Hockenheim/Ketsch. Weiterhin undurchsichtig sind die Umstände, die zum Tod einer 27-jährigen Ukrainerin geführt haben, die am Donnerstagvormittag, 7. März, um 10.20 Uhr an der Nato-Rampe zwischen dem Herrenteich und dem Lußhof gefunden wurde. Polizei und Staatsanwaltschaft geben sich wortkarg und verweisen auf „ermittlungstaktische Gründe“. Immer wieder bei konkreten Nachfragen unserer Zeitung auch die Rede, dass man „kein Täterwissen preisgeben möchte“. Wir fassen hier mal in einem Faktencheck zusammen, was bisher bekannt ist, über was spekuliert wird und beantworten auch Fragen, die unsere Leser uns mehrfach gestellt haben.
Wo ist der Ort, an dem die junge Frau tot am Hockenheimer Rheindamm gefunden wurde?
An der Mittleren Nato-Rampe wurde der schlimm zugerichtete Körper von einem Spaziergänger gefunden. Die Rampe befindet sich von Ketsch her gesehen nach dem Flugplatz Herrenteich und nach dem ehemaligen Ziegelwerk in Richtung Lußhof. Die Einfahrt zu dieser Rampe befindet sich südlich der Autobahnbrücke vis-à-vis der Zufahrt zu den landwirtschaftlichen Anwesen im Siegelhain. Gegenüber auf Speyerer Seite befinden sich die dortige Kläranlage und der Müllberg. Nach der Freigabe des Ortes durch die Polizei wurde dort ein Kreuz errichtet, Kerzen und Blumen niederlegt. Auf einem Gefäß steht „Ruhe in Frieden du unbekannte Seele“.
Ist die Frau auch dort - am Rheindamm - umgebracht worden?
Tatort und Fundort müssen nicht übereinstimmen. Aber auch dazu äußert sich die Polizei derzeit nicht. Es könnte aber durchaus sein, dass die Leiche an dieser Stelle nur beseitigt werden sollte, um die Straftat zu vertuschen. In einem Zeugenaufruf war die Rede davon, dass dort Reste eines offenen Feuers gefunden wurden und die Polizei wollte wissen, ob jemand aufgefallen ist, der dort ein Feuer gemacht hat. Das wiederum nährt das Gerücht, die Leiche sei bei ihrem Auffinden zumindest teilweise verbrannt gewesen. Auch dazu sagen die Ermittler nichts.
Was ist eigentlich eine Nato-Rampe und warum gibt es die?
Es handelt sich um eine Übergangsstelle, die im Kriegsfall als Ersatz für eine Brücke gedacht ist und zur militärischen Verwendung errichtet wurde. Sie soll Militärfahrzeugen die Überquerung eines Flusses wie dem Rhein ermöglichen. Zum Wasser hin gibt es meist auf beiden Seiten abfallende größere gepflasterte oder betonierte Flächen. Eine solche Rampe führt oft sehr weit unter die Wasserlinie. Vor allem während des Kalten Krieges wurden in der Bundesrepublik solche Ersatzübergangsstellen geschaffen. Zwischen Ketsch und Altlußheim gibt es gleich drei solche Nato-Rampen. Das hängt auch damit zusammen, dass es ja aus Speyerer Seite im Reffenthal einen sogenannten Wasserübungsplatz der Bundeswehr gibt. Dort werden genau solche Flussüberquerungen mithilfe von Pontonbrücken und Spezialfahrzeugen geübt.
Konnte denn eine Todesursache ermittelt werden?
Mit Sicherheit hat die Obduktion ergeben, wie die Frau zu Tode gekommen ist. Aber auch das will die Polizei derzeit noch nicht sagen. Einigermaßen sicher ist, dass es sich um Mord oder Totschlag handelt. Die Polizei sagt: „Die Frau kam durch äußere Gewalteinwirkung ums Leben.“
Wo lebte die Frau denn eigentlich?
In einer Unterkunft für ukrainische Kriegsflüchtlinge des Rhein-Neckar-Kreises lebte die 27-Jährige zusammen mit ihrer fünf Wochen alten Tochter und mit ihrer 51-jährigen Mutter. Die Polizei macht keine Angaben dazu, wo genau die Frau gewohnt hat und wie lange sie sich schon in Deutschland befindet. Von der Oma und ihrer Enkelin fehlt laut Polizei bisher jede Spur. Dabei wäre die Mutter, Maryna Stetsenko, womöglich eine wichtige Zeugin für die Polizei bei der Suche nach dem Täter oder auch den Tätern. Die Polizei bittet darum, dass sich die Mutter unbedingt bei ihr melden soll. Es besteht kein Verdacht gegen sie, in die Tat verwickelt zu sein.
Wie konnte die Leiche in dem schlimmen Zustand so schnell identifiziert werden?
Die Polizei hatte am Samstag eine Vermisstenmeldung per E-Mail aus der Ukraine erhalten. Alle Merkmale passten zusammen, die Obduktion hat die Identität bestätigt.
Gibt es schon heiße Spuren auf etwaige Täter oder den Ablauf der Tat?
Die aus 60 Beamtinnen und Beamten bestehende Sonderkommission „Rampe“ ermittelt auf Hochtouren. Es hat bis Mittwoch gut 50 Hinweise aus der Bevölkerung gegeben, denen man derzeit nachgehe. Mehr ist dazu von der Polizei nicht zu erfahren. Vieles deutet darauf hin, dass konkrete Spuren verfolgt werden. Dabei könnte auch ein dunkler Wagen eines französischen Fabrikats eine Rolle spielen, der zur fraglichen Zeit am Abend oder in der Nacht vom 6. auf den 7. März auf Feldwegen und landwirtschaftlichen Straßen nahe dem Fundort der Leiche unterwegs gewesen sein soll.
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