Gemeinderat

OB zum Haushalt: Hockenheim steuert auf Schwarzes Loch zu

Oberbürgermeister Marcus Zeitler greift bei Einbringung des Haushalts 2022 zu Science-Fiction-Vergleich. Steuern und Gebühren sollen weiter steigen.

Von 
Matthias Mühleisen
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Notwendig, aber teuer: In die Kläranlage investiert die Stadt bis 2025 rund sieben Millionen Euro, kündigt der OB an. Es müssen Regenüberlauf- und Rückhaltebecken gebaut werden. © Lenhardt

Hockenheim. „Ganz schön abgespaced“ würde ein jüngerer Zuhörer möglicherweise die Haushaltseinbringung von Oberbürgermeister Marcus Zeitler nennen. Denn der griff in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend zur Verdeutlichung der Herausforderungen, vor denen das Gremium mit den Gemeindefinanzen steht, zum Science-Fiction-Jargon und verglich die Stadt mit dem Raumschiff Enterprise, das mit einem Minus von 9,1 Millionen Euro im Ergebnishaushalt 2022 auf ein Schwarzes Loch zusteuere.

So viel Heiterkeit in den Fraktionen wie „Captain Zeitler Kirk“ hat ein Hockenheimer OB wohl noch nie bei einer Haushaltsrede ausgelöst – schon gar nicht mit einer, in der von Erhöhung der Verschuldung bis 2025 um über zehn Millionen Euro auf über 25 Millionen Euro die Rede ist – das muss wohl Galgenhumor sein.

Denn jenseits der kosmischen Vergleiche machte Marcus Zeitler deutlich, was auf den Gemeinderat zukommt, um den Sturz ins Schwarze Loch zu verhindern: „Die Verwaltung wird Ihnen in der Klausurtagung aufgrund der schlechten finanziellen Situation der Stadt Hockenheim weitere Steuer- und Gebührenerhöhungen vorschlagen müssen.“

„Entscheidungen, die wehtun“

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Das 9,1-Millionen-Euro-Defizit im Ergebnishaushalt drohe von der Genehmigungsbehörde abgelehnt zu werden, wenn nicht alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft und sämtliche Ertragsmöglichkeiten genutzt wurden. Daher müsse alles auf den Prüfstand gestellt werden. Dabei stünden die Pflichtaufgaben immer an erster Stelle. Zeitler: „Um weiterzukommen, bedarf es richtungsweisender Entscheidungen. Dass diese wehtun werden, prognostiziere ich heute schon einmal im Voraus.“

Das Raumschiff Hockenheim weise erhebliche Bordschäden in Form von Investitionsstaus auf, die auch Investitionen von 19 Millionen Euro in den vergangenen zwei Jahren nicht hätten abbauen können: „Ein Großteil der Aufgaben steht uns noch bevor“, kündigte der OB an.

Er wies darauf hin, dass ursprünglich sogar ein Minus von 11,6 Millionen Euro prognostiziert gewesen sei. Die Reduzierung der Investitionen auf das Notwendigste und die Verbesserung der Einnahmen durch unter anderem Erhöhung von Kindergarten- und Parkgebühren, Hunde- und Vergnügungssteuer sowie Kürzung bei den Vereinsförderrichtlinien sowie Optimierungen bei den Ausgaben hätten das korrigiert.

Was den Konsolidierungskurs gefährde, seien die Auswirkungen des kommunalen Finanzausgleichs (vier Millionen Euro Einnahmenverlust) und die Gewerbesteuerumlage (4,7 Millionen Euro).

Störfeuer macht Zeitler auch aus Richtung Berlin und Stuttgart aus. Dort würden soziale, digitale, klima- und familienfreundliche Leistungen zugesagt, ohne sich mit denjenigen abzustimmen, die diese letztlich erbringen müssten: die Kommunen. Klimaschutz sei ohne finanziellen Ausgleich in der vorgegebenen Zeit nicht zu leisten. Zum vom Land beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung ab 2025/2026 sieht der OB viele Fragezeichen hinter Kosten, Raum- und vor allem Personalfrage. Sicher sei: All das werde sich „in naher Zukunft erheblich auf die finanzielle Situation der Stadt Hockenheim auswirken“.

38 Millionen Euro Investitionen

Hockenheim sei als Gewerbestandort und Wohnort gefragt, doch stünden weder Wohn- noch Gewerbeflächen aktuell zur Verfügung. Zwei Punkte will Marcus Zeitler daher 2022 auf die Tagesordnung bringen: zum einen den Antrag auf Umsetzung des Gewerbegebiets Mörscher Weg (die die Haubenlerche verhindert) und zum anderen die Frage eines weiteren Neubaugebiets.

Bis 2025 sehe der Haushaltsentwurf Investitionen von über 38 Millionen Euro vor. Allein im kommenden Jahr will die Stadt rund 20 Millionen Euro in ihre Infrastruktur stecken. Als Eckpunkte nannte der Oberbürgermeister vier Millionen für die Fertigstellung der Oberen Hauptstraße bis Oktober 2022, 900 000 Euro für die Oftersheimer Straße, 2,6 Millionen für die Sanierung der Bürgermeister-Hund-Straße bis 2023 sowie eine Million für kleinere Maßnahmen bei Straßen und Kanälen. In die Kläranlage fließen bis 2025 rund sieben Millionen Euro. Großen Bedarf gibt es im Bauhof – sowohl beim Gebäude als auch bei der Ausstattung. Die Grundschule plus kostet weitere 3,5 Millionen, das Gauß-Gymnasium bis 2024 zwei Millionen Euro.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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