Pumpwerk

Irish Folk vom Feinsten mit „Paddy goes to Holyhead“ in Hockenheim

Gefeierter und umjubelter Auftritt der Kultband „Paddy goes to Holyhead“: Gemeinsam sang und spielte sich die Dreifaltigkeit des Folk durch ihre Hymnen, Gassenhauer und durch zahlreiche Klassiker.

Von 
Matthias H. Werner
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Violinistin Almut Ritter (v. l.), Hartmut Kligge alias Paddy Schmidt und Bassist Uwe Bender bei ihrem gefeierten Auftritt im sehr gut besuchten Pumpwerk. © Lenhardt

Hockenheim. 35 Jahre hat die Band auf dem Buckel – und wie im wahren Leben waren diese dreieinhalb Jahrzehnte geprägt von Freud und Leid, rasanten Aufs und schmerzhaften Abs, immer waren sie aber Teil des Hockenheimer „Pumpwerks“, wo die Formation am Samstagabend erneut Station machte.

„Paddy goes to Holyhead“ (PGTH) war für die Fans eine Zumutung – eben noch frenetisch gefeierte Band in kleinen Kellern, dann die Erfinder des Irish-Rock, Chartstürmer mit dem 1994 erschienenen Album „Ready for Paddy?“, 2001 dann der Bruch, als Mastermind Paddy Schmidt die Band für einen kurzen, Ausflug in reine Solo-Gefilde verließ und 2005 dann die Auferstehung mit seither oft wechselnden Besetzungen.

Zum Barrique gereift

Große Namen hat man gefeiert – grandiose Geiger wie Mathias Kohlmann oder Helen Mannert, Keyboard-Urgestein Jo Naumann oder den fulminanten Drummer Kalle Spriestersbach – und sich dann doch wieder verabschieden müssen.

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Das sich nun verfestigende Dreigestirn allerdings scheint so etwas wie ein soundmäßiges Destillat aus drei Dekaden: Die Dominanz des traditionellen Folk aus den Anfangsjahren, den rassigen Rock der „klassischen“ PGTH-Zeit und die reife, ab dem neuen Jahrtausend mit jedem Jahr deutlich emotionsgeladenere Spielart haben sie zu einem edlen Barrique vergoren, der die ganze Tiefe und Breite der vielen künstlerischen Einflussfaktoren der Vergangenheit aufklingen lässt.

Im Zentrum heute wie immer der unumstrittene König der deutschen Irish-Folk-Szene, der aus dem Norden stammende Hartmut Kligge alias „Paddy Schmidt“, dessen whiskeydunkle Stimme Rückgrat und Stilprägung ist – ob mit dem rasenden Einheizer „Far away“, dem tiefemotionalen Gänsehaut-Garanten „Titanic“ oder beim Mitsing-Kultklassiker „500 Miles“: Paddy Schmidts Stimme, eine einzigartige Mischung aus Melancholie und natürlicher Authentizität paart sich mit einer stets vorwärtstreibenden Gitarre, einem inzwischen virtuosen Mundharmonikaspiel und einer atemberaubenden Bühnenpräsenz.

Als Basis des PGTH-Sounds steht chillig und als gewitzter Stichwortgeber der seit 2005 als Dauerbrenner fungierende Bassist Uwe „Uhu“ Bender mit ideenreichem, hoch künstlerisch geprägtem Ton, der akzentuiert und gleichzeitig vertraut klingt.

Und als Sahnehäubchen die 2016 nach langen Jahren der Pause zurückgekehrte „PGTH-Traumfrau“, die studierte Violinistin, Komponistin und Produzentin Almut Ritter, die bereits von 1993 bis 1997 eine so frenetische Fangemeinde um sich scharte, dass in den Jahren der Pause viele sehnsüchtig zurückdachten an den perfekten Strich, mit dem die routinierte Geigerin für einen wehmütigen, höchst emotionsgeladenen Ton sorgt, warm, manchmal auch feurig aber immer unmittelbar ins Ohr und Herz des Auditoriums treffend.

Gemeinsam sind sie PGTH – Grundbegriff eines fantasievollen, höchst verlässlichen, berührenden und mitreißenden Irish Folk der obersten Kategorie.

Gemeinsam sang und spielte sich die Dreifaltigkeit des Folk durch ihre Hymnen, Gassenhauer und durch zahlreiche Klassiker: Hockenheim wurde mal zur „Dirty old Town“, zur Kuschelecke mit „Carrickfergus“ oder zur Mittanzzentrale mit einem direkt vom „Hit the Road Jack“ übergehenden „Raggle Taggle Gypsy“.

Dazwischen ganz neu immer wieder feixende musikalische Kurztrips irgendwo zwischen „Cheri, Cheri Lady“, „Löwenzahn“ und „Santa Maria“, mit dem die drei Folk-Giganten ihre Zuhörer sogar zu einem gemeinsamen „Biene Maja“ animieren konnten.

Emotionaler Abschied

Ob der verblüffenden Aktualität des bereits 1992 als LP veröffentlichten „Here’s to the People“ angesichts des Ukraine-Kriegs gab es die ein oder andere Träne zu verdrücken, ebenso für den emotionalen Abschied von „Pumpwerk“-Chef Michael „Volli“ Vollendorff mit „Last Song“. Der Jubel, die Begeisterung und das ganz große Gefühl begleitet die Fans durch die nächste Zeit – immer in der Gewissheit, dass „Paddy“ eine Band ist, „you don‘t meet every day“. Und in der Hoffnung, dass es dennoch noch oft zu einem Treffen kommen wird.

Info: Weitere Informationen gibt’s unter www.paddy.de

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

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