Hoggema G’sichter (Teil 3) - Stadtbibliotheksleiter Dieter Reif über Änderungen durch Corona, seine Hündin „Hexe“ und Ruhestandspläne

Hockenheims Bibliotheksleiter Dieter Reif über Ruhestand und Zukunft

Von 
Elke Barker
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Ein eingespieltes Team: Seine Hündin „Hexe“ aus Mallorca begleitet Dieter Reif seit zwölf Jahren täglich auf Spaziergängen – und auf die Gartencouch. © Lenhardt

Wechselhaft sind die (Corona-)Zeiten allerorts. Davon weiß auch Dieter Reif ein Lied zu singen, der seit 1988 die Stadtbibliothek leitet. Ende Oktober geht er in den Ruhestand. Wie er die letzte Zeit in seinem Job erlebt und welche Pläne er für die Zukunft hat, darüber sprach er mit unserer Zeitung.

Derzeit bietet die Stadtbibliothek ihren Nutzern Click & Meet, also die Abholung von Medien vor Ort nach Anmeldung per E-Mail oder Telefon an. Wird das gut angenommen?

Dieter Reif: Viele haben sich in der Tat sehr gefreut, als die Bibliothek Mitte März wieder ihre Tore öffnen durfte. Nach vorheriger Anmeldung per E-Mail oder Telefon können jetzt fünf Leute im Halbstundentakt durch die Regale schlendern und sich Lesestoff ausleihen. Die ersten zwei, drei Wochen war da ziemlich viel los, denn es mussten die vor Weihnachten entliehenen Bücher zurückgebracht werden. Mittlerweile hat sich die ganze Sache aber gut eingependelt und läuft entspannt.

Wie kommen Sie und Ihre Mitarbeiter mit der derzeitigen Situation klar?

Reif: Die sich ständig ändernden Verordnungen fordern uns natürlich, sind anstrengend und zuweilen auch nervig. Im vergangenen Jahr hatten wir ja so ziemlich alles: die komplette Schließung und alle Mitarbeiter im Homeoffice während des ersten Lockdowns, eine Begrenzung auf zehn Nutzer in der Bibliothek im Sommer, dann im Winter den Lockdown light mit Click & Collect, wo die Leser selbst im Internet aktiv werden mussten, jetzt Click & Meet. Das muss bewältigt werden, aber bisher ist uns das zum Glück gelungen. Ich muss hier einmal unseren Lesern ein großes Lob aussprechen. Denn auch sie mussten sich diesen ständig wechselnden Vorgaben und Beschränkungen anpassen, was ohne Murren akzeptiert wurde.

Hat sich das Leseverhalten in der Krise verändert – wird mehr oder weniger gelesen? Wie sieht es mit der E-Book-Ausleihe aus?

Reif: Da hat sich von den Zahlen her gar nicht viel verändert. Was aber in der Phase der kompletten Schließung von Kindergärten und Grundschulen auffiel, war die verstärkte Nachfrage nach Bilderbüchern und Sachbüchern für Kinder. Bei der E-Book-Ausleihe war es hingegen so, dass die Nachfrage im ersten Lockdown sehr hoch war, dann aber auf das vorherige Niveau gesunken ist.

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Nicht nur die Bücherei war im letzten Jahr eingeschränkt geöffnet, viele Veranstaltungen mussten ausfallen. Etwa der Bucht(r)ipp . . .

Reif: Ja, der Bucht(r)ipp wurde zum dritten Mal in Folge verschoben. Hockenheim war es bisher noch nicht vergönnt, mit dem 25. Jubiläums-Bucht(r)ipp nach Kanada zu reisen. Ich hoffe sehr, dass das im Oktober möglich sein wird. Das wäre dann auch eine meiner letzten oder vielleicht sogar die letzte Veranstaltung als Leiter der Bibliothek.

33 Jahre schon leiten Sie die Bibliothek, wohnen Sie in Hockenheim. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Reif: Ich komme ursprünglich aus Bensheim-Auerbach, habe in Stuttgart Bibliothekswesen studiert, war sechseinhalb Jahre in Pirmasens stellvertretender Bibliotheksleiter und Leiter der Kinder- und Jugendbibliothek, bevor ich 1988 nach Hockenheim kam. Dass ich so lange bleiben würde, habe ich damals nicht gedacht. Aber die Zeit vergeht schnell.

