Hockenheim. Majestix statt Marcus: Mit dem unbeirrt Widerstand leistenden gallischen Dorf der Comiclegende Asterix hat der Oberbürgermeister bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2026 am Mittwochabend Hockenheim verglichen. Die Römer, die die Einwohner piesacken, verortete er in den „Magistraten“ in Karlsruhe, Stuttgart und Berlin. Und ganz wie Asterix und seine Freunde blieb auch Marcus Majestix Zeitler zuversichtlich, dass das bislang geplante Defizit von 7,8 Millionen Euro im Entwurf des Ergebnishaushalts noch verringert werden kann.
Geht ihm auch nicht der Humor angesichts roter Zahlen aus, so fand der Oberbürgermeister doch deutliche Worte, um seine Unzufriedenheit mit der Situation für die Kommunen zu beschreiben. Der Widerstand des von unbeugsamen Kurpfälzern bevölkerten Städtchens gegen den „ganzen Wahnsinn“ sei regelmäßig berechtigt. Bereits im laufenden Jahr seien 90 Prozent der Landkreise nicht in der Lage gewesen, ihre Aufwendungen aus laufenden Erträgen zu erwirtschaften. Die Verschuldung der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg belaufe sich auf weit über 3 Milliarden Euro und mehr als die Hälfte der 1.065 Kommunen bekomme keinen ausgeglichenen Haushalt hin.
Hockenheims OB fordert mehr Vertrauen in Kompetenzen der Kommunen
„Die Spielräume werden immer enger“, stellte Zeitler fest. Die kommunale Familie übernehme 24 Prozent der Zuständigkeiten von Bundes- und Landesaufgaben, aber nur 17 Prozent seien finanziell gedeckt. „Diese finanzielle Lücke ist viel zu groß, als dass sie von den Städten und Gemeinden aufgefangen werden kann“, stellte der OB fest.
Er kritisierte von oben auferlegte Bürokratie, fehlendes Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung, durch Land und Bund auferlegte hohe Standards und ein übertriebenes „Beauftragtenwesen“. Zeitler zählte 17 verschiedene Beauftragte auf, die die Kommunen beschäftigen müssen, und fand: „Es stellt sich wirklich die Frage, ob alles geregelt und vorgeschrieben sein muss.“
Sorgenvoller Blick auf die Steigerung der Sozialausgaben
Mit Sorge blickte der Oberbürgermeister auf die Sozialausgaben, die beim Rhein-Neckar-Kreis mit 574 Millionen Euro einen Anteil von 65 Prozent an den Gesamtaufwendungen in Höhe von 890 Millionen Euro ausmachten. Die Kommunen seien nicht in der Lage, die Kosten aus den Bereichen Soziales, Migration und Gesundheitswesen weiter aufzufangen. „Die Ausgaben im sozialen Bereich laufen komplett aus dem Ruder und immer noch kommen Forderungen, die sozialen Standards auszubauen und neue einzuführen“, sagte Zeitler. Es sei zu befürchten, dass die Kreisumlage, die für Hockenheim bereits jetzt 13 Millionen Euro ausmache, weiter steige.
Die Konsequenz für Marcus Zeitler: Land und Bund müssten den Kommunen ihre Handlungsspielräume zurückgeben. „Man kann uns vertrauen und wir wissen meist vor Ort am besten, wofür wir Geld ausgeben und benötigen“, betonte er. Viele Projekte könnten schneller und effektiver umgesetzt werden, durch Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Bürokratieabbau forderte der OB vor allem für den Bereich Arten-, Landschafts- und Naturschutz.
Wichtige Ausgabenposten im Haushaltsentwurf 2026
- Für die zehn größten Investitionen im Finanzzeitraum von 2026 bis 2029 plant die Stadt 30 Millionen Euro Neuinvestitionen.
- Der Neubau des Parkkindergartens am Reiterplatz ist mit 10 Millionen Euro angesetzt, wovon 2026 etwa eine Million Euro abfließen werde.
- Die Sanierung des ehemaligen VHS-Gebäudes und der Umbau zur Erfüllung des Rechtsanspruches auf Ganztagesbetreuung bei der Pestalozzischule soll 3,4 Millionen Euro kosten, 2026 soll rund eine halbe Million Euro fließen. Das Land übernimmt 70 Prozent.
- Für die über 7 Millionen Euro teure Modernisierung des Bauhofes stehen noch Restarbeiten für 800.000 Euro an.
- Zur Deckung des Defizits im Aquadrom müssen 1,5 Millionen Euro zur Stärkung des Eigenkapitals an die Stadtwerke Hockenheim abgeführt werden.
- 1,3 Millionen Euro soll die Erneuerung der Einlaufgruppen auf dem Klärwerk kosten, um einen reibungslosen Ablauf der Abwasserreinigung zu sichern.
- Die Sanierung der Kaiserstraße und die Brückensanierung Karlsruher Straße schlagen bis 2029 mit fast 4 Millionen Euro zu Buche.
- Sanierungsarbeiten beim Pumpwerk sind mit 250.000 Euro veranschlagt.
- Für Fuhrpark und Ausrüstung der Feuerwehr sind bis 2028 rund 2,2 Millionen Euro angesetzt.
Als Beispiel nannte er das Gewerbegebiet Mörscher Weg, das seit über zehn Jahren nicht zu Umsetzung komme wegen des Schutzes der Haubenlerche, im Asterix-Jargon von ihm fast liebevoll „Haubinix“ getauft. Für dieses Gewerbegebiet mit der Größe von circa sieben Hektar fordere der Naturschutzbeauftragte eine Ausgleichsfläche für die Haubenlerche von über 20 Hektar – „und das, obwohl im Mörscher Weg seit über einem Jahr kein Haubinix mehr gesehen wurde.“ Es kann nicht sein, dass solche Bauvorhaben durch Auflagen dermaßen teuer gemacht und in die Länge gezogen werden, dass deren Umsetzung kaum noch möglich ist.
Zukunft der Realschule kann nicht in einem Neubau liegen
Unverständnis äußerte der OB auch dafür, dass die Stadt seit drei Jahren auf eine Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe warte, ob die Riegelgebäude im Schulzentrum abgerissen werden dürfen oder nicht, was letztlich auch die Planungen für die Zukunft der Theodor-Heuss-Realschule behindere. Diese könne angesichts Kosten von 40 Millionen Euro nicht in einem Neubau liegen – es müssten wie beim Gauß-Gymnasium andere Wege gefunden werden.
Zum Aquadrom kündigte Marcus Zeitler eine weitere Bürgerinfoveranstaltung Anfang 2026 an. Ein Schwerpunkt werde die Standorterfassung der Besucherherkunft bilden. Für die Diskussion wünschte er sich „Sachlichkeit, Weitblick und vor allem den Mut, die richtigen Entscheidungen zu treffen“. Die Stadtwerke müssten dringend auch in den Ausbau der Netze für Gas, Strom, Wasser und Wärme investieren.
Der eingebrachte Entwurf geht nun in die Beratungen, vor allem in der anstehenden Klausurtagung.
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