„Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist für die Entwicklung der Stadt Hockenheim von immenser Bedeutung.“ Der Satz von Christoph Henninger, persönlicher Referent von Oberbürgermeister Christoph Henninger, ist fast zwei Jahre alt. Die Entscheidung, wo bezahlbarer Wohnraum entstehen kann, traf der Gemeinderat bereits am 20. Dezember 2017, trotzdem ist noch nicht absehbar, wann das Anliegen zur Umsetzung kommt. Das Baurecht hat der Gemeinderat immerhin im vergangenen Dezember geschaffen. Wir fragten die Fraktionen, wie und wann es weitergeht.
„Rückblickend ist festzuhalten, dass mit der Bürgerbeteiligung zum bezahlbaren Wohnraum (im Januar 2017, Anmerkung der Redaktion) eine Erwartungshaltung geweckt wurde, die zu keinem Zeitpunkt erfüllbar war“, fasst Markus Fuchs die Position der CDU-Fraktion zusammen. Denn weder verfüge die Stadt über ausreichend finanzielle Mittel noch sei sie organisatorisch jemals in der Lage gewesen, dieses Projekt – etwa in Form einer Wohnungsbaugesellschaft, wie von der CDU 2015 vorgeschlagen – zu stemmen.
CDU: Nur über Investor möglich
Von daher sei für die CDU klar, dass das Grundstück im Hubäckerring/Max-Planck-Straße nur durch einen Investor bebaut werden könne, der sich im Vorfeld vertraglich zu einer Mietpreisbindung verpflichten müsse – ein Vorgehen, mit dem die Stadt in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe. „Dass die Bebauung gemäß dem aktuellen Gebäudeenergiegesetz gebaut werden und somit sich an allen klimapolitischen Vorgaben halten muss, versteht sich von selbst“, ergänzt Bärbel Hesping.
Auf weitere Details möchte sich die Union öffentlich noch nicht festlegen, um die Arbeit der Arbeitsgruppe, die das weitere Vorgehen bei der Ausschreibung des Grundstücks definieren soll, nicht zu belasten. Denn nun sei vor allem eines wichtig: „Wir wollen keine weiteren Diskussionen und Verzögerungen. Es muss nun endlich losgehen“, stellt Christoph Kühnle fest.
Grüne: Fläche erweitern
Die Grünen wünschen sich eine Erweiterung der bisher für sozialen Wohnraum vorgesehenen Fläche. Adolf Härdle erinnert daran, dass 13 Standorte auf ihre Eignung untersucht worden waren und der Gemeinderat im Dezember 2017 einen Teil der Fläche des Betriebshofs der Stadtwerke „Hubäckerring/Max-Planck-Straße“ und das Areal „Am Kreuz“ als Standorte für den bezahlbaren Wohnungsbau festgelegt habe. Am 10. Januar 2021 habe die Fraktion bei der Weiterentwicklung des Bebauungsplans am Hubäckerring Vorschläge und Ideen unterbreitet. Dabei ging es unter anderem um die mögliche Verlegung des Betriebshofs der Stadtwerke und darum, den dort angesiedelten Lebensmittelmarkt Penny in die weiteren Planungen einzubeziehen.
In einem Antrag am 26. April hätten die Grünen nochmals einen Prüfauftrag in der Sache gestellt. Der Penny-Markt könnte, dessen Interesse vorausgesetzt, nach heutigen energetischen Vorgaben und Möglichkeiten neu gebaut werden und über dem Markt bezahlbarer Wohnraum entstehen. Härdle: „Die zu überplanende Fläche würde sich mehr als verdreifachen, die finanzielle Situation der Stadtwerke sich verbessern. Im Sinne einer nachhaltigen Innenentwicklung könnte die Versiegelung einer zusätzlichen Fläche vermieden werden. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.“
Aufgrund der Verbindlichkeiten des Konzerns Stadt Hockenheim von über 100 Millionen Euro sei die Stadt auf Investoren angewiesen. Ein Anteil von etwa 20 bis 30 Prozent an bezahlbarem Wohnraum könnte in Bebauungsplänen festgelegt und ein Belegungsrecht vereinbart werden. Es sei sicher lohnend zu überprüfen, ob das „Schwetzinger Fördermodell“ eine wirksame und sozial begründete Finanzierung von Wohnraum ermöglicht.
