Katastrophe (mit Fotostrecke)

So steht es um die Sportflieger Hockenheim nach dem Hangarbrand

Nach dem katastrophalen Hangarbrand im Juni, dem 13 Flugzeuge zum Opfer fielen, blicken die Vereinsmitglieder mutig in die Zukunft und starten eine Crowdfunding-Aktion.

Von 
Henrik Feth
Lesedauer: 
Bedrückender Anblick: Nichts außer verkohlten Balken, Asche und den Stahlskeletten der Motorflugzeuge ist noch von dem Hangar und dessen Inhalt übrig. © NLenhardt

Hockenheim.Hockenheim ist abgebrannt“ – drei Wörter einer Textnachricht, die beim Empfänger durchaus für Verwirrung sorgen kann. Ein Gefühl, das sich bei Markus Kramer, Ausbildungsleiter im Bereich Kunstflug, mit Panik und Unglaube mischte, als er am Morgen des 19. Juni auf sein Handy blickte. Schnell war klar, dass damit nicht die komplette Rennstadt gemeint ist, sondern der Hangar des Hockenheimer Sportflieger-Clubs (SFC). Dieser ist aus bislang unbekannten Gründen und mit insgesamt 13 darin abgestellten Segel- und Motorflugzeugen in der Nacht zuvor bis auf seine Grundfesten abgebrannt.

Ort der Flammen gleicht einem Krematorium

Schreitet man auf dem Segelflugplatz um den Ort, an dem das Flammeninferno gewütet hat, entsteht sofort eine Assoziation: Friedhof. Wobei das Wort Krematorium noch treffender ist. Von den Segelflugzeugen, die zum Großteil aus Aluminium bestehen, ist nichts aus Asche zurückgeblieben, während die Stahlgerüste der Motorflieger wie ein Skelett in trauriger Einödnis erscheinen.

„Wir hatten noch Glück, dass wir kurz zuvor Flugschule hatten und wenigstens die Winde den Flammen entkommen konnte“, erzählt SFC-Vorsitzender Florian Meyer. Er selbst hat auch erst am Morgen nach dem Inferno von der Tragödie erfahren. „Ich konnte es nicht glauben, es war schockierend. Wir vom Vorstand haben uns dann erstmal zusammengesetzt für eine Krisensitzung. Wir waren alle neben der Spur.“

Denn mit dem Hangar verlor der Verein auch drei seiner Flugzeuge sowie zehn privat dort abgestellte Maschinen. Was Generationen aufgebaut hatten, ist in einer Nacht zerstört worden. „Und dabei geht es nicht nur um den finanziellen Schaden. Viele der Flugzeuge waren Einzelstücke, die unersetzbar sind. Allein schon vom emotionalen Wert“, so Meyer. Als Flugsportler verbinde man einzigartige Erinnerungen, wie den Erstflug oder weitere einmalige Flüge mit den Maschinen.

Katastrophe

Vor und nach dem Brand bei den Hockenheimer Sportfliegern

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
13
Mehr erfahren

Markus Kramer wird die Nacht vom 18. auf den 19. Juni wohl für den Rest seines Lebens in Erinnerung bleiben. Der Kunstflugausbilder des SFC verlor bei dem Brand seine beiden historischen Flugzeuge. Eine Maschine aus dem Jahr 1964 und sein Herzstück, eine Condor D-MKVR, mit der ihn eine 25-jährige Geschichte verbindet. Denn Kramer hat das Ultraleichtflugzeug selbst in tausenden Stunden restauriert, sogar gemeinsam mit seinen Kinder daran geschraubt und die Maschine gepflegt.

„Es hing soviel Herzblut an den beiden Maschinen. Am Tag zuvor bin ich noch geflogen, es ist einfach surreal. 2009 war der Erstflug und es folgten so viele schöne Momente“, beschreibt Kramer, dem beim Blick auf die Hangar-Ruine sichtlich der Schmerz anzusehen ist.

