Im Schwurgerichtsprozess am Landgericht Mannheim gegen einen 36-Jährigen aus Philippsburg, der im Januar seinen Vater erschlagen haben soll (wir berichteten), hörte die Strafkammer am Mittwoch das Gutachten der Rechtsmedizin. Fachärztin Dr. Ann-Katrin Kröll schilderte die Spurenlage am Tatort in der Zweizimmerwohnung in Hockenheim und berichtete von den Ergebnissen der Obduktion des Opfers.
Der 59-Jährige hatte massive Schädelverletzungen durch stumpfe Gewalteinwirkung mit einer schweren Bratpfanne davongetragen. Bilder zeigen die Zertrümmerung von Stirnbein, linker Augenhöhle und Jochbein. Die untere Zahnreihe war teilweise ausgebrochen. Außerdem waren mehrere Rippenbrüche festgestellt worden. Todesursächlich seien aber die Hirnblutungen gewesen, erklärte die Rechtsmedizinerin. Der genaue Todeszeitpunkt lasse sich nur schwer einschätzen. Nach Einschätzung der Pathologie sei von mindestens sechs wuchtigen Schlägen von drei Seiten gegen den Schädel auszugehen. Der Beschuldigte habe keine Verletzungen gehabt, sei aber mit Blut bespritzt gewesen.
Keine Hinweise auf Angriff
Es gibt keine Hinweise, dass der 36-Jährige von seinem Vater angegriffen wurde, nichts deutet auf Notwehr hin. Die Rekonstruktion des Tatgeschehens zeigt, dass der Angeklagte auf dem Bett im Schlafzimmer auf sein Opfer eingeschlagen haben muss. Kopfkissen, Laken und Matratze wiesen Blutlachen auf. Auch an der Wand waren Blutspuren zu sehen. „Es war kein dynamisches Geschehen“, sagte die Rechtsmedizinerin. Der 36-Jährige könne möglicherweise auf dem Brustkorb des Vaters gesessen haben.
Psychiaterin Dr. Iris Schick nahm Stellung zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Der 36-Jährige habe nach eigener Aussage täglich fünf Flaschen Wein oder einen Kasten Bier oder zwei Flaschen Schnaps getrunken, „oft, bis er umgefallen ist“. Mit 13 Jahren habe er seinen ersten Vollrausch gehabt. Meistens habe er gleich nach dem Aufwachen weitergetrunken.
Hinweise auf psychotische Störungen gebe es nicht, auch nicht auf organische Hirnschäden, erklärte die Fachärztin für Forensische Psychiatrie. Der Angeklagte zeige eine extreme Alkoholabhängigkeit, in den letzten Jahren auch in Verbindung mit Gewalttätigkeit. Der übermäßige Alkoholkonsum habe aber nicht zu einer intellektuellen Minderbegabung geführt.
Nach einem Motorradunfall, von dem er sich ein Schmerzensgeld erhofft hatte, sei er in eine depressive Verstimmtheit gekommen. Er fühle sich mit seiner Lebenssituation kognitiv überfordert. Eine schwere affektive Erkrankung oder eine seelische Abartigkeit lägen nicht vor, attestierte die Gutachterin dem Beschuldigten erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit, aber keine verminderte Schuldfähigkeit. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für mindestens zwei Jahre seien vorhanden: „Seine Alkoholabhängigkeit muss behandelt werden.“
Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann sprach in seinem Plädoyer von einem traurigen Geschehen, „das uns betroffen und rätselnd zurücklässt“. Es gebe eigentlich keine Erklärung, wie es zum Streit gekommen ist. Der Angeklagte sei nicht angegriffen worden, Notwehr scheide aus. Schuldunfähigkeit sei ebenso ausgeschlossen. Der Mann sei nach der Tat noch in der Lage gewesen, einen zielgerichteten Notruf abzusetzen. Der 36-Jährige habe bei seinem brutalen Vorgehen mit Tötungsvorsatz gehandelt, forderte der Oberstaatsanwalt eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten sowie die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
„Tötungsvorsatz nicht eindeutig“
Sein Mandant werde zeitlebens mit der Tat umgehen müssen, keine juristische Strafe werde ihn jemals wieder ins Lot bringen können, meinte Verteidiger Steffen Lindberg. „Das Geschehen kann in einem anderen Zimmer begonnen haben“, bezweifelte Lindberg, „dass der Tötungsvorsatz schon mit dem ersten Schlag da gewesen ist“. Deshalb könne er die Schuldunfähigkeit nicht ausschließen. „Das Tatmittel war ein Alltagsgegenstand, der zweckentfremdet wurde. Der bedingte Tötungsvorsatz ist nicht eindeutig“, erklärte der Verteidiger.
Das Gericht möge prüfen, ob nicht Körperverletzung mit Todesfolge vorliegt. Wegen der alkoholischen Vorbelastung seines Mandanten gehe er von einem minderschweren Fall aus. „Der Streit ist just an diesem Abend eskaliert und in eine Katastrophe gemündet“, plädierte Lindberg, mit dem Strafrahmen unter der Forderung der Staatsanwaltschaft zu bleiben. Einen konkreten Antrag stellte er nicht.
Verteidiger Sven Rigbers schloss sich den Ausführungen seines Kollegen an. „Es tut mir leid, was passiert ist. Ich muss damit leben, auch mit meiner Familie. Ich habe ein starkes Alkoholproblem und brauche Hilfe“, sagte der 36-Jährige in seinem letzten Wort. Die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Gerd Rackwitz fällt ihr Urteil am Dienstag, 7. Dezember, um 11.30 Uhr.
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