Hockenheim. Der Privatmann und die Privatfrau sehen es beim täglichen Einkauf oder bei der Fahrt zur Tankstelle: Die Preise steigen in immer schwindelerregendere Höhen und große Lücken klaffen in den Regalen der Supermärkte dort, wo vor Kurzem noch Sonnenblumen- oder Rapsöl stand. Lieferengpässe und Teuerung stellen auch die Hockenheimer Gastronomen vor eine schwierige Situation, nachdem ihnen schon in den vergangenen zwei Jahren Zwangsschließungen durch Lockdowns und abwandernde Fach- und Aushilfskräfte zu schaffen gemacht hatten. Unsere Zeitung fragte Betriebe nach ihren Erfahrungen.
Jan Peters, Teamleiter des Gastrobereichs beim Globus-Markt im Talhaus, ist fassungslos: „Tomaten waren immer verfügbar und jetzt werden sie rationiert. So was habe ich noch nicht erlebt“, sagt er. Derartige Preissteigerungen und Lieferengpässe habe er nie für möglich gehalten, doch seien sie nun bittere Realität. „Die Lieferanten können vieles einfach nicht mehr besorgen und wenn, dann rationieren sie es. Für den Gastrobereich im Markt habe ich nur ein paar Kilodosen Tomaten bekommen. Aufgrund der Lieferengpässe und der Preissteigerung beim Öl bieten wir jetzt vermehrt Reis statt Pommes an.“
Die Preise seien rund ein Jahr stabil geblieben, doch seit Januar habe er sie schon zweimal, wenn auch nur moderat, angepasst. „Es ist bei uns knapp kalkuliert, wegen dem Mehrwert für die Kunden, aber schwarze Zahlen müssen wir trotzdem schreiben. Wo das noch alles hinführen soll, weiß ich nicht. Die Preissteigerungen sind zum Teil unglaublich.“ So sei Ananas in der Dose um 80 Prozent im Preis gestiegen. Aber nicht wegen der Frucht: „Sondern, weil das Weißblech jetzt viel teurer ist“, erläutert Jan Peters.
„Müssten jede Woche erhöhen“
„Das ist Wahnsinn“, sagt Oliver Berlinghoff vom Gasthaus „Zur Pfalz“ und berichtet: „Öl ist schwer zu bekommen und dann kostet es unglaublich viel.“ Die Zehn-Liter-Fritteuse zu füllen habe vorher um die 20 Euro gekostet, nun 40 bis 45. „Das Fass Bier ist um 12 Euro im Einkauf gestiegen. Irgendwann macht das kein Gast mehr mit. Normalerweise müssten wir jede Woche erhöhen. Das kann man gar nicht eins zu eins umschlagen. Wir erhöhen daher nur schrittweise die Preise“, so Oliver Berlinghoff.
Personalgehälter steigen ebenfalls
„Gemüse, Molkereiprodukte, Fleisch, Energiekosten – alles zieht gerade an“, sagt Rainer Weiglein, der Geschäftsführer der Stadthallen- Betriebsgesellschaft, der auch verantwortlich für das Restaurant „Rondeau“ ist. „Ob das alles so gerechtfertigt ist, da ist man einfach nicht in der Lage, das nachzuvollziehen“, meint er. Rund zehn Prozent Energieaufschlag zahle er aufgrund der hohen Spritpreise für die Lieferung der Getränke. „Jetzt sinkt der Dieselpreis gerade etwas, aber der Aufschlag bleibt, wie er ist.“
Was keiner so richtig auf dem Schirm habe, seien andere Kosten wie die Gehälter für das Fachpersonal, die zum Jahresanfang aufgrund neuer tariflicher Vereinbarungen gestiegen seien. Auf jeden Fall sei es dem Kunden schwer vermittelbar, wenn das Rumpsteak von 20 auf 30 oder 40 Euro im Preis steige. „Die höheren Kosten müssen wir aus wirtschaftlichen Gründen weitergeben und nur genau die. Nicht mehr, nicht weniger“, unterstreicht Weiglein, der jedoch auch Hoffnung macht: „Sinken die Beschaffungskosten, werden wir das ebenso an unser Kunden weitergeben.“
Sorgen macht dem Geschäftsführer, der auch stellvertretender Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga ist, zudem der Fachkräftemangel. „Dabei ist eine Ausbildung im Bereich Gastro und Hotellerie heute Gold wert. Selbst wenn man in diesem Bereich zum Beispiel wegen des Lockdowns nicht mehr arbeiten könnte, wird man damit auch in anderen Branchen mit Handkuss genommen“, betont er.
„Verbraucher verdient nicht mehr“
„Eigentlich müssten wir für eine Portion Pommes 5 Euro verlangen und jedes Gericht um circa 3 Euro erhöhen, damit es passt, aber nein, das geht nicht. Der Endverbraucher verdient ja auch nicht mehr. Wir warten noch ein paar Wochen mit Preiserhöhungen“, sagt Mario Böhm vom „Güldenen Engel“ und ergänzt: „Zuerst Corona, jetzt der Krieg – es ist schlimm.“
Ebenfalls mit Preisanpassungen wartet Yakup Yildiz vom „Star 3“-Döner. „Noch ein bis zwei Monate vielleicht, um erst zu schauen, was passiert. Wenn es so weitergeht, müssen wir mit den Preisen hochgehen. Das Dönerfleisch kostet aktuell im Einkauf 50 bis 60 Prozent mehr.“
„Es gibt viel Spekulation“
Menderes Sacakli vom „Tortilla Imbiss“ ist außer sich: „Im Einkauf zahlt man bis zum Fünffachen und es gibt viel Spekulation. Im Internet wird Mehl und Öl zum Teil zu Wucherpreisen angeboten. Die Energiekosten sind kräftig gestiegen. Aber ich habe noch nichts erhöht, meinen Kunden zuliebe, die auch nicht mehr haben als vorher. Im Gegenteil.“ Schon seit fast 30 Jahren sei er am selben Ort, habe sich einen Namen gemacht. Doch immer öfter denke er nun ans Aufhören. „Das macht so keinen Spaß mehr“, meint er, aber da er keine Pacht zahle und allein arbeite, würde er weitermachen.
Frank Bohrmann vom Café und Bistro „et cetera“ berichtet: „Es geht bei unseren Lieferanten im Moment alles nach oben. Die Preissteigerungen sind enorm. Da mussten wir auch schon die Preise anpassen, obwohl wir nicht alles weitergeben. Es geht ja nicht anders.“
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