Hockenheim. Gemeinsam boxen wir uns durch das Jahr 2025: Dieses Motto hatte die Verwaltung für den Neujahrsempfang in der sehr gut besuchten Stadthalle ausgegeben. Passend dazu durften die vielen Gäste den Oberbürgermeister in einer völlig ungewohnten Rolle bewundern: Mit Boxhandschuhen bestückt stellte sich Marcus Zeitler in einem improvisierten Ring - das nötige Seil hielten Mitarbeiter des Bauhofs im Rechteck gespannt - auf der Bühne dem Duell mit Melina Maibaum.
Die 25-Jährige hatte im August auf dem Hockenheimring den WBC-International-Gürtel im Superbantam-Gewicht gewonnen. Die bisherigen elf Kämpfe in ihrer Karriere habe sie alle für sich entschieden, berichtete Zeitler hinterher.
Rückblick auf Glücksgefühle Festival und AC/DC-Konzert
Eine dicke Lippe riskierte er bei dem kurzen Schaukampf jedoch nicht: Die Athletin, Trägerin des schwarzen Gurts in Karate und Kickboxen, ging behutsam mit dem Hockenheimer Rathauschef um. So konnte dieser, noch leicht außer Atem, aber wohlauf verkünden: „Wir sind stolz darauf, dass sie diesen Titel bei uns gewonnen hat. Melina hat sich alles selbst erarbeitet und sich durchs Leben geboxt.“ Zugleich sei ihr Erfolg ein Beleg dafür, dass Hockenheim mehr sei als eine Rennstadt. „Wir sind eine Sportstadt und jetzt auch eine Boxlocation.“ Und außerdem: „Wir können jedes Event ausrichten“, erklärte er.
So seien sowohl das Glücksgefühle Festival mit 200.000 Besuchern im September als auch das AC/DC-Konzert mit 100.000 Gästen im Juli hervorragend gelaufen. „Wir haben aus unseren Erfahrungen bei Bruce Springsteen 2023 gelernt“, sagte Zeitler. Lediglich einige wenige - gemessen an der Gesamtbesucherzahl 0,0013 Prozent - hätten sich später trotzdem beschwert, nicht zuletzt in der Zeitung. Einem Journalisten legte er nahe, sich künftig wieder auf Tischtennis zu konzentrieren. Er habe außerdem einem Leserbriefschreiber aus Berlin geantwortet, dass beim AC/DC-Auftritt an einem Tag das Fünffache der rund 22.000 Einwohner Hockenheims in die Stadt strömte.
„Wie würde Berlin reagieren, wenn bei vier Millionen Einwohnern 20 Millionen Besucher kommen?“ Außerdem sollten sie in Berlin lieber das Wählen üben und sich Kritik an den Hockenheimern sparen, sagte der Oberbürgermeister. Dafür erntete er herzhafte Lacher und reichlich Beifall der Saalgäste. Das gelang ihm erneut beim Thema Kläranlage. Der Bau des neuen Regenrückhaltebeckens habe sich wegen eines Lurchs leider um ein Jahr verzögert. „Ich glaube, er ist jetzt in Reilingen, herzlichen Glückwunsch“, scherzte Zeitler in Richtung seines dortigen Amtskollegen Stefan Weisbrod.
Das Aquadrom sei in die Jahre gekommen, weshalb zunächst die Fliesen von 1979 erneuert werden mussten und nun ein Filter kaputt sei. Zu dem Hinweis, jedes normale Unternehmen halte Ersatzteile bereit, erwiderte der OB: „Wir reden hier von einer Anlage, die 250 mal 175 Meter groß ist und eine Viertelmillion Euro kostet.“ Das Stadtwerke-Team tue alles, um das Bad wieder öffnen zu können.
