Hoggema G’sichter

Hockenheimerin ist mit Leib und Seele Krankenschwester

Von 
Maria Herlo
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Ulla Kurtz in voller Schutzmontur: In der Corona-Krise übernimmt sie die regelmäßigen Tests ihrer Kollgen und Mitarbeiter. © Lenhardt

Hockenheim/Ketsch. Sie war in der ambulanten Pflege tätig, ist gelernte Krankenschwester und bis heute für das „Café Lichtblick“ in Altlußheim sowie für die „Kochgruppe“ in Reilingen zuständig: Ulla Kurtz. Das Gespräch mit ihr findet in einem großen, gut durchlüfteten Raum im Gebäude der Kirchlichen Sozialstation, Obere Hauptstraße 47, statt.

Sie trägt einen weißen Schutzanzug mit Haube, eine Maske, Visier und zwei Paar Handschuhe, wobei das äußere Paar nach jeder Testperson gewechselt wird. Eben testet sie eine Mitarbeiterin, dabei legt sie die eine Hand behutsam auf den Hinterkopf und führt mit der anderen einen Wattetupfer ins linke Nasenloch ein, dreht ihn ein paar Mal um und zieht ihn wieder heraus. In einigen Sekunden ist alles überstanden. Davor jedoch klärt die Krankenschwester die Testperson über etwaige Nebenwirkungen auf und schildert kurz, was sie gerade tut.

Einweisung durch Hausarzt

Zur Person: Ulla Kurtz

Ulla Kurtz ist 1959 in Landau, Pfalz, geboren und in Ilvesheim aufgewachsen. 1974 zog sie mit ihrer Familie nach Brühl, 1982 nach Ketsch.

Von 1978 bis 1981 absolvierte sie im Theresienkrankenhaus Mannheim eine Ausbildung zur Krankenschwester.

1983, nach der Geburt ihres Sohnes, ist sie in der ambulanten Pflege tätig geworden. Ihr Berufsleben war geprägt von regelmäßigen Fort- und Weiterbildungen, auch im Bereich der Motogeragogik.

Seit September 2008 leitet sie das „Café Lichtblick“ und seit 2016 die „Kochgruppe“. Im Jahr 2016 hat sie auch das „Café Augenblick“ ins Leben gerufen.

Seit 2006 macht sie Pflegeberatung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen.

Ulla Kurtz ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und Sohn in Ketsch.

Entspannung findet sie im Verein MSC Ketsch und bei Motorradtouren mit ihrem Ehemann als Sozius. her

„Die Mitarbeiter werden zweimal in der Woche von 6 Uhr morgens bis 12 oder 13 Uhr getestet“, berichtet Ulla Kurtz, während sie den Schutzanzug abstreift. Nach einer Einweisung eines Hausarztes ist sie zur Durchführung der Tests berechtigt. „An einem Tag kommen circa 60 bis 70 Tests zusammen, heute waren es bisher so um die 60.“ Auf die Frage, wer getestet wird, gibt sie detailliert Auskunft: „Kollegen und Kolleginnen, die im ambulanten Bereich tätig sind – die Krankenschwestern und Pfleger unserer Einrichtung, die Mitarbeiter der Hauswirtschaft, der Demenz-Gruppen und der Demenz-WGs, die Hospiz-Begleiter sowie die Bewohner, kurz alle Mitarbeiter sowie die Bewohner des Liliane-Juchli-Hauses.“

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Und sie definiert klar das Ziel: „Es geht darum, mit dem Virus infizierte Personen zu identifizieren. Nach fünfzehn Minuten herrscht Gewissheit. Wenn ich mich bei den getesteten Personen nicht melde, bedeutet es, dass der Test negativ war. Bisher hatten wir kein einziges positives Ergebnis“, ist Kurtz froh, niemandem eine schlechte Nachricht übermittelt haben zu müssen.

Ist so ein intensives Arbeiten nicht anstrengend? Bescheiden winkt sie ab: „Wenn ich mal frei habe oder nicht zur Verfügung stehe, dann springen zwei Kolleginnen, Katja Pavosevic und Sabrina Bühler, ein. Ansonsten stelle ich mich gerne dieser Herausforderung.“ Tatsächlich, wenn man diesen Beruf wählt, ist eine große Portion Idealismus nötig. „Das Motiv, den Menschen zu helfen, sie zu unterstützen, steht bei mir im Vordergrund, ich bin mit Leib und Seele Krankenschwester“, gesteht die heute 61-Jährige.

