Tierischer Begleiter

Noel (5) fragt immer öfter nach „Chap“

Von 
Vanessa Schwierz
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Hockenheim/Oberhausen-Rheinhausen. Noel sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer und schaut gebannt auf den Fernseher, auf dem eine seiner Lieblingsserien läuft. Seine Eltern Rebecca (28) und Etienne (31) Streibel unterhalten sich mit Ulrich Zander, Trainer beim WZ-Hundezentrum in Lalendorf. Es ist die zweite Teamschulung für die Familie und den Assistenzhund „Chap“. Zu sehen und hören ist von dem Australian Shepherd nichts. „Chap“ liegt gemütlich und entspannt in seinem Korb im Wohnzimmer, vom Esstisch nicht sofort einsehbar. „So soll es auch sein“, erklärt Zander, dass es wichtig sei zu unterscheiden, dass „Chap“ kein Hund, sondern ein speziell ausgebildeter Hund für den an Epilepsie erkrankten Noel ist (wir berichteten mehrfach).

Die erste Schulung ist bereits drei Monate her, nun gehe es darum, die Beziehung zwischen Rebecca Streibel, ihrem Sohn und dem Hund weiter zu verfestigen. Denn die 28-Jährige ist die Bezugsperson für „Chap“, versorgt ihn und vermittelt zwischen Noel und dem Vierbeiner.

Tolle Entwicklung

Ulrich Zander zeigt sich erfreut über die Entwicklungen. „Das sieht alles sehr gut aus. Man sieht auch, dass ,Chap’ sich an Rebecca und auch Etienne orientiert“, sagt der Trainer begeistert, der bei seiner Ankunft zu erst einmal die Basics prüfte, wie den Gehorsam des Hundes. Neu oder überraschend kam für den Trainer nichts, da Rebecca Streibel und er regelmäßig miteinander telefonieren. Das sei in dieser Phase sehr wichtig, damit die Trainer bei Problemen oder Unklarheiten direkt reagieren können. Da dies alles problemlos lief, kann die Familie zusammen mit Zander weiter an der Vertiefung der Beziehung arbeiten.

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Dass das langsam fruchtet sei daran erkennbar, dass Noel immer mehr von „Chap“ redet, nach ihm fragt, ihn vor allem in seiner Nähe duldet. „Noel ist eigentlich nicht so der Tierliebhaber, mag es nicht, wenn man ihn ,bedrängt’“, erklärt seine Mutter. Doch „Chap“ lässt er immer wieder an sich ran und legt auch mal den Kopf bei ihm ab, freut sich Rebecca Streibel, denn der Hund ist genau so, wie es für Noel gut ist – nicht schroff, sondern liebevoll. Dass der Vierbeiner auf Noel fokussiert ist, zeigte sich bei einem Besuch auf dem Spielplatz. „Chap“ war brav bei Rebecca Streibel gelegen, während Noel spielte. Auf einmal rannte der Fünfjährige in Richtung Zaun, „Chap“ reagierte sofort, hob den Kopf, war in Habachtstellung. „Und genau das ist es, wofür der Hund ausgebildet wurde und wie er zu reagieren hat“, freut sich Zander.

Wenn Rebecca Streibel ihren Sohn morgens in den Kindergarten Sonnenblume nach Hockenheim bringt, kommt „Chap“ immer wieder mit. „Es muss sich alles erst einspielen“, sagt die 28-Jährige. Aber wenn der Vierbeiner dabei ist, dann will sie auch, dass Noel es ist, der ihn aus der Box aus dem Kofferraum rauslässt. „Es ist ja schließlich sein Hund“, sagt sie lächelnd. Bis zur Tür des Kindergartens begleitet er Noel dann, bis er sich von Mama und Hund verabschiedet. Im Kindergarten erwähnt er „Chap“ mittlerweile immer häufiger, was zu einem glücklichen Strahlen in Rebecca Streibels Gesicht führt, da es ein gutes Zeichen sei, dass die Familie die richtige Entscheidung getroffen hat.

