Stadthalle

Gemeinderat Hockenheim: Mehrheit stimmt gegen Kita-Übergang an Postillion

In einer historischen Gemeinderatssitzung sorgten die BI 'Meine Rennstadt' und der umstrittene Betriebsübergang von Kindergärten für eine hitzige Debatte – das Plädoyer des Oberbürgermeisters blieb ohne Erfolg.

Von 
Henrik Feth und Matthias Mühleisen
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Kai Zizmann von der Bürgerinitiative „Meine Rennstadt“ ergreift bei den Besucherfragen zum Auftakt der Gemeinderatssitzung das Wort und thematisiert im Dialog mit Oberbürgermeister Marcus Zeitler die Synergie zwischen Hockenheimring, Bürgern und Stadt. © Gans

Hockenheim. Es war die am besten besuchte Gemeinderatssitzung in der Amtszeit von Oberbürgermeister Marcus Zeitler. Das Interesse der Bevölkerung war enorm und der große Saal der Stadthalle bis zum letzten Platz gefüllt. Dies lag zum einen am Auftritt etlicher Mitglieder und Sympathisanten der Bürgerinitiative „Meine Rennstadt“, zum anderen am Besuch vieler Eltern und einiger Erzieherinnen, die die Beschlussfassung zum Thema Betriebsübergang von drei städtischen Kindergärten an den Verein Postillion verfolgten – und die endete mit einer handfesten Überraschung.

Als Sprecher der BI thematisierten Kai Zizmann und Rainer Sass zum ersten Tagespunkt, den Besucherfragen, die Synergie zwischen Stadt, Bürgern und dem Hockenheimring. Zizmann distanzierte sich klar von den Vorwürfen an die BI, die gegen den Ringlärm gegründete und inzwischen aufgelöste BiLL bedroht zu haben. Man wolle den Ring unterstützen.

Elena Heidenreich vom Gesamtelternbeirat der Hockenheimer Kindergärten überreicht dem OB die Petition gegen den Betriebsübergangsbeschluss. © Wolfgang Gans

Auf Nachfragen nach der Belastung, die der Ring der Stadt bringe, betonte der OB: „Der Ring trägt sich selbst, ich kann garantieren, dass seit meinem Amtsantritt kein Cent aus dem städtischen Haushalt in den Ring geflossen ist.“ Herauszustellen, dass auch die Vereine vom Ring profitieren, war ein Anliegen von Rainer Sass. Auch hier bestätigte der OB ein gutes Miteinander, von dem alle Parteien etwas haben. Zudem wurde herausgestellt, welch wichtiger Wirtschaftsfaktor der Ring für die Stadt darstellt. „Die Menschen in Hockenheim identifizieren sich mit dem Ring“, fasste der OB zusammen.

Hitzige Debatte um Kitas im Hockenheimer Gemeinderat: Zustimmung von CDU und Sauter

Beim Thema Betriebsübergang von drei städtischen Kindergärten war es mit Einigkeit allerdings vorbei. Obwohl sich Marcus Zeitler fast 49 Minuten Zeit nahm, den Beschlussvorschlag zu erläutern, vor allem die Konsequenzen darzustellen, sollte der Gemeinderat diesem nicht zustimmen, lehnte eine Mehrheit von 13 Stadträten ihn ab. Grüne, SPD und die Freien Wähler außer Michael Sauter stimmten mit Nein, die FDP und Friedrich Rösch (CDU) enthielten sich der Stimme. Somit blieben nur sieben Stimmen inklusive der des OB, die für den Betriebsübergang votierten, der damit vom Tisch ist.

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90 Minuten dauerte die Beratung, mehr als die Hälfte dieser Zeit hatte sich Zeitler mit seinem Plädoyer gegen die drohende Absage gestemmt, die sich erst am Dienstagnachmittag abgezeichnet hatte. Bei der Sitzung des Ausschusses Soziales, Bildung, Kultur und Sport (SKS) am 6. Juli hatte noch eine knappe Mehrheit die Verwaltung beauftragt, den Betriebsübergang vorzubereiten.

Dass eine solche Entscheidung überhaupt gefällt werden musste, liege nicht in der Verantwortung der Stadt, sondern der des Gesetzgebers mit seiner bereits vor zwei Jahren gefällten Entscheidung, deren Auslegung erst dieses Jahr durch den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) klargeworden sei. Zeitler betonte, dass die Stadt in der Ausschusssitzung im Juli alles an Fakten auf den Tisch gelegt habe, was ihr bekannt war.

Die Empfehlung des Betriebsübergangs basiere auf Abwägung aller Faktoren. Der Verein Postillion bündle Kompetenzen in der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere in der Fachberatung, die der Fachbereich im Rathaus nicht leisten könne. Die Postillion-Verwaltung sei komplett digitalisiert und auf Kindertagesstätten spezialisiert. Das entlaste die Einrichtungsleitungen.

Historische Gemeindratssitzung in der Hockenheimer Stadthalle © Wolfgang Gans

Der Verein könne auch den Neubau des Parkkindergartens als Träger deutlich zügiger und kostengünstiger („mehrere Millionen“) als die Stadt realisieren, weil er unter anderem keinen Architektenwettbewerb durchführen müsse. Weil die Stadt den Neubau erst 2027 umsetzen könne, sei es schwieriger, Personal zu akquirieren.

Kita-Debatte im Hockenheimer Gemeinderat mit Konsequenzen? – Öffnungszeiten werden reduziert

Wenn die Mitglieder des Gremiums nicht mehr zu dem stünden, was sie im Juli beschlossen haben, müssten sie „mit den Konsequenzen leben“, unterstrich der Oberbürgermeister. Seit Monaten ziele die Vorbereitungsarbeit der Stadt auf den Betriebsübergang ab. Komme er nicht, laufe die Stadt Gefahr, dass sie unter die vorgeschriebenen Personalschlüssel falle und Öffnungszeiten reduzieren müsse. Der Nachmittagsbetrieb könne teilweise komplett wegfallen.

Die rund 20 Stellen von Postillion-Beschäftigten, die bislang in den drei städtischen Einrichtungen tätig seien, müssten neu ausgeschrieben werden, die Stadt müsse ihre IT aufrüsten, ebenso den Fachbereich Personal, weil 60 Kita-Mitarbeiter wieder zur Stadt zurückkehren, und den Fachbereich SKS mit eineinhalb bis zweieinhalb Stellen. Städtische Kita-Mitarbeiter, die den Übergang befürworten, könnten zum Postillion abwandern.

Trotzdem folgte die Mehrheit nicht dem Vorschlag. Über die Argumente berichten wir am Freitag.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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