitalisierung der Schulen schon viel früher, auch ohne die Corona-Pandemie, hätte beginnen müssen. Ein Thema, dass noch angesprochen werden muss, sind Lüftungsanlagen in Schulen und Kindergärten.

Klimawandel und Umweltschutz sind auch auf Kommunalebene heiß diskutierte Themen. Was kann dabei in Hockenheim besser gemacht werden?

FDP: Klimawandel und Umweltschutz ist ein globales Thema, welches auch Hockenheim betrifft. Es ist eine Herausforderung, die uns viele Jahre beschäftigen wird. Gerade wir hier in Hockenheim haben wertvollen Ackerboden für die Landwirtschaft. Da liegt es doch auf der Hand, dass wir das Gespräch suchen und uns mit den Bauern zusammensetzen müssen. Diese kennen sich mit Klima- und Umweltschutz aus, denn das ist ihr täglich Brot. Innerstädtisch müssen wir darauf achten, dass unsere grünen Lungen nicht zerstört werden. Bei der Stadtentwicklung müssen Naherholungsgebiete mit eingeplant werden. Die Ausweisung neuer Baugebiete sehen wir kritisch, solange die Innenentwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Die Zusammenarbeit mit den Horan-Gemeinden muss ausgebaut werden, um gemeinsame Ziele zu definieren. Ein großes Problem ist die Umsetzung der Thematik bei der Bürgerschaft. Wir sind gegen Verbote und setzen auf Information. Es ist nicht einfach, jemanden zu überzeugen, dass zum Beispiel ein Schottergarten nicht zum Klimaschutz beiträgt. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt, um der Bevölkerung klarzumachen, dass jeder einzelne für den Umweltschutz verantwortlich ist und nicht nur die Politik.

Der Hockenheimring steht aufgrund der hohen Lärmbelastung der Bevölkerung immer wieder im Fokus. Wie sehen Sie das Thema und wie kann man den Hockenheimring für Großveranstaltungen attraktiver machen? Oder wird das gar nicht gewollt?

FDP: Der Hockenheimring gehört zu Hockenheim wie der Eiffelturm zu Paris. Die Lärmrichtlinien haben sich nicht geändert. Es ist nicht lauter geworden. Es mag sein, dass die Tage mit Fahrbetrieb mehr geworden sind, dies ist dem Wegfall einiger Großveranstaltungen geschuldet. Bei Großveranstaltungen waren immer vier bis fünf Auf- und Abbautage terminiert, an denen nicht gefahren wurde. Selbstverständlich werden Lärmeinschränkungen auch in Zukunft Thema sein. Wir wollen für Maßnahmen werben, die für Lärmminderungen an Fahrzeugen sorgen. In der heutigen Zeit gibt es viele technische Möglichkeiten wie zum Beispiel Schalldämpfer, die eingesetzt werden können, um Lärm zu verringern. Hier sind die Veranstalter und die teilnehmenden Teams in der Verantwortung, diese Möglichkeiten zu überdenken und einzusetzen. Der Gemeinderat steht im engen Kontakt mit der Geschäftsführung, um hier zielführende Lösungen zu finden. Der Hockenheimring muss Geld verdienen und das geht nun mal vorrangig mit der Streckenvermietung. Auch die Weiterentwicklung des Hockenheimrings steht noch an und wir sehen da positiv in die Zukunft; möglicherweise lassen sich hier Lärmschutzaspekte mit einarbeiten. Natürlich wollen wir Großveranstaltungen. Der Hockenheimring ist ein Touristenmagnet, welcher der Stadt Geld in die Kassen spült. Die Vereine sind auf Großveranstaltungen angewiesen und verdienen größtenteils ihr Geld damit. Eine gesunde Mischung aus Motorsport und Konzerten wäre aus unserer Sicht wünschenswert.

Reicht der geplante Neubau am Hubäckerring, um dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden oder müsste die Stadt da mehr tun?

FDP: Das ist eine gute Frage. Dieses Thema stand ganz oben auf der Agenda zur Klausurtagung 2019 und 2020; leider hatte Corona die Planungen zunächst zunichtegemacht. Der Gemeinderat will sich alle städtischen Wohnungen anschauen, um ein Gefühl für die Situation zu bekommen. Da ich als Notfallsanitäter beruflich oft in Hockenheim unterwegs bin, sind mir die städtischen Wohnungen bekannt. Meines Erachtens wird hier auf die Stadt einiges zukommen. Um die Frage zu beantworten: Nein, der geplante Neubau wird nicht reichen. Eine Fraktion hat schon eine Hockenheimer Wohnungsbaugesellschaft ins Gespräch gebracht; dies lehnt die FDP/LfH Fraktion ab. Wir sind gegen die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Wir setzen weiterhin auf das Interesse privater Investoren, deren Interesse am Wohnungsbau in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft bringt in unseren Augen neben zusätzlicher Bürokratie neue Schulden mit, da nicht kostendeckend gewirtschaftet werden kann.

Im September ist Bundestagswahl. Welches Thema tangiert Ihrer Meinung nach die Stadt Hockenheim am stärksten?

FDP: Da möchten wir uns nicht konkret festlegen. Wir sind der Meinung, dass viele aktuell politsche Themen auch unsere Stadt tangieren. Jede Partei wird seine Kernthemen haben. Unsere Schwerpunktthemen werden die Zukunft der Bildung, die Bürgerrechte, die wirtschaftliche Entwicklung und die Klimapolitik sein. Nach der Wahl werden wir sehen, ob wir uns auf die richtigen Themen konzentriert haben.

Was wünschen Sie sich für Hockenheim in der Zukunft?

FDP: Die Welt ist im ständigen Wandel; deshalb ist es, schwer zu sagen, wie „das Hockenheim“ in Zukunft aussehen wird. Auch wenn die FDP als Kernthema unter anderem für Digitalisierung wirbt, betrifft dies eher die Schul- und Arbeitswelt. Im „wahren“ Leben wünschen wir uns, dass die Menschen wieder näher zusammenrücken und füreinander da sind, statt sich in der virtuellen Welt zu verlieren. Für die nächsten Jahre wünschen wir uns einen ausgeglichenen Haushalt. Uns ist bewusst, dass dies noch einige Jahre dauern wird. Damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, werden wir als FDP/LfH weiterhin für eine solide und stabile Haushaltslage werben und auch in Zukunft die finanzielle Lage der Stadt kritisch beobachten.

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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