Immer wieder bindet die gebürtige Hockenheimerin ihren Sohn in die Spaziergänge mit „Chap“ ein, merkt, dass auch ihm das gut tut, seine Kondition besser wird. Gassi gehen gehöre schließlich zum Alltag dazu und ist damit auch eine Aufgabe für Noel, an der er teilhaben muss. Die Folge der Serie ist vorbei, Rebecca Streibel lässt Musik laufen, damit Noel sich an den Tisch setzt. Ein Puzzle nach dem nächsten löst der Fünfjährige.

„Chap“ reagiert in seinem Körbchen, setzt sich auf, schaut aufmerksam. „Gehorsam ist im Fokus. Wenn das alles super klappt, dann kann da ein wenig gelockert werden“, sagt Zander, dass mit Disziplin und Härte weitergearbeitet werden muss. Das Ziel sei es nämlich, dass „,Chap’ zum Schatten von Noel wird“ beschreibt Zander es, dass der Vierbeiner dann noch eine Spur aufmerksamer sein wird.

Geruchsproben fehlen

Problematisch stelle sich derzeit allerdings das Anzeigen-Training dar. Das heißt, das Training für „Chap“ anhand des Geruchs von Noel auf Anfälle zu reagieren, zu warnen. Streibel und Zander erklären, dass bei einem Anfall, vor allem durch Schweiß Gerüche entstehen, die eingefangen werden müssen, damit „Chap“ mit diesen trainieren kann. „Die Kleidung, die Noel zu diesem Zeitpunkt trug, muss unmittelbar nach einem Anfall in eine Tüte gepackt werden, weil die Proben nur eine gewisse Haltbarkeit haben“, erklärt Zander, dass Einfrieren auch eine gute Möglichkeit sei.

Wenige Tage, nachdem der Australian Shepherd in seinem neuen zu Hause eingezogen ist, hatte Noel einen kurzen Anfall. „Er hat zum Glück nur ganz kurz gedauert, wenige Minuten. Aber es war dann alles so viel – der Stress und die Panik“, beschreibt Streibel, dass sie es damals einfach „verbumbeutelt“ hat. Zander lächelt und nimmt sie in Schutz, dass das am Anfang nicht ungewöhnlich sei.

Im Familienleben sei klar geregelt, dass „Chap“ der Hund sei, der für Noels Wohl, seine Gesundheit da ist. Aber auch die anderen beiden Kinder von Rebecca und Etienne Streibel sollen nicht zu kurz kommen. Disziplin ist aber auch hier ein Teil der Erziehung, auf beiden Seiten – Mensch und Tier. Noels Brüder Leon (7) und Valentin (2) dürfen daher dem Vierbeiner auch mal ein Leckerli geben, nennt die Mutter ein Beispiel. „Ich achte aber immer darauf, dass Noel ihm ein oder zwei mehr gibt, damit der Hund sich dann auch merkt, dass bei Noel mehr Belohnung gibt“, sagt die 28-Jährige und lacht. Noel ist auch derjenige, der von sich aus die Nähe zum Hund suchen darf und das sollte auch nicht abgebrochen werden, betont Zander und freut sich, dass der Fünfjährige immer öfter auf „Chap“ zugeht.

Auch an diesem Nachmittag läuft Noel auf „Chap“ zu. Seine Mutter ermutigt ihn, ihn ruhig anzufassen. Und schon schießt die Hand des Fünfjährigen nach vorne und fasst dem Australian Shepherd an den Kopf. Wenn Noel weint, ist der Vierbeiner aufmerksam, schaut, was los ist. Bald soll er auch in Noels Zimmer schlafen. „Noch schläft er in seiner Box bei uns im Schlafzimmer“, erklärt Rebecca Streibel. Aber das soll sich ändern, das Bettchen für „Chap“ steht schon neben dem großen Bett von Noel bereit und wartet nur darauf, von „Chap“ belegt zu werden – und Noel hat seinen Begleiter dann auch nachts immer bei sich.

Info: Alle Berichte über Noel und seine Geschichte sowie dem Weg zum Assistenzhund finden Sie auch bei uns im Internet unter www.schwetzinger-zeitung.de

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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