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Hockenheimer Momente: Besondere Ausstellung im Lutherhaus

Die Künstlerin Christina Lourenço erzählt, was ihre Fotografien auszeichnet – Ihre Ausstellung "Hockenheimer Momente" öffnet am Freitag im Martin-Luther-Haus.

Von 
Markus Müller
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Im Spiel von Licht und Schatten sowie vor dem Hintergrund eines tollen Sonnenuntergangs entstand das „Schattengeflüster“. © CHRISTINA LOURENCO

Hockenheim. Ein Motorradfahrer, der auf dem Hockenheimring Vollgas gibt. Er ist in allen Details knackscharf zu erkennen, seine Umgebung nur verwaschen. Mit Momentaufnahmen wie diesen fängt Fotokünstlerin Christina Lourenço nicht nur den Zauber des Augenblicks ein, sondern auch dessen Dynamik. Manche ihrer Fotografien ziehen den Betrachter förmlich ins Bild. 24 davon zeigt sie von Freitag, 25., bis Sonntag, 27. Oktober, im Martin-Luther-Haus in Hockenheim.

„Fotografie war schon immer meine Leidenschaft, seit meiner Kindheit und in meiner Jugend“, verrät Lourenço. Mit der analogen Spiegelreflexkamera ihres Vaters sei sie damals losgezogen, um erste Erfahrungen zu sammeln und zu experimentieren. Später hat sie Kurse an der Volkshochschule absolviert, ihre Fotos im Labor entwickelt, sich immer mehr Wissen angelesen und alles Wichtige selbst beigebracht. „Ich bin eine Autodidaktin“, sagt die heute 46-Jährige.

Künstlerin Christina Lourenço stammt auf Hockenheim

Passenderweise habe sie nach dem Schulabschluss ursprünglich Fotografin werden wollen. „Doch das wurde mir erfolgreich ausgeredet – mit dem Hinweis, es sei eine brotlose Kunst“, erzählt die Künstlerin, die zurzeit in Iffezheim lebt und davor zwei Jahre in Hockenheim sowie zehn Jahre in Reilingen zu Hause war. Also habe sie brav Lehramt studiert und 18 Jahre lang an der Grundschule unterrichtet. Die Fotografie –ihre wahre Leidenschaft – habe sie indes nie losgelassen. Ausgelebt hat sie diese in ihrer Freizeit unter anderem als Mitarbeiterin unserer Zeitung, indem sie Artikel mit ihren Bildern bereicherte. Bei ihrer Arbeit als Lehrerin hingegen fehlte dazu die Gelegenheit. „Und irgendwann merkte ich, dass ich in diesem Beruf unglücklich bin. Es hat sich nicht richtig angefühlt“, berichtet sie.

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Also legte Lourenço eine Pause ein, ein sogenanntes Sabbatjahr. Das war 2021. In dieser Zeit sei der Entschluss gereift, die wirtschaftlich sichere Laufbahn als Lehrerin aufzugeben und ihren einstigen Traum endlich zu verwirklichen: „2022 bin ich aus der Schule komplett ausgestiegen und habe mich als Fotografin und Künstlerin selbstständig gemacht“, erklärt sie. Ein mutiger Schritt – vor allem mitten in der Corona-Pandemie – aber der richtige. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, was ganz gut war. So konnte ich mich voll auf die Fotografie konzentrieren“, blickt die Künstlerin zurück. Trotz Corona habe sich von Anfang an alles in die richtige Richtung entwickelt. Dass sie so schnell im Eventbereich und der Kunstszene Fuß fasst, habe sie überrascht. Mittlerweile ist Lourenço international tätig. „Ich arbeite mit einer Galerie in Madrid zusammen. Und nächstes Jahr werden meine Bilder in Paris zu sehen sein“, nennt sie Beispiele. Der Schritt in die Selbstständigkeit habe sich ausgezahlt. „Der Erfolg ist da. Ich bekomme durchweg positives Feedback, das ist schön. Ich bin dankbar, dass es so ist“, sagt sie und schiebt hinterher: „Jetzt bin ich glücklich.“