Einen Zeithorizont zu nennen, sei schwierig. „Aufgrund der momentanen Preis- und Rohstoffsituation auf dem Baumarkt hat eine gründliche Vorbereitung gegenüber einer eventuell unausgereiften Baumaßnahme Vorrang“, unterstreicht Härdle. Die Grünen setzen auf eine qualifizierte und vorausschauende Stadtplanung.
SPD: Belegerecht für Kommune
Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wurde vereinbart, dass pro Jahr 100 000 Sozialwohnungen gebaut werden sollen, erinnert Marina Nottbohm für die SPD. „Das ist auch bitter nötig, fallen doch pro Jahr auch circa 25 000 Wohnungen aus der Sozialbindung. Hier seien Bund, Land und die Kommunen gefragt.
Die SPD-Fraktion habe in den vergangenen Jahren wiederholt angemahnt, endlich auf dem Grundstück der Stadtwerke mit den Planungen für bezahlbaren Wohnungsbau zu beginnen. Jetzt habe sich die Verwaltung dieses Themas angenommen, allerdings könne darüber noch nicht berichtet werden, da der Gemeinderat aktuell noch in der nicht öffentlichen Phase berät.
Die SPD-Fraktion wünscht sich die Nutzung des gesamten Grundstücks, sodass viele verschieden große Wohneinheiten entstehen, die die Bedürfnisse je nach Größe der Familien erfüllen. Eine dreigeschossige Bebauung, angepasst an die Umgebung, erscheine sinnvoll. Ein Belegerecht solle der Kommune eingeräumt werden, eventuell könne der Wohnraum auch direkt von der Kommune vermietet werden.
„Eine Mietpreisfestlegung ist zwingend nötig, ökologische Kriterien sowie Barrierefreiheit sind für dieses Bauvorhaben ein Muss“, hält Marina Nottbohm fest. Für die SPD-Fraktion stehe hier nicht die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt, „sondern einfach die dringend notwendige Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Hockenheim“.
FDP: Rohbau bis Mitte 2023
„Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei um ein sehr umfassendes Thema, das regelmäßig im Gemeinderat präsent ist“, antwortet Frank Köcher-Hohn für die FDP. Die Liberalen könnten nachvollziehen, dass es für Außenstehende so aussieht, als sei hier keinerlei Fortschritt zu erkennen. Die Schaffung des Baurechts zeige aber, dass das Projekt Fahrt aufnimmt.
„Wir als FDP wünschen uns, dass die Verwaltung einen Investor findet, der sich des Projekts annimmt. Es gibt schließlich ausreichende Förderpauschalen und erhebliche Tilgungsnachlässe, die Anreize für Investoren im sozialen Wohnungsbau schaffen. Dass ausdrücklich Menschen mit geringen Einkommen diese Wohnungen nutzen, kann durch vertragliche Reglungen mit dem Investor sichergestellt werden.“
Die FDP hoffe, dass Mitte nächsten Jahres zumindest der Rohbau steht. Wohnungsbau sei im Gemeinderat immer ein zentrales Thema. Wichtig sei ihr zu wissen, wie es hinsichtlich des Reiterplatzes weitergeht: „Ist das Thema Wohnbebauung da schon vom Tisch? Wir glauben nicht. Hier müssen schnell Lösungen gefunden werden und vor allem alle Fakten auf den Tisch gelegt werden.“
Für Frank Köcher-Hohn steht fest: „Hockenheim braucht bezahlbaren Wohnraum, seniorengerechten Wohnraum und das Mehrgenerationenwohnen rückt auch immer mehr in den Blickpunkt. Das alles ist nach unserer Meinung mit einem gut durchdachten Plan für die Innenentwicklung von Hockenheim möglich.“
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