Hockenheim. „Ist das Kunst oder kann das weg“, ist eine moderne Redewendung, mit der humoristisch die Sinnhaftigkeit von Kunstwerken hinterfragt werden soll. Im Fall der Aktion in der Hirschstraße, die nun ihre Premiere erlebte, kann man den Satz mühelos präzisieren: Ja, es soll weg. Denn angeboten wird seit wenigen Tagen in dem Abschnitt hin zur Heidelberger Straße Kunst to go. Und deren Sinn ist es nun einmal, weg und unter die Leute zu kommen.
Stadträtin Bärbel Hesping war auf die „Aktion Kunstautomat“ aufmerksam geworden und hatte sich spontan gesagt „Das sollte auch in Hockenheim gehen“. Gesagt getan, ein ausrangierter Zigarettenautomat wurde zum Kunstwerk umfunktioniert und mit denselben bestückt. Unabhängig davon, dass der Automat zum Ende seiner Existenz noch in den Genuss kommt, Nützliches zu tun, ohne die Gesundheit seiner Nutzer zu bedrohen, ist die Idee überzeugend: In den Schächten, die früher den Zigarettenschachteln dienen, ruhen nun Kunstobjekte in gleicher Größe, thematisch über die Schächte verteilt.
Über 500 Künstler sind von der Idee begeistert
Die Idee für den Kunstautomaten stammt von Lars Kaiser und Jeanne von Dijk aus Potsdam. Das Paar hat für seine Aktion über 500 Künstler begeistern können, von regionalen Größen bis hin zu international bekannten Künstlern. Die einzelnen Kunstwerke sind dabei Themen untergeordnet, die frei wählbar sind, in Hockenheim hat man sich für die Bereiche überregionale Kunst, Küste & Meer, Natur, Für die Liebe, Schutzpatron und regionale/überregionale Kunst entschieden, wobei der Schacht der regionalen Kunst auch mit hiesigen Künstlern bestückt werden kann.
Auch der Automat selbst ist ein Kunstwerk, er ist verziert mit Hockenheimer Objekten wie dem Wasserturm oder zwei Straßen, die sinnbildlich für den Ring stehen. Die Inhaberinnen und Beschäftigten der Änderungsschneiderei Moda und des Kosmetikstudios Lara, die im grünen Haus residieren, kümmern sich nicht nur um den Kunstautomaten, sondern sorgen dafür, dass er immer gut bestückt ist. Sie hatten es auch übernommen, ihn mit den Hockenheimer Motiven zu schmücken.
Kurzum, für Bärbel Hesping ist das Projekt eine Win-win-Situation. Ihr gehört die Immobilie, insofern war die Frage der Aufhängung des Automaten schnell geklärt, für die Hockenheimer und die beiden Geschäfte ist es ein Blickfang und letztlich für die Künstler, die den Automaten mit ihren Werken beliefern, eine Unterstützung – „wir wollen an dem Projekt nichts verdienen“, betont Hesping.
Originale stammen alle aus Künstlerhand
An Münzen schluckt der Automat 1- und 2-Euro-Stücke, in der Summe sind 4 Euro notwendig, um ein Fach zu öffnen. Und dann steigt die Spannung – wer hat die Schachtel bestückt, was für ein Kunstwerk offenbart sich dem Betrachter? Eines steht dabei auf jeden Fall immer fest: Es handelt sich um ein Original aus Künstlerhand und in jeder Schachtel finden sich obendrein Infos zum Künstler, quasi ein Beipackzettel.
4 Euro für ein Kunstwerk – für Hesping ein Äquivalent zum Blumenstrauß und auf jeden Fall ein tolles Mitbringsel. Oder ein Fall für Sammler, die sich ihre Ausstellung en miniature aufbauen wollen. In erster Linie jedoch ein niederschwelliger Weg, um Menschen an Kunst heranzuführen und um – wie es der Automat in der Hirschstraße prächtig unterstreicht – einen Farbtupfer ins Antlitz der Stadt zu setzen.
Von der gelungenen Aktion machten sich Mitglieder des Kunstvereins Hockenheim gleichermaßen ein Bild und wer weiß!? Vielleicht sind demnächst in dem Automaten ja auch Bilder von hiesigen Künstlern zu finden.
Info: Infos zum Projekt gibt es unter www.kunstautomaten.com
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim_artikel,-hockenheim-kunst-to-go-statt-zigaretten-gibt-es-in-hockenheim-_arid,2192248.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim.html
[2] https://www.kunstautomaten.com/