Fühlen Sie sich denn als Hockenheimer?

Reif: Gefühlt muss man mindestens fünf Generationen hier leben, um dazuzugehören (lacht). Nein, Spaß beiseite: Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl. Meine Frau arbeitet als Bibliothekarin in der Hochschule für Rechtspflege in Schwetzingen. Meine beiden Kinder sind hier aufgewachsen, haben am Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium Abitur gemacht, wo ich auch Elternbeiratsvorsitzender war. Meine Frau Sibylle und ich haben viele Jahre im Ensemble des Pumpwerks „Neue Ostkurve“ Theater gespielt. Ich war außerdem beim Verein „Single Malt Club“ engagiert. Da wächst man zusammen, verwurzelt über die Jahre, wird heimisch. Nicht zuletzt auch in der Natur, die ich mit unserer Hündin „Hexe“ jeden Tag im Wald beim Spazierengehen entdecke.

Erzählen Sie uns ein wenig mehr von ihrer Hündin?

Reif: Unsere „Hexe“ stammt aus Mallorca, wo sie als herrenlose Hündin gefunden wurde. Von dort kam sie zunächst nach Limburg, wo wir sie im Alter von sechs Monaten abgeholt haben. Wir haben sie übers Internet gefunden. Die Familie ist hingefahren, wir haben sie gesehen und es war Liebe auf den ersten Blick. Das war vor mehr als zwölf Jahren und wir haben es nie bereut.

Auch wenn Sie um 6.30 Uhr zum täglichen Gassigehen in den Wald aufbrechen müssen?

Reif: Das kann mitunter schon hart sein, das ist richtig. Vor allem im Winter oder wenn das Wetter schlecht ist. Im Sommer ist es allerdings immer sehr schön. Es tut einem ja auch gut, wenn man vor der Arbeit vier Kilometer spazieren geht.

Werden die Spaziergänge denn im Ruhestand ausgedehnt?

Reif: Das nicht unbedingt, aber sicher werde ich ab und zu etwas später unterwegs sein, denn ich muss schließlich nicht um 9 Uhr am Schreibtisch sitzen. Dieser gewisse Zeitplan, der halt immer da ist, wenn man arbeitet, wird wegfallen und darauf freue ich mich.

Worauf freuen Sie sich noch?

Reif: Darauf, den „lieben Gott auch mal einen guten Mann sein zu lassen“ und mich entspannt in meinen Garten zu setzen, einfach mal nichts zu tun. Da meine Frau noch zehn Jahre arbeiten muss, wird im Alltag sicher ein wenig Hausarbeit dabei sein, aber das macht nichts. Auch den einen oder anderen Urlaub würde ich mir wünschen, zum Beispiel möchte ich unbedingt noch einmal nach Schottland. Oder mit dem Wohnwagen unterwegs sein, der derzeit in Sandhausen im Winterquartier steht. Freundschaften intensivieren und neue Leute kennenlernen wäre toll.

Was werden Sie vermissen?

Reif: Meine Mitarbeiter, das ist klar. Wir haben immer am gleichen Strang gezogen, ich habe gerne mit ihnen zusammengearbeitet, sie als Mensch und mit ihren fachlichen Kompetenzen geschätzt. Und selbst wenn es mal Probleme gab, fanden wir immer Lösungen. Und natürlich die vielen Gespräche mit den Lesern, die ich sehr genossen habe. Ich wünsche mir, das in der einen oder anderen Form fortsetzen zu können.

Zum Abschluss noch eine Frage: Wenn Sie drei Wünsche für die Zukunft frei hätten, würden Sie die uns verraten?

Reif: Warum nicht. Gesundheit steht an erster Stelle, für mich und meine Familie, aber auch für Freunde. Viel gemeinsame Zeit mit meiner Frau, meiner Familie, für Wanderungen, Reisen. Und Normalität, dass irgendwann alles so wird wie vor 2020.

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