Den Schülern des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums, ihren Eltern und den Lehrern dankte OB Zeitler, dass sie die Sanierungsbaustelle im laufenden Betrieb und die damit verbundenen Einschränkungen schon seit vier Jahren aushalten. „Trotzdem haben die Kinder das Abi geschafft“, hob er hervor und kündigte an, die Arbeiten würden wohl 2025 abgeschlossen. Gemeinderat und Verwaltung seien sich ihrer Aufgabe bewusst, mehrere Millionen Euro wären in den zurückliegenden Jahren in das Vorhaben geflossen.
Bürger profitieren von Online-Angebot der Stadt
Ein Extra-Lob gab es für den Bauhof, der unermüdlich dafür sorge, dass in der Stadt alles läuft und sauber ist. Die Ausstattung sei weitestgehend auf elektrische Geräte umgestellt. Zudem werde der Neubau des Betriebsgebäudes bald fertig.
Gut voran kam dem Hockenheimer OB zufolge die Digitalisierung im Rathaus. Weit über 100 Dienstleistungen stünden für die Bürger inzwischen online bereit. „Greifen Sie auf diese Angebote zurück“, forderte er die Zuhörer auf und lobte die IT-Abteilung sowie die Beteiligten in den Schulen, die ihren Teil dazu beitrügen.
Aufruf zum Wählen am 23. Februar
Ein großes Thema im vergangenen Jahr seien die Kommunalwahlen gewesen. Er danke allen Bewerbern, die für die demokratischen Parteien kandidierten. Zugleich ermunterte er alle, die es nicht in den Rat schafften, sich weiter in den Parteien zu engagieren. Im Hinblick auf die Bundestagswahl am 23. Februar appellierte Zeitler an die Bürger, ihr Recht wahrzunehmen: „Ich bitte Sie, gehen Sie wählen und unterstützen Sie die demokratischen Parteien.“
Als er vor fünf Jahren sein Amt antrat, sei der Hockenheimring sein größtes Sorgenkind gewesen. „Inzwischen der das Einzige, was mir keine Sorgen mehr macht“, ließ der Verwaltungschef seine Zuhörer wissen. Der Vertrag zur Zukunft des Rings sei in Arbeit. „Wir hoffen, dass er ein Teil unserer Stadt bleibt und denken, dass wir die richtigen Partner gefunden haben.“ Darüber hinaus sei der Vertrag mit den Glücksgefühle-Veranstaltern um zwei Jahre verlängert worden.
Das größte Projekt rücke mit dem geplanten Kita-Bau am Reiterplatz näher. Dieser werde zehn Gruppen Platz bieten und voraussichtlich 15 Millionen Euro verschlingen. „Es wird ein Vorzeigekindergarten“, war der OB überzeugt. Bis 2027 solle er fertig werden. Das brachte ihn zu den Finanzen. Obwohl in vielen Klausurtagungen bereits alles aus dem Haushalt für 2025 gestrichen wurde, was sich irgendwie noch verkraften ließ, plane die Stadt aktuell mit einem Minus von 9,3 Millionen Euro.
Ehrenamtliche in vielerlei Hinsicht unverzichtbar
Die von Bund und Land beschlossenen Vorgaben und Ansprüche seien da, aber dieses Level nicht zu halten. Wer die kommunale Selbstverwaltung derart einschränke, stelle die Gemeinde vor den Abgrund. Kreisumlage, Steuern, steigende Personalkosten: „Wer soll das noch bezahlen? Und woher sollen wir die Leute nehmen?“, rückte Zeitler zwei wichtige Fragen in den Mittelpunkt.
Schon jetzt sei vieles nur noch durch den Einsatz der unzähligen Ehrenamtlichen möglich. Weshalb er dazu aufrief, die Vereine und Institutionen in der Stadt aktiv zu unterstützen. Sie suchten immer Helfer und neue Mitglieder. Und so kam er angesichts all der Herausforderungen zurück auf das Motto des Abends: „Gemeinsam boxen wir uns durch.“ Das kann der OB mit den neuen schwarzen Boxhandschuhen, die ihm Melina Maibaum schenkte.
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