Hockenheim/Ketsch. Sieben Marathons in sieben Tagen: Der 59-jährige Dr. Thomas Soballa startet ab Sonntag, 16. Juli, täglich um 7 Uhr am Seehotel in Ketsch auf die 42,195 Kilometer lange Strecke, die von Ketsch nach Altlußheim, durch Rheinhausen, Oberhausen und Waghäusel nach Reilingen und an Neu- und Altlußheim vorbei zurück ans Hotel führt. Soballa sucht dafür Mitstreiter, die ihn zumindest ein kleines Stückchen weit begleiten. Einsteigen können sie überall auf der Strecke.
Das, denke ich mir, als mich meine Kollegin Vanessa Schwierz fragt, ob ich Dr. Soballa einmal während seines „Marathon-Marathons“ begleiten möchte, wäre doch die ideale Möglichkeit, einen Marathon zu laufen. Fit fühle ich mich, immerhin jogge ich fast jeden Tag zwischen drei und fünf Kilometern, spiele Tischtennis und bin in den Bergen bei Hochalpintouren und beim Klettern kaum klein zu kriegen. Aber: Genau in Soballas Laufwoche bin ich komplett verhindert. An keinem einzigen Tag könnte ich um 7 Uhr laufen gehen - unmöglich.
Die Lösung ist schnell gefunden: Ein Probelauf zu zweit ermöglicht es mir, die Strecke zu laufen, und Dr. Soballa, in Begleitung zu testen, ob das, was er sich da vorgenommen hat, auch wirklich machbar ist. Denn: Der Mann hat eine künstliche Hüfte! Viele andere Menschen können sich gut damit bewegen, sind von einem Marathon aber weit entfernt.
„Ich walke einen Kilometer und jogge dann einen Kilometer. Immer abwechselnd“, erklärt mir der Sportarzt im Vorgespräch am Telefon. „Marathon light“ nennt er dieses Vorgehen. Während der Walkingphase ruhe er aus, esse und trinke etwas - ständig aber in Bewegung. Cola-Kracher futtert er besonders gerne, wenn es auf die letzten Kilometer geht. Die Walking-Passagen möchte er in neun, die Jogging-Passagen in sechseinhalb Minuten absolvieren. Insgesamt würde er somit zwischen fünfeinhalb und sechs Stunden für die 42,195 Kilometer benötigen - diese Planung hat einen Grund: Nach sechs Stunden wird bei offiziellen Marathons das Ziel geschlossen.
Die sechseinhalb Minuten beim Joggen sind kein Problem für mich, immerhin brauche ich bei meinen fast täglichen Läufen selten mal über fünfeinhalb Minuten pro Kilometer. Walken? Keine Ahnung, nie gemacht! Stöcke hole ich mir daher bei meinem besten Freund ab, habe sie aber erstmals wirklich während des Laufs mit Dr. Soballa in der Hand.
Marathonversuch ohne Vorbereitung
Drei Tage vor dem Termin fällt die Entscheidung, wirklich zu versuchen, die 42,195 Kilometer zu schaffen. Um 7 Uhr nachts - jede Zeit vor 10 Uhr ist in meinen Augen brutal - soll es am Seehotel losgehen. Ich stehe also um 5.30 Uhr auf, dusche und putze mir die Zähne. Dass ich vergesse, etwas zu frühstücken, fällt mir erst während des Laufs auf. Dumm, wirklich dumm! Wenigstens gab es, wie mir der Sportarzt empfohlen hat, am Tag zuvor „Nudeln satt“, wie er es ausdrückte. Die aber liegen abends schwer im Magen und wirklich schlafen kann ich vor lauter Aufregung auch nicht. Aber egal, ich bin schon öfters Halbmarathons ohne Frühstück und nur mit etwas Wasser gelaufen.
Um genau 7 Uhr nachts erreiche ich das Seehotel - Ich bin etwas spät. Dr. Soballa steht unter einem Baum und versucht sich möglichst gut vor dem strömenden Regen zu schützen. Er sieht so aus wie er am Telefon geklungen hat: super sympathisch. Wir schütteln uns die Hände, fangen an, uns zu duzen, er hilft mir beim Verstauen von Autoschlüssel und Co. in der eigens für den Test gekauften Laufweste und schon walkt’s los. Der erste Kilometer weit unterhalb der Neun-Minuten-Marke erfolgt in einem Wolkenbruch und während einer guten Unterhaltung. Thomas stellt sich als außerordentlich belesener Begleiter heraus.
Strecke und Spendenzweck
- Dr. Thomas Soballa läuft an sieben Tagen sieben Marathons. Los geht es am Sonntag, 16. Juli, letzter Lauf am Samstag, 22. Juli.
- Der Arzt freut sich über Mitläufer – auf der gesamten Strecke oder Teilstrecken. Egal ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder E-Roller.
- Laufroute: Start ist um 7 Uhr am Seehotel in Ketsch. Altlußheim passiert er gegen 8.30 Uhr, Rheinhausen gegen 9.15 Uhr, Oberhausen gegen 9.40 Uhr, Waghäusel etwa um 10 Uhr, Reilingen ungefähr um 10.45 Uhr, den Insultheimer Hof gegen 11.45 Uhr und zurück am Seehotel ist Dr. Soballa zwischen 12.30 bis 13 Uhr.
- Dr. Thomas Soballa läuft für den guten Zweck. Unterstützt und gesponsert wird er von der Vulpius Klinik in Bad Rappenau.
- Spenden gehen an den Verein Endulen: IBAN: DE43 3706 0193 4006 2200 16, BIC: GENODED1PAX Pax-Bank. vas
Sieben Marathons an sieben Tