Hockenheim. Die Theodor-Heuss-Realschule Hockenheim war im Rathaus zu Gast. Im Bürgersaal konnte die Klasse 8b mit ihrer Klassen- und Gemeinschaftskundelehrerin Dr. Anke Schubert das Planspiel „Ein Skatepark in Neckardorf?“ durchspielen – eine Simulation und Einführung in die praktischen Verfahrensweisen der Kommunalpolitik. „Für Bildung ist das unmittelbare Erleben wichtig. Und das hat gerade vor Hintergrund des Erlernens demokratischer Prozesse besondere Bedeutung. Ein praxisbezogener Workshop macht die Kommunalpolitik begreifbar – viel besser, als ein Buch es allein könnte“, sagt Anke Schubert, die den Workshop über die Landeszentrale für politische Bildung nach Hockenheim geholt hatte.
Ziemlich schnell finden sich Schülerinnen und Schüler in die Rolle der verschiedenen Fraktionen ein, bereiten sich vor, die Rolle der fiktiven Oberbürgermeisterin übernimmt Daisa Scarlat. Sie wird später berichten: „Mir gefällt das Planspiel sehr. Es ist anstrengend. Ich hätte mir nicht vorgestellt, dass Bürgermeisterin zu sein so anstrengend sein kann – diese große Rolle zu haben, wo andere zuhören und sich orientieren wollen.“
Planspiel in Hockenheimer Realschule: Streit um Ort und Kosten
Die Beschlussvorlage könnte für Hockenheim authentischer nicht sein: Der Jugendgemeinderat des fiktiven Ortes „Neckardorf“ möchte den Skaterpark in die Mitte der Stadt holen, doch die fiktive Verwaltung spricht die Müllproblematik an, es folgt eine Diskussion um den Standort des Skateparks – ins Industriegebiet oder neben einen Spielplatz. Ebenfalls Thema: die zu hohen Kosten. Dabei sieht der imaginäre Neckardorfer Jugendgemeinderat das Projekt als gute Alternative zum Freibad im Sommer.
Schon während der Einführung in die Problematik wird klar: Der Bürgersaal verleiht dem Planspiel eine gewisse Authentizität, die Heussianer sprechen wie die echten Gemeinderäte in Mikrofone. Im Planspiel steht nicht nur Fachwissen im Vordergrund, sondern auch das öffentliche Reden und das Einstehen für die eigene Meinung. Und hier waren dies vor allem die Diskussionspunkte zum Standort des Skateparks, dessen Kosten und Größe – eigentlich bekannte Themen aus der jüngsten Kommunalpolitik. Die Schülerinnen und Schüler nehmen ihre Rolle ernst, sie argumentieren wie in der Rolle vorgegeben als richtige Gemeinderäte.
Die Beschlussvorlagen werden per Änderungsanträge angepasst und abgestimmt. Der Skatpark von Neckardorf findet keine Mehrheit für die Errichtung im Zentrum, wegen der Nähe der Schule oder der Kita wegen Lärm, Tierwohl, Störung des Gottesdienstes (Kirche ist in der Nähe) oder der Sorge, dass Schüler der nahen Schule den Skatepark dann als Raucherecke benutzen. Also: Neue Beschlussvorlage, der Skatepark muss ins Industriegebiet.
Planspiel fördert politisches Fachwissen und Entscheidungsfindung
Daneben geriert sich der THRS-8b-Gemeinderat jugendfreundlich: Die Ausgaben aus dem Stadtsäckel werden auf 35 000 Euro anstatt 28 000 Euro erhöht, aber es entbrennt eine Diskussion um Eintritt für Skatepark, dies wird abgelehnt. Am Ende beschließt der fiktive Gemeinderat des Planspiels einen neuen Standort neben Spielplatz, Baukosten in Höhe von 35 000 Euro und Folgekosten (Betriebskosten pro Jahr) in Höhe von 5000 Euro, die Fläche beträgt 100 Quadratmeter. Der Beschluss fällt in diesem Planspiel einstimmig.
Wäre die 8b drei Jahre früher gekommen, hätte sie die Diskussion um den richtigen Skatepark am Gartenschaupark in Hockenheim, den der hiesige echte Jugendgemeinderat angestoßen hatte und der am Ende auch größer war als 100 Quadratmeter, in echt und live mitbekommen – auch im Real Life Hockenheim gab es ja die eine oder andere Hürde zu nehmen. So aber konnte sie eine – wenn auch ziemlich gute und authentische – Lektion in Sachen Kommunalpolitik erleben.
Mit einer Feedbackrunde endete das Planspiel. Dieses war durchweg positiv. Für alle erstaunlich und ernüchternd zugleich: Eine Entscheidungsfindung dauert (nicht nur im Planspiel) ziemlich lange. Den Schülerinnen und Schülern wurde bewusst, wie wichtig es ist, eine Entscheidung gemeinsam zu fällen, aber auch andere Meinungen auszuhalten, sich durchzusetzen oder aber auszuhalten, dass man mit der eigenen Meinung in der Minderheit sein kann.
Planspiel fördert politisches Fachwissen und Entscheidungsfindung
Schülerin Klara Kustura gefällt das Planspiel: „Man erfährt hier, wie es so ist in einer Gemeinderatssitzung. Jeder kann seine eigene Meinung sagen. Jeder hat eine andere Meinung, dann überlegt man, was man sagt, um den anderen zu überzeugen. Das ist das Interessante daran.“ Ähnlich sieht es Sageethan Premathasan: „Mir gefällt das Planspiel. Es macht Spaß, die Stimmen der anderen zu hören und Gegenargument zu finden und gemeinsam eine Lösung zu finden.“
Und Fatma Dib erinnert sich tatsächlich an die originale Diskussion in Hockenheim: „Man hatte sofort den Vergleich mit dem Skaterpark in Hockenheim. Man konnte nachvollziehen, wie dies damals entstanden ist und welche Argumente damals vielleicht auch angeführt wurden.
Argumente nachvollziehen
Und Klassenlehrerin Anke Schubert ist bestärkt vom pädagogischen Format des Planspiels: „Der heutige Tag hat mir wieder gezeigt, wie wichtig außerunterrichtliche Veranstaltungen sind: Viele Schüler, die im Unterricht eher ruhiger sind oder nicht interessiert wirken, blühen teilweise während des Planspiels auf und zeigen großen Einsatz. Das freut mich immer wieder. Planspiele ermöglichen, die politische Entscheidungsfindung nachvollziehbarer darzustellen. Auch das Aufzeigen, dass man beispielsweise im Jugendgemeinderat mitbestimmen kann, machen solche Planspiele essenziell.
Im aktuellen Jugendgemeinderat sitzen Mitglieder, die bereits an der THRS das eine oder andere Planspiel durchspielen konnten – vielleicht werden es in Zukunft noch mehr.
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