Pumpwerk

Songs von den Beatles und Led Zeppelin erobern Hockenheim

Die Band „Thomas Blugs Rock-Anarchie“ lebt im Hockenheimer Pumpwerk kompromisslos den musikalischen Moment. Von Balladen bis Oldschool-Rock spielen sie alles, was das Musikherz begehrt.

Von 
Jakob Roth
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Virtuose Anarchisten: Rudi „Gulli“ Spiller (v. l.), Drummer Ralf Gustke und Thomas Blug in Aktion im Pumpwerk. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Die Musikindustrie hat sich seit dem Aufstieg von Streamingdiensten wie Spotify oder Youtube stark verändert: Songs werden kürzer und für die Vermarktung im Internet optimiert, oft mit sinkendem Anspruch an Inhalt und Qualität. Teilweise erscheint der finanzielle Erfolg an einem Musikstück inzwischen wichtiger als der künstlerische. Dieser Entwicklung möchte der deutsche Gitarrenvirtuose Thomas Blug entgegenwirken. Zusammen mit Rudi „Gulli“ Spiller am Bass gründete er die Jam-Band „Thomas Blugs Rock-Anarchie“, die jetzt im Pumpwerk Station gemacht hat.

Seit Jahren tourt die Gruppe mit zahlreichen Gastmusikern durch ganz Deutschland, um den freigeistigen Classic-Rock-Stil der 1960er- und 70er Jahre wiederzubeleben. Was das genau bedeutet, zeigte sie zahlreichen Besucher in Hockenheim. Als Vorprogramm heizte die Rock-Coverband „Gallery“ ein. Raue Töne und züngelnde Gitarrensoli schmückten das Spiel der Musiker aus – auch beim Cover des Beatles-Klassikers „Come Together“. Von sanften Balladen bis Oldschool-Rock reichte ihr Repertoire. Am Ende des zirka einstündigen Sets ernteten „Gallery“ tosenden Applaus.

Niemand weiß, was kommt

Als Gastmusiker für die „Rock-Anarchie“ hatten Spiller und Blug den Drummer Ralf Gustke dabei, der unter anderem mit Chaka Khan oder den Söhnen Mannheims gespielt hat. Diese geballte Erfahrung auf der Bühne war spürbar und für das Konzept der Show unbedingt notwendig. „Wir wollen den Rock in seiner puristischen Form zurückbringen. Das heißt: Es wird nichts geprobt. Alles, was wir spielen, wird auf der Bühne live entschieden“, erklärt „Gulli“ Spiller. „Deshalb heißt es auch Anarchie. Niemand weiß, was als Nächstes passiert. Wir spielen also bekannte Songs und verlängern sie durch Improvisationen. So wird eine zweiminütige Nummer schnell 25 Minuten lang“, fügt der Bassist hinzu.

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Vorbilder sind dabei Bands wie Deep Purple oder Led Zeppelin, die diese Art der Live-Improvisation auf ihren Konzerten geprägt haben. Und tatsächlich spielen die Musiker im Pumpwerk ohne Unterlass und verlängern Songs durch Soloeinlagen oder Kollektivimprovisationen nach Lust und Laune - ein beeindruckendes Schauspiel. ZZ-Tops „Sharp Dressed Man“ geht daher statt der üblichen vier ganze 30 Minuten. Das Gitarrenfeuer wird dabei von einem viertelstündigen Schlagzeugsolo von Ralf Gustke durchbrochen. Die Dynamik und Vielseitigkeit seiner Improvisationen standen immer wieder heraus und wurden oft mit Szenenapplaus belohnt.

Stellenweise durchwanderte das Trio Songs auch in rekordverdächtigem Tempo. So folgen Deep Purples „Stormbringer“ und der Hendrix-Klassiker „Hey Joe“ innerhalb von drei Minuten aufeinander. Dabei wurden die Songs oft durch kleine musikalische Zitate unterbrochen wie etwa dem Motiv des James-Bond-Themas oder Beethovens „Ode an die Freude“.

Hinter dem Gewebe aus Improvisationen bleibt die Struktur der Songs stets bestehen. Um der eigenen Künstlernatur Ausdruck zu verleihen, haben die Musiker ein besonderes Credo: „Immer, wenn wir merken, dass etwas zu sehr in Routine ausartet, passiert etwas Unerwartetes“, erklärt Thomas Blug, dessen langjährige Erfahrung in jedem Solo erlebbar ist. Seine Gitarre, mit der er im Vorprogramm von Michael Jackson schon auf dem Hockenheimring vor mehr als 100 000 Menschen auftrat, bringt er in melodiösen Eskapaden zum Klingen. Rudi „Gulli“ Spiller fügt sich mit leidenschaftlichen Rock-Vocals in das virtuose Klangbild ein und beweist sein Können nicht nur auf dem Bass, sondern auch auf seiner Mundharmonika.

Zusammen mit „Gallery“ feiert „Thomas Blugs Rock-Anarchie“ nach zirka zweieinhalb Stunden ein furioses Finale. Die Spielfreude der Musiker entlädt sich bei Deep Purples „Highway Star“ ein letztes Mal in einen Sturm aus Gitarrenläufen und Drum-Breaks. Der Abend endet genauso ekstatisch, wie er begann. Rudi „Gulli“ Spiller und Thomas Blug wehren sich gegen bestehende Trends in der Musikbranche und haben damit großen Erfolg. Denn für die Musiker regnet es zurecht minutenlang Applaus – die Rock-Anarchie überzeugt scheinbar mühelos.

Freier Autor Freier Mitarbeiter

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