Manche der Fotos, die Besucher im Martin-Luther-Haus erwarten, hatte Lourenço bereits im Kasten. Sie stammen aus einer Ausstellung, die sie vergangenes Jahr in Baden-Baden zum Thema Fotodynamik gemacht hat und die Hockenheimer Motive haben, unter anderem den Wasserturm. Dafür habe sie die ICM-Methode verwendet. „ICM steht für Intentional Camera Movement“, erläutert sie die Abkürzung des englischen Begriffs. Dabei spiele sie mit der Verschlusszeit, die verlängert werde. „Im Moment des Auslösens bewege ich die Kamera und erziele so verschiedene Effekte“, sagt die 46-Jährige. Zum Beispiel wie bei dem Motorradfahrer, dass das Objekt im Fokus scharf sei und die Umgebung verschwommen. So entstehe ein dynamischer Eindruck, der Betrachter förmlich ins Bild ziehe. Ebenso gut könne das gesamte Foto verwaschen ausfallen. „Manchmal wirkt ein Bild aber auch, als wäre es mit der Kamera gemalt“, beschreibt Lourenço einen weiteren möglichen Effekt.

Ausstellung in Hockenheim: Atemberaubende Aufnahmen von der Rennstadt

Hin und wieder habe sie eine grundsätzliche Idee im Kopf, etwa die Abendstimmung einzufangen. Am liebsten ziehe sie aber einfach los und lasse sich inspirieren, verrät Lourenço. Eine sehr ergiebige Quelle für Einfälle sei die Natur, in der sie sich ohnehin gerne aufhalte – nicht zuletzt Tiere. „Wenn ich im Flow bin, entstehen mitunter mehrere Fotos auf einmal. Das ist wie Meditieren für mich, da bin ich ganz bei mir und zwei bis drei Stunden völlig versunken. Entsprechend steckt immer auch viel von mir mit drin“, erzählt die Iffezheimerin. Außerdem inszeniert sie Gebäude aus verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Lichtstimmungen. Zudem verwende sie oft alte Linsen und mehrere Aufnahmetechniken. „Ich versuche, alles aus der Kamera herauszuholen“, sagt sie.

Denn vom Nachbearbeiten am Computer halte sie nicht viel. „Selbstverständlich entferne ich da mal Staubpartikel, aber ich möchte das möglichst gering halten. Ich bin keine Freundin von Photoshop und Co.“ Beim Ausstellen ihrer Werke spiele zudem das Material eine Rolle, auf dem sie diese im Format 50 mal 75 Zentimeter oder 40 mal 60 Zentimeter präsentiert. „Auf Leinwand drucke ich zum Beispiel diejenigen, die malerisch wirken“, erklärt Lourenço. Auf Acryl kämen sehr farbige Motive gut zur Geltung.

Bei der Ausstellung in Hockenheim trägt sie auch ein klein wenig ihrem Umzug von der Rennstadt in die Galoppgemeinde Rechnung, indem sie neben naheliegenden Fotografien vom Hockenheimring ein Motiv von der Iffezheimer Galopprennbahn untergebracht hat. „Die übrigen 23 Bilder sind aber ausnahmslos in Hockenheim entstanden“, bekräftigt sie. Für einige davon sei sie extra noch mal losgezogen und habe sie eigens für die Momente-Ausstellung angefertigt.

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Und ist das Fotografieren nun tatsächlich eine brotlose Kunst? Lourenço lacht kurz. „Nein, das ist es für mich jetzt schon nicht mehr.“ Obwohl sie diesen Karriereweg noch nicht allzu lange beschreite, könne sie davon gut leben.

Die Ausstellung im Luther-Haus, die der Kunstverein organisiert, sei über dessen Vorsitzenden Christian Kramberg zustande gekommen. „Er rief an und sagte, dass sie gerne mal etwas anderes ausprobieren würden“, erzählt die Künstlerin. Da Fotografie im Verein niemand abdecken konnte, habe sich der Vorsitzende an die ehemalige Hockenheimerin gewandt – zumal er ihre Bilder von Whatsapp und Instagram gekannt und gut gefunden habe. „So hat sich alles schön gefügt“, sagt Lourenço.

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