Die junge Segelflieger sind nach der Brandkatastrophe immer noch unter Schock

„Wir haben auch unser Schulungsflugzeug verloren, das ist besonders für unsere Auszubildenden tragisch“, betont Meyer. Zu diesen gehören Jugendleiter Till Gatzenmeyer sowie Johannes Schweigler und Fabio Hillenbrand. Die Jugendlichen sind sich in einem einig: Sie können diese Katastrophe immer noch nicht realisieren.

Doch wie soll es jetzt weitergehen? Schließlich ist dem Verein praktisch die Existenzgrundlage genommen worden. „Aktuell haben wir eingeschränkten Flugbetrieb. Außerdem haben wir zahlreiche Hilfsangebote von befreundeten Flugsportvereinen erhalten. Wir sind vor allem Walldorf und Schwetzingen dankbar, die unsere Mitgliedern das Fliegen ermöglichen, damit diese ihre Scheine halten können.“

SFC-Vorsitzender Florian Meyer (v. l.) mit Markus Kramer, Johannes Schweigler und Fabio Hillenbrand an den Ruinen. © NLenhardt

Doch der Verein will sich von der Flammen-Tragödie nicht unterkriegen lassen, zählt auf den Zusammenhalt und die Gesellschaft innerhalb der Flieger. „Unser Sport hat auch viel mit Liebe zu tun, mit Herzblut und Engagement. Der emotionale Verlust dieser Nacht ist mit nichts vergleichbar“, so Meyer weiter. Nur zwei der zehn Privatflugzeuge waren entsprechend versichert, was den finanziellen Schaden für deren Besitzer nochmals erhöht. Die Maschinen des Vereins hatten eine Kasko-Versicherung.

„Doch durch die Corona-Krise sind die Preise dermaßen gestiegen, dass nach der Auszahlung des Versicherungsgeldes 250 000 Euro Defizit für eine gleichwertige Wiederbeschaffung fehlen“, erklärt der Vorsitzende. Doch der SFC will darum kämpfen, wieder einen normalen Flugbetrieb einführen zu können.

Die Hoffnung der Hockenheimer Segelflieger liegt in einer Crowdfunding-Kampagne

„Wir haben im Fliegernetzwerk einen Spendenaufruf zum Wiederaufbau unserer Flotte getätigt. Jeder Cent hilft uns. Außerdem sind wir in Kontakt mit Stiftungen und lokalen Unternehmen“, zeigt sich Meyer voller Hoffnung. Mit einigen sei man schon weit in den Gesprächen, könne allerdings noch nichts vermelden. Auch Privatleute können den Verein über das Spendenkonto und Crowdfunding unterstützen.

„Wir sind für alles offen und können auch diverse Sponsoring-Modelle anbieten. Jeder, der interessiert ist, kann auf uns zukommen und dabei helfen, diese Krise zu bewältigen“, so der Appell des Vorsitzenden.

Mehr zum Thema

Großeinsatz (mit Video)

Feuer bei Hockenheimer Sportfliegern: War es Brandstiftung?

Veröffentlicht
Von
Henrik Feth
Mehr erfahren
Segelflieger

Hangarbrand in Hockenheim: Können Ermittlungen beginnen?

Veröffentlicht
Von
Henrik Feth
Mehr erfahren
Diskussion

Hockenheim: Klagen über Delvanis reißen nicht ab

Veröffentlicht
Von
Volker Widdrat
Mehr erfahren

Für die nahe Zukunft wünschen sich die Verantwortlichen, dass es mit dem Wiederaufbau weitergehen kann. Die Brandursache steht immer noch aus, doch Meyer findet die passenden Worte: „Priorität hat es, dass wieder Ruhe einkehrt und ein normales Vereinsleben möglich ist. Dass unsere Mitglieder wieder schöne Flüge haben können und unsere Jugend die Möglichkeit hat, ihre Ausbildung abzuschließen.“ Ein Wunsch, den der ganze Verein hegt.

Außerdem hoffe er, dass die Versicherung bald die Baufreigabe für eine neue Halle erteilt. „Und irgendwann können wir dann eine Halleneinweihung und Flugzeugtaufen feiern“, so Meyers Schlusswort.

Redaktion Verantwortlicher Redakteur für die Gemeinde Ketsch

Copyright © 2025 Hockenheimer Tageszeitung