Im Porträt

Hockenheimer Künstlerin Ruth Reiß beweist Gespür für richtige Proportionen

Die Hockenheimer Künstlerin Ruth Reiß hat sich ihre Maltechniken zum Teil selbst beigebracht und lebt ihre Kunst mal figurativ, mal abstrakt auf der Leinwand aus.

Von 
Maria Herlo
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Die Künstlerin Ruth Reiß in ihrem Atelier vor ihrem Kunstwerk „Frau an der Bar“. © Lenhardt

Hockenheim. Besucht man das Atelier von Ruth Reiß in Hockenheim, taucht man ein in ein vielstimmiges künstlerisches Universum. Sofort fällt der große Tisch ins Auge mit Utensilien zum Mischen von Farben, Pinseln, Farb- und Spraydosen. Rundherum wimmelt es von klein- und großformatigen Bildern in Acryl- und Aquarelltechnik auf Leinwand, wobei einige auf ihre Fertigstellung warten. Hier lebt Ruth Reiß für ihre Kunst, mal figurativ, mal abstrakt, großflächig, intensiv leuchtend. Und man merkt: Sie hat ein Gefühl für Farbräume, koloristische Stimmungen und eine Vorliebe für Acryl- und Aquarellfarben, manchmal in Verbindung mit Pastellkreide.

Ein regelrechter Farbrausch aus Pink, Blau, Orange, Grün und Gelb

Die Farben trägt sie zu Kompositionen auf, die den Betrachter in einen regelrechten Farbrausch von Pink, Blau, Orange, Grün und Gelb versetzt. Der Zugang zu ihren Arbeiten geschieht zunächst auf einer ganz intuitiven Ebene, denn sie haben etwas berührend Direktes.

Diese Wirkung hängt unmittelbar mit der Arbeitsweise von Ruth Reiß zusammen, die einerseits prozesshaft, erforschend ist, andererseits gestisch und schnell. Genau diese Spannung erklärt auch die besondere Ausstrahlung der Kunstwerke. Sowohl ihr malerisches Werk als auch ihre Graffiti-Interventionen, ergänzt durch Installationen, zeugen vom Wunsch der Malerin, ihren eigenen Weg zu gehen, dessen Richtung sich im Laufe der Zeit vom Figurativen zum Ungegenständlichen, Abstrakten gewandelt hat.

Reiß ist im wahrsten Sinne des Wortes eine zeitgenössische Künstlerin, ihre Malweise erneuert sich fortlaufend. „Das Malen“, erzählt sie, „wurde mir in die Wiege gelegt. Ich habe damit schon als Kind begonnen, obwohl meine Eltern mir das nicht vorgelebt haben.“

Die Hockenheimerin Ruth Reiß ist eine Kunst-Autodidaktin

Was sie am Malen fasziniere? „Es ist immer schon mein liebstes Hobby gewesen“, erwidert sie, „das ich bis heute leidenschaftlich gerne ausübe.“ Ein Kunststudium hat sie nicht absolviert, in dieser Hinsicht blieb sie Autodidaktin.

„Ich habe als medizinische Fachkraft gearbeitet und mir die unterschiedlichen Maltechniken teils selbst beigebracht, teils in Aquarellkursen bei Heddy Schmeckenbecher und in Workshops für Mal- und Collagetechniken auf großflächigen Leinwänden bei Veronika Olma“, sagt sie.

„Anregungen nehme ich mir auch aus dem Internet, aber wichtiger als Wissen ist das Erspüren der richtigen Proportionen, das kann man nicht lernen“, fügt sie hinzu, „ich spüre, wenn ein Bild nicht fertig ist, wenn ihm etwas fehlt. Dann arbeite ich daran, bis ich mich damit identifizieren kann.“ Kein Zweifel, dafür braucht man Fähigkeiten, die über synästhetische Qualitäten hinausreichen.

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Wir sitzen im geräumigen Wohnzimmer, beäugt vom Kater Flori und der Katze Nellie, die leisen Begleiter ihres Alltags. Der Blick geht die Wand hoch, wo ein Bild hängt, das drei Frauenköpfe, gezeichnet im Comic-Stil, darstellt. Die kräftigen Konturen verleihen den Gesichtern einen äußerst lebendigen Ausdruck. „Momentan bin ich vom Graffiti-Sprühen fasziniert“, erklärt sie und zeigt in Richtung Küche, wo gegenüber dem großen Fenster bunte geometrische Formen von der Garagenmauer herüberleuchten.

„Meine Vorliebe galt immer schon dem schnellen Karikieren, den Radierungen“, gesteht die Künstlerin, „wenn ich heute einen Beruf wählen dürfte, würde ich mich für Gerichtszeichnerin entscheiden.“ Neben dem Malen nimmt das Zeichnen denn auch immer noch einen wichtigen Raum in ihrem Schaffen ein.

Vor fast 30 Jahren ist Ruth Reiß in das Haus in Hockenheim eingezogen

Ihrem Hobby konnte sie sich ganz hingeben, als sie vor fast 30 Jahren in das Haus in Hockenheim eingezogen ist. „Hier hatte ich endlich genügend Platz, meine Utensilien auszubreiten und die Freiheit zu malen, wenn es mir danach ist.“

Inspirationsquellen sind zurzeit insbesondere Häuser und die Pop-Art, deren Einfluss in den „Frauenköpfen“ unübersehbar ist. Es sind eigene Erlebnisse, die sie darin verarbeitet. „Köpfe und Kulissen“ ist auch das Motto der Ausstellung, zu der sie am Sonntag, 5. November, schon zum sechsten Mal in die Zahnarztpraxis „Dunker und Kollen“ in Mannheim-Neckarau einlädt.

Ruth Reiß zeigte bereits in diversen Ausstellungen einen Querschnitt ihrer Arbeiten, 2008 beispielsweise in der Hauptstelle der Sparkasse Hockenheim oder 2012 im S-Vermögensmanagement Center. Was ist das Besondere an der Zahnarztpraxis? „Hier stehen mir für lange Zeit 200 Quadratmeter zur Verfügung mit einem großen Empfangsbereich und drei geräumigen Behandlungszimmern. Da kann ich auch meine großformatigen Bilder zeigen.“

Freie Autorin

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