Freizeitangebot

Hockenheimer Juz ist für alle Jugendlichen offen

Im Jugendzentrum am Aquadrom Hockenheim ist das neue Mitarbeiterteam seit gut einem Jahr im Dienst. Leiter Paul Rühl ist mit der Atmosphäre sehr zufrieden und betont die Offenheit des Hauses.

Von 
Matthias Mühleisen
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Der Billardtisch darf in einem Jugendzentrum nicht fehlen. Über eine Partie mit den zu versenkenden 15 bunten Kugeln kommen Juz-Leiter Paul Rühl (v. r.), FSJlerin Leonie Rohr und Marc König gut ins Gespräch mit den Besuchern. © Matthias Mühleisen

Hockenheim. Jugendliche brauchen ja bekanntlich ihre Freiheit. Trotzdem lassen Sie sich von Paul Rühl, Marc König und Leoni Rohr gerne in einen Käfig sperren - solange diese Ihnen einen Basketball mitgeben. Denn das nach allen Seiten eingezäunte Spielfeld ist eine der Attraktionen des Jugendzentrums am Aquadrom. Dort ist das neue Mitarbeiterteam seit gut einem Jahr im Dienst und häufig auch am Ball: Die Besucher fordern sie mit Vorliebe zu einer Partie auf.

Die Mitarbeiter des Jugendzentrums, in Hockenheim eigentlich nur Juz genannt, halten sich damit aber nicht nur während der Arbeitszeit sportlich fit - das gemeinsame Spielen sei oft der Türöffner zu einem Gespräch mit den Jugendlichen, berichten Rühl, König und Rohr. Beim Basketball aber auch am Billardtisch oder am Tischkicker kann man sich zwanglos kennenlernen und sehen, wie der jeweils andere tickt.

Kontinuität im Jugendzentrum Hockenheim wiederhergestellt

Mit dem neuen Team ist eine Kontinuität in das Juz zurückgekehrt, die es zuvor lange nicht gegeben hatte. Durch die Corona-Pandemie war die Einrichtung, die im früheren Umkleidetrakt des einstigen Hockenheimer Freibads untergebracht ist, zunächst komplett geschlossen und dann mit Einschränkungen bei der Besucherzahl wieder geöffnet, bevor es durch Krankheitsfälle sowie Erziehungszeit zur erneuten Schließung kam.

Juz in Zahlen & Daten

  • Das Gebäude des Jugendzentrums am Aquadrom gehörte ursprünglich zum Freibad. Nach Eröffnung des neuen Freizeitbads wurde es umgenutzt. Der Umbau zum Juz kostete 340 000 Mark, die Einrichtung weitere 75 000 Mark. Die Nähe zum Schulzentrum war ein wichtiges Argument für die Standortwahl.
  • 1999 hatte die Stadt eine Befragung unter jungen Hockenheimern durchgeführt, die sich mehr Angebote und längere Öffnungszeiten, einen „Raum zum Chillen und Abhängen“, wünschten, da das Kinder- und Jugendbüro Pumpwerk eher Jüngere anspricht. Party und Internet und die Möglichkeit, etwas zu essen, waren gewünscht, 2000 und 2001 entwickelten Andrea Späth, Susanne Krauth und Lothar Blank ein Konzept für das heutige Juz.
  • Eingeweiht wurde das neue Haus für Menschen von neun bis 27 Jahren am 24. November 2001 vom damaligen Oberbürgermeister Gustav Schrank.
  • Im Juli 2019 wurde die Fassade des Juz-Gebäudes in bunten, lebensfrohen Farben durch den professionellen Sprayer Pablo Fontagnier neu gestaltet.
  • Seit 1. Juni 2023 hat Paul Rühl die Leitung übernommen. Zum Team gehören aktuell Marc König, FSJlerin Leonie Rohr und Streetworker Christoph Kanzow. Zuvor war ab April 2011 Diplom-Pädagoge Matthias Falke (50) lange Leiter der Einrichtung. mm

Zeitweilig half das Team des Kinder- und Jugendbüros Pumpwerk in der zweiten Jahreshälfte 2022 aus, seit 1. Juni 2023 herrschen mit Paul Rühl wieder die stabilen Verhältnisse, die die Besucher in den Jahren zuvor seit der Eröffnung 2001 gewohnt waren. An seinen ersten Arbeitstag erinnert sich Rühl noch gut: „Der erste Jugendliche saß schon auf der Treppe, als ich zum Aufschließen ankam - er hatte mitbekommen, dass das Juz wieder öffnet und wollte mich unbedingt kennenlernen.“

Erfolgreiche Aufbauarbeit und erste Kontakte

Gleichwohl war zunächst Aufbauarbeit angesagt, denn viele Jugendliche wussten nicht, dass sie das Jugendzentrum wieder besuchen können und was dort eigentlich stattfindet, schaut Rühl zurück.

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Bei der Eröffnung des Skateparks zahlte sich aus, dass das Juz samt Streetworker Christoph Kanzow mit seinem „mobilen Wohnzimmer“ mitmischte - hier seien zahlreiche Erstkontakte geknüpft worden. Allerdings hätten das schöne Sommerwetter und die Ferien die Resonanz zunächst noch eingeschränkt. Wenn die jungen Leute ihren Tag am See oder im Freibad verbringen und erst abends Zeit haben, sei das mit den Öffnungszeiten des Jugendzentrums bis 20 Uhr nicht so gut vereinbar, erklärt Paul Rühl. Da hatten sie eher Kontakt zu Streetworker Kanzow, der ihre Treffpunkt bei Bahnhof und Rewe-Markt, an der Zehntscheune, am Kraichbach oder im Gartenschaupark besucht. Nach den Sommerferien startete Rühl Besuche in Gauß-Gymnasium und Theodor-Heuss-Realschule in Zusammenarbeit mit den dortigen Schulsozialarbeitern. Von der siebten bis zur zehnten Jahrgangsstufe stellte er sich und die Angebote des Juz jeweils eine Viertelstunde vor, brachte eine Powerpoint-Präsentation mit, die die Beschäftigungsmöglichkeiten zeigte und lud die Schüler ein, einfach mal vorbeizuschauen. Vor allem die Playstation 5 machte viele neugierig, die ersten neuen Gesichter ließen nicht lange auf sich warten.

Jugendzentrum in Hockenheim zieht mit neuen Angeboten an

Mit den kälteren Tagen kam die nächste Besucherwelle, sodass bald täglich durchschnittlich 35 bis 40 Jugendliche im Haus waren. „Dann hat die Beziehungsarbeit angefangen, die in der offenen Jugendarbeit das A und O ist“, sagt Rühl. Dafür sei Offenheit und Akzeptanz Voraussetzung: „Hier kann jeder reinkommen, egal, wie er ist und egal, welches Päckchen er zu tragen hat, und alles ansprechen - und das wissen die Jugendliche“, beschreibt er die Grundlage seiner Arbeit.

Basketball mit Blick ins Grüne: Der an die Aquadromwiese angrenzende Käfig mit dem Korb ist bei den Besuchern sehr beliebt und zu jeder Jahreszeit gut frequentiert. © Matthias Mühleisen

Dass sie erfolgreich war, sieht er daran, dass die Jugendlichen nun auch mit Problemen zu ihm kommen - etwa, wenn sie in der Schule am folgenden Tag eine Präsentation abliefern müssen, deren Erstellung sie „voll verrafft“ haben und Hilfe brauchen. Aber auch bei Problemen und Konflikten in der Familie oder in der Beziehung. Hier sei die Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeitern sehr wertvoll, die bei Bedarf weitergehende Ansprechpartner vermitteln könnten.

Mit Atmosphäre im Hockenheimer Jugendzentrum sehr zufrieden

Das Thema Politik bleibt nicht ausgeklammert - etwa vor der Europawahl, bei der schon 16-Jährige ihre Stimme abgeben durften. Aktuell spiele das Thema Social Media und vor allem Fake News eine große Rolle in den Gesprächen - gerade im Hinblick auf Meinungsbildung. Die Marihuana-Legalisierung im April sei ebenso auf großes Interesse gestoßen. „In Hockenheim spielt Marihuana zumindest bei den Jugendlichen, die hierher kommen, meiner Erfahrung nach keine große Rolle“, ergänzt Paul Rühl.

Das gilt auch für Politik, Nationalität, Religion oder Weltanschauung: Für die Besucher, die überwiegend zwischen 13 und 15 Jahre alt sind, seien das keine relevanten Faktoren, es gebe keine dominanten oder rivalisierenden Gruppen. Mit der Atmosphäre im Jugendzentrum sind Rühl, König und Rohr daher „sehr zufrieden.“

Info: Das Juz ist Dienstag bis Donnerstag von 14 bis 20 Uhr sowie Freitag und Samstag von 15 bis 20 Uhr geöffnet. Vom 20. bis 31. August macht das Team allerdings eine Pause, weiter geht’s am Dienstag, 3. September.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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