Aus drei mach eins. Das gelang Dirigent Benjamin Wolf, indem er rund 100 Musikerinnen und Musiker aus drei Vereinen miteinander zu einem großen Gemeinschaftsorchester verband. Mitglieder des Fanfarenzugs, des Musikvereins Unteröwisheim, des Jugendorchesters und der Stadtkapelle Walldorf spielten an diesem denkwürdigen Abend in der Stadthalle Stücke aus Klassik und Pop. Mit ihrem Spiel brachten nicht nur die Musiker die ausverkaufte Halle zum Beben, sondern auch die Zuschauer – durch wahre Beifallsstürme.
Es war ein beeindruckendes Bild, das sich am Sonntagabend bot. Nicht nur der Zuschauerraum war voll besetzt – eher ungewohnt nach zwei Jahren Pandemiestillstand – sondern auch die Bühne. Denn unter dem Motto „100 Musizierende – 3 Vereine – 2 Orchester“ präsentierte der Fanfarenzug ein Erlebnis, das es in sich hatte.
Es wehte mehr als nur ein Hauch von Royal Philharmonic Orchestra durch den Saal, als Dirigent Benjamin Wolf, Schüler von Willi Ehringer und seit 1998 im Fanfarenzug aktiv, vor das Publikum trat und den Auftakt zu fast dreistündigem Musikgenuss mit den bombastischen Klängen von „Also sprach Zarathustra“ einleitete.
Charmante Moderation
Es folgten Stücke aus Edvard Griegs Peer Gynt Suite Nr. 1 und „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Bekannte Stücke, deren Interpretation selbst besonders kritische Musikkenner überzeugt haben dürfte. Mit viel Humor und großer Sachkenntnis gab Benjamin Wolf Erläuterungen zu Komponisten und Hintergründen der Stücke, so auch zu „Mac Arthur Park“ des US-amerikanischen Singer-Sonwriters Jimmy Webb.
„Das wird vermutlich den wenigsten von Ihnen etwas sagen, aber kommen Sie mit auf einen Spaziergang dorthin“, kommentierte der Dirigent und sprach auch über soziale Probleme, die den Komponisten bei seinem Werk beeinflusst haben.
Nicht schlecht staunte das Publikum, als der Dirigent nach der Pause für die Titelmusik aus „Game of Thrones“ – übrigens vom in Deutschland geborenen Filmmusikkomponisten Ramin Djawadi – im „Nachtwachen“-Gewandung erschien, die einer der Titelhelden der Serie, John Snow, trägt, schwarzer Mantel mit Federkragen inklusive. „Man muss sich eben anpassen“, meinte er und hatte so die Herzen und Lacher auf seiner Seite.
Wolf als Jedi-Ritter
Bei den darauffolgenden Stücken aus „Herr der Ringe“ durfte man nicht nur die Musik genießen, sondern auch dem „Schmieden“ eines Schwertes, wie bei den Zwergen, auf einem Amboss beiwohnen. Als Wolf dann beim großen Finale zum Soundtrack von „Star Wars“ als Jedi-Ritter Qui-Gon Jinn erschien und diesem auch in puncto Frisur zum verwechseln ähnlich sah, stieg die Stimmung im Raum in neue Höhen.
In seiner Abschlussrede dankte Benjamin Wolf allen Musikern und wies auf die Schwierigkeiten für alle Künstler in der bisherigen Corona-Zeit hin. Er freue sich sehr, dass es wieder möglich sei, vor vielen Menschen aufzutreten. „Nach so langer Zeit tut ein kräftiger Applaus richtig gut“, meinte er. Immer wieder musste er, von Emotionen ergriffen, seine Rede unterbrechen, worauf die Zuschauer mit noch mehr Applaus antworteten. Fanfaren-Vorstand Dr. Ole Jakubik ergriff das Wort und überreichte im Namen des Ensembles dem sichtlich gerührten Benjamin Wolf ein Geschenk. Auch wenn er an diesem Abend nicht politisch werden wolle, so teilte der Dirigent dennoch mit, dass ein Euro von jeder Eintrittskarte an eine ukrainische Familie in Kiew gehe.
Natürlich entließ das Publikum die Musiker nicht ohne Zugabe, die mit dem „Galop infernal“, auch bekannt als Höllen-Cancan aus der Opera Buffa „Orpheus in der Unterwelt“ von Jacques Offenbach einen temporeichen Schlusspunkt setzen, den sie gleich zweimal spielen mussten, weil das Publikum gar nicht genug bekommen konnte.
Benjamin Wolf, der nicht nur in Hockenheim, sondern auch in Unteröwisheim und Walldorf dirigiert, hat alle Stücke selbst arrangiert und den einzelnen Musikern auf den Leib geschrieben: „So kann man alle Leistungsstufen mit einbinden – für ein komplett stimmiges Stück“, meinte er.
Zuschauerin Uta Jahnke war restlos begeistert: „Einfach fantastisch, Note eins wäre noch zu wenig. Toll, dass sie neue Wege gehen. So lassen sich auch jüngere Leute begeistern und bekommen Lust, im Verein zu spielen.“ Jessica Pöschel und Marion Metzger meinten: „Grandios. Wir sind selbst Musikerinnen und wissen, wie unglaublich viel Arbeit sich Benjamin Wolf gemacht haben muss.“ Oberbürgermeister Marcus Zeitler betonte: „Wundervoll, besonders ‚Bohemian Rhapsody‘. Auch ein tolles Zeichen für die Interkommunale Zusammenarbeit, die wichtiger denn je ist.“ Er wünsche sich eine Fortsetzung. „Sie haben den Beweis geliefert, dass dringend ein zweites Konzert des Gesamtorchesters hinterher geschoben werden muss“, so das Stadtoberhaupt.
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