Kriminalität

Mutmaßlicher Doppelmord bei Hockenheim: So soll es mit dem Baby weitergehen

Zwei Ukrainerinnen sterben, zurück bleibt ein wenige Wochen altes Mädchen, das Mutter und Großmutter verloren hat. Inzwischen ist die Tante des Säuglings in Deutschland angekommen, darf ihre Nichte aber nicht sehen.

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Agnes Polewka
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Ein Kreuz und Blumen erinnern am Fundort in Hockenheim an die getötete 27-jährige Ukrainerin. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Innerhalb weniger Tage ist das Leben einer jungen Frau in der Ukraine zusammengebrochen: Anfang März fand ein Spaziergänger den Leichnam ihrer 27 Jahre alten Schwester am Rheindamm in Hockenheim. Knapp zwei Wochen später bekam sie dann die nächste erschütternde Nachricht: Auch ihre Mutter ist tot. Beide Frauen sollen - und das ist längst bekannt - von einem Paar aus Sandhausen ermordet worden sein, um die wenige Wochen alte Tochter der 27-Jährigen zu entführen.

Die nächste Angehörige des kleinen Mädchens, ihre Tante, ist inzwischen in Deutschland angekommen und will ihre Nichte schnellstmöglich adoptieren. Wie diese Redaktion erfuhr, durfte die 20-Jährige das kleine Mädchen bislang aber noch nicht einmal sehen.  Grund dafür ist ein Streit der Jugendämter.

Jugendämter streiten um Zuständigkeit: Tante darf sechs Wochen alte Nichte nicht sehen

Die Heidelberger Behörde und das Jugendamt des Rhein-Neckar-Kreises liegen im Clinch darüber, wer für das Kind zuständig ist. Und solange darüber keine Klarheit herrsche, dürfe die Tante nicht zu ihrer Nichte, bestätigte Rechtsanwalt Thomas Franz, Nebenklage-Vertreter der Frau im Gespräch mit dieser Redaktion. Der sechs Wochen alte Säugling ist aktuell in einer Pflegefamilie untergebracht.

Der Streit der Jugendämter rührt daher, dass das kleine Mädchen zunächst in eine Heidelberger Klinik kam, nachdem Ermittler die mutmaßlichen Entführer des Kindes ausfindig gemacht hatten. Der letzte Wohnort der Familie des Kindes war allerdings ein Ort im Rhein-Neckar-Kreis - und so scheint sich keine der Behörden zuständig zu fühlen.

Ein Sprecher der Stadt Heidelberg wollte sich zunächst nicht zu dem Fall äußern. Beim Rhein-Neckar-Kreis war am späten Donnerstagnachmittag niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Mutmaßlicher Doppelmord bei Hockenheim: Internationale Medien berichten

In den sozialen Netzwerken haben Freunde der 27-Jährigen einen Spendenaufruf gestartet - für die Rückführungskosten und die Beerdigung in der Ukraine.

Die Frau habe das Leben genossen und sei ein Sonnenschein gewesen, heißt es in dem Post einer Freundin, die in der Region lebt. Auf ihrem Facebook-Profil sind Bilder der 27-Jährigen zu sehen: Auf einem davon hält sie ihr Baby kurz nach der Geburt im Krankenhaus auf dem Arm, auf einem anderen sieht man sie mit einem Strauß Tulpen. In einem früheren Beitrag hat die Freundin Bilder des kleinen Mädchens veröffentlicht, und von seiner Großmutter im Wintermantel, lächelnd vor Bäumen.

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Der mutmaßliche Doppelmord erschüttert längst nicht nur die Region. Auch internationale Medien haben den Fall inwischen aufgegriffen: der britische Daily Mirror, italienische und skandinavische Journalistinnen und Journalisten berichten darüber. Vor allem in der Heimat der getöteten Frauen, in der Ukraine, macht der Fall Schlagzeilen. Ukrainischen Medienberichten zufolge stammten die beiden Frauen aus der Poltawa-Region in der Zentralukraine, im Februar 2022 sollen sie ihre Heimat als Kriegsflüchtlinge verlassen haben und über die Slowakei schließlich nach Deutschland gelangt sein. Zuletzt lebten die Frauen in einer Flüchtlingsunterkunft im Rhein-Neckar-Kreis.

Freunde der getöteten 27-Jährigen sollen ukrainischen Medienvertretern gegenüber angegeben haben, die Frau habe zum Vater ihrer Tochter keinen Kontakt gehabt. Ein Sprecher der Polizei sagte: "Der mögliche Vater des Kindes steht nicht unter Tatverdacht."

Paar aus Sandhausen im Fokus der Ermittlungen

Die Polizei hält sich aktuell mit der Herausgabe von Details zu den beiden Frauen und zum möglichen Tatgeschehen zurück, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Bislang ist folgendes bekannt: Am 7. März fand ein Passant den Leichnam der 27-Jährigen in der Nähe einer „Nato-Rampe“ am Rhein in Hockenheim, sie soll kurz zuvor gewaltsam getötet worden sein. Im Abstand von wenigen Stunden - mutmaßlich kurz zuvor - soll die Mutter der jungen Frau ebenfalls getötet worden sein.

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Die Polizei hat einen 44-jährigen Mann aus Sandhausen und seine 43-jährige Frau festgenommen. Es bestehe der „dringende Verdacht des gemeinschaftlichen heimtückischen Mords zur Verdeckung einer Straftat in zwei Fällen“, so Polizei und Staatsanwaltschaft. Demnach soll das Paar die beiden Frauen ermordet haben, um das kleine Mädchen zu entführen. Laut Polizei kannte das deutsche Paar die beiden Frauen gut. Der „Bild“-Zeitung sagte ein Nachbar, sie hätten das Baby als ihr eigenes Kind ausgegeben. Die Frau soll russische Wurzeln haben.

Redaktion

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