Trauerfeier

Reilingen verabschiedet sich von Philipp Bickle

Die Dorfgemeinschaft war seine Familie: Nun verabschiedete sich Reilingen von Ehrenbürger und "Menschenfreund" Philipp Bickle. Er war am 27. April in seiner "zweiten Heimat" Berlin im Alter von 81 Jahren verstorben.

Von 
Volker Widdrat
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Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, der er 60 Jahre angehört hat, stehen Spalier für den Ehrenbürger: Bei der Trauerfeier für Philipp Bickle zeigt sich die hohe Wertschätzung, die der Verstorbene in seiner Heimatgemeinde genoss. © Lenhardt

Reilingen. Von Volker Widdrat

Die Gemeindeflaggen an den Ortseingängen waren auf halbmast gesenkt. Die große Bannerfahne an der Aussegnungshalle des Friedhofs hatte beidseitig Trauerflor. Am Eingang neben den drei Kondolenztischen stand ein großes Bild von Philipp Bickle, der am Mittwochnachmittag unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragen wurde. Der Reilinger Ehrenbürger war am 27. April in seiner „zweiten Heimat“ Berlin im Alter von 81 Jahren verstorben.

Abschied von Philipp Bickle: Zusätzliche Stuhlreihen müssen her

Für die Trauerfeier mussten vor der Aussegnungshalle zusätzlich Stuhlreihen gestellt werden, weil so viele Reilinger dem beliebten Heimatforscher die letzte Ehre erweisen wollten. Der Sarg war mit Gemeindefahne und Bukett geschmückt. Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr hielten für ihr Ehrenmitglied die Ehrenwache. Der Männergesangverein 1902 führte mit einem ersten Lied zum Trauergottesdienst hin. Der Verstorbene hinterlasse „eine unersetzbar große Lücke“, sagte Pfarrerin Eva Leonhardt. Sie betete gemeinsam mit der Gemeinde zum guten Gott, „weil wir Halt suchen, weil wir Dich brauchen“.

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Bürgermeister Stefan Weisbrod wandte sich an Bickles Söhne Christian und Johannes und die Angehörigen. Er kondolierte im Namen des Gemeinderats, seiner Amtsvorgänger Helmut Müller und Walter Klein sowie des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr, Markus Piperno.

Philipp Bickle lebte für die Dorfgemeinschaft

Die Dorfgemeinschaft sei für Philipp Bickle „seine große Familie gewesen“. Diese leidenschaftliche Hingabe habe ihren privaten und familiären Preis gehabt, den seine 2016 verstorbene Frau Hildegard und die beiden Söhne durch einen vielfachen Verzicht hätten tragen müssen. Reilingen müsse sich nun schweren Herzens von „einem vielgeliebten Menschen und einer sehr hochgeschätzten Bürgerpersönlichkeit“ verabschieden. „Mit Philipp verlieren wir einen unserer größten Menschenfreunde aus unserer Mitte. Er hat sein ganzes Leben seiner geliebten Heimatgemeinde verschrieben“, sagte Weisbrod.

Bereits Ende der 1950er Jahre leitete er als Jugendlicher den sogenannten Jungmännerkreis der evangelischen Kirchengemeinde. Erst kürzlich hatte man den verdienten Hauptfeuerwehrmann für 60 Jahre Zugehörigkeit zur Wehr geehrt. Philipp Bickle sei legendär gewesene, ein „Schullehrer alter Schule“, der stets mit viel Begeisterung sein einmaliges historisches Wissen an Interessierte weitergegeben habe.

Heimatmuseum nach Philipp Bickle benannt

Mit viel Talent und reichlich Begabung sei er in seinem Beruf zu einem beliebten Pädagogen geworden, „mit einem echten menschenfreundlichen Interesse am Fortkommen seiner Schüler“. Das heute nach ihm benannte Philipp-Bickle-Heimatmuseum habe durch ihn eine überörtliche Bedeutung erlangt und durch sein Schaffen gemeinsam mit Bernhard Römpert vielfach preisgekrönt worden.

Weisbrod erinnerte an die Heimatliebe des Verstorbenen. 1990 rief er die Spargelbruderschaft ins Leben, 2000 initiierte er den Tag des offenen Denkmals. Über Jahrzehnte war er Hauptorganisator des Sommertagumzuges. Immer an seiner Seite und in historischer Tracht: seine Ehefrau Hildegard, die ihn in 48 glücklichen Ehejahren beispiellos unterstützte. Unvergessen sei auch das Engagement der Familie Bickle bei der Gründung der deutsch-französischen Freundschaft 1989 mit der Partnergemeinde Jargeau, dankte der Bürgermeister.

Trauerfeier für Ehrenbürger Philipp Bickle. © Dorothea Lenhardt

Sein Wirken sei auch landesweit nicht unerkannt geblieben. Schon 1992 war er mit der Landesehrennadel Baden-Württemberg, 2007 mit der Ehrennadel des Arbeitskreises Heimatpflege durch das Regierungspräsidium Karlsruhe ausgezeichnet worden. 2001 wurde ihm die Bürgermedaille zugesprochen. „Er gehörte zu Reilingen wie der Hase zum Wappen, er war uns ein leuchtendes Vorbild, ein Botschafter und ein wunderbares Aushängeschild zugleich, er war ein herzensguter Mensch und eine liebenswürdige Bürgerpersönlichkeit.“ Die Gemeinde verneige sich in großem Respekt und in großer Wertschätzung, so Weisbrod: „Lieber Philipp, wir schätzen uns sehr glücklich, dich gehabt zu haben.“

Der Vorsitzende der Freunde Reilinger Geschichte, Marcel Dörfer, würdigte in seinem Nachruf den beliebten Ehrenvorsitzenden. Bickle war 1981 Gründungsvater und Initiator des Heimatvereins und als erster Vorsitzender für den Aufbau und die Eröffnung des Heimatmuseums 1986 verantwortlich. Für die Kultur- und Sportgemeinschaft erinnerte die Vorsitzende Sabine Petzold an die unschätzbaren Verdienste Bickles.

Philipp Bickle war ein geschätzter Pädagoge

Rektor a. D. Peter Scholl würdigte ihn als überaus kompetenten und geschätzten Pädagogen, der über viele Jahre das Leben an der Lußhardt-Schule in Neulußheim entscheidend mitgeprägt habe. Bickle war zuletzt von 1987 bis 2005 Konrektor gewesen. Zudem war er Leiter der Außenstelle Neulußheim der Volkshochschule Hockenheim und brachte sich seit seiner Pensionierung an der Friedrich-von-Schiller-Schule beim heimatkundlichen Sachunterricht ein.

Eigentlich habe er Theologie studieren wollen, sich dann aber doch für Pädagogik entschieden, erinnerte Pfarrerin Eva Leonhardt daran, dass die evangelische Kirchengemeinde Bickles ganzes Leben bestimmt habe. Seit der Jugendzeit sei er engagiert gewesen. „Sein Name und seine Spuren, die er hinterlassen hat, werden nicht so schnell vergessen sein“, meinte die Pfarrerin. Das Lied „Christ ist erstanden“ war zu hören – so, wie es wohl an Ostern im Berliner Dom, als Philipp Bickle seinen letzten Gottesdienst besuchte, und in der Kirche in Reilingen gesungen worden war.

Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr standen Spalier für den Ehrenbürger der Spargelgemeinde. Der Trommelwirbel des Spielmannszugs begleitete den Trauerzug zum Grab. Zum Abschied von Philipp Bickle spielten die Musikfreunde und der Spielmannszug gemeinsam das Lied vom „guten Kameraden“.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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