Die Themen Gesundheit und Pflege begleiten sie schon ihr ganzes Berufsleben lang, „neben der Leitung der beiden oben erwähnten Einrichtungen mache ich heute hauptsächlich Pflegeberatung“, sagt Ulla Kurtz und macht die Schwerpunkte ihrer Arbeit vor Corona deutlich.

„Die ökumenische Sozialstation ist 1980 gegründet worden“, stellt Pflegedienstleiter Micha Böbel zunächst kurz die Einrichtung vor. „Hier sind um die 150 Mitarbeiter tätig in der ambulanten Pflege, im betreuten Wohnen, in der Betreuung von Menschen mit Demenz und im Hospizdienst.“ Ulla Kurtz ist fast schon von Anfang an dabei, seit 1984, mit einer zweijährigen Unterbrechung. „Ich habe alle Umzüge mitgemacht“, sagt sie lachend.

Um immer auf den aktuellen Stand zu sein, erweiterte sie durch regelmäßige Qualifikationen, auch im Bereich Motogeragogik (Persönlichkeitsförderung durch Bewegung im Alter), ihre Kenntnisse. Bei ihrer Beratungstätigkeit nach Paragraf 37 geht es vor allem darum, Pflegebedürftige zu Hause praktisch und fachlich zu unterstützen, auch was die Leistungen der Kranken- und Pflegekassen und Feststellung des Pflegegrads betrifft.

Viel weiß Ulla Kurtz vom Angebot des „Café Lichtblick“ und der „Kochgruppe“ zu erzählen sowie des „Café Augenblick“, das sie zwar aus der Taufe gehoben hat, heute aber von der Altenpflegerin Monika Weis geleitet wird. Die Hauptaufgabe dieser Treffs sieht Ulla Kurtz darin, den pflegenden Angehörigen einige Stunden in der Woche Entspannung zu ermöglichen. „Die Gäste werden mit einem Fahrdienst von daheim abgeholt, die Betreuungsgruppen bieten ihnen, unterstützt von Ehrenamtlichen, einen kurzweiligen Aufenthalt mit Basteln, Spaß, Gedächtnistraining und Bewegung. Außerdem wird viel erzählt, gelacht und gesungen in diesen Gruppen“, berichtet Kurtz und auch, wie dankbar die Angehörigen für dieses Angebot sind. „Ehegatten, die ihren Partner pflegen, oder Kinder von pflegebedürftigen Eltern sind ja fast 24 Stunden im Einsatz. Ein- oder zweimal in der Woche können sie durchatmen, etwas allein unternehmen in der Gewissheit, dass die Pflegebedürftigen in guten Händen sind.“ Die „Kochgruppe“ bietet ein Mittagessen an, „vor Corona durften die Gäste mithelfen, es vorzubereiten, jetzt geht das leider nicht mehr“. Das Schöne an diesen Treffs ist, dass Demenzkranke wieder unter Leute kommen und die Gemeinschaft genießen, „da blühen sie richtig auf“, weiß Kurtz aus ihrer Erfahrung. Ihr Arbeitsalltag vor Corona war somit geprägt von den Vorbereitungen, den Aufenthalt der zwölf bis 14 Gäste so angenehm wie möglich zu gestalten.

Wie ein Blitz

„Dann kam Corona, das uns wie ein Blitz traf“, erinnert sich die Krankenschwester, „Mitte März 2020 mussten wir die Einrichtungen schließen.“ Allein wurden die Demenzkranken trotzdem nicht gelassen, „unter besonderen Schutzmaßnahmen sind wir in Kontakt geblieben. Die Mitarbeiterinnen haben kleine Aufmerksamkeiten gebastelt und ich habe sie dann unseren Gästen der Betreuungsgruppen vorbeigebracht.“ Im Juni 2020 gab es dann wieder Lockerungen, „doch nichts war mehr wie vorher. Jeder Gast und Mitarbeiter saßen allein an einem Tisch, jeder hatte seine eigene Ablage, es durfte nicht mehr gesungen werden, trotzdem wurde das Angebot gut angenommen“.

Ende November dann kam der zweite Lockdown, „aber seit Montag, 3. Mai, dürfen wir laut Gesetzgeber am Anfang für jeweils zwei Stunden die Demenz-Cafés öffnen“, freut sich Kurtz, den Gästen ein bisschen Abwechslung anzubieten, „die meisten sind ja schon geimpft“. Ihr großartiger Einsatz während der Corona-Krise kann nicht genug gelobt werden. Dass sie dabei sich selbst schützt, ist selbstverständlich, denn „nur wer gesund ist, kann anderen zur Gesundheit verhelfen“, ist ihr Credo.

Freie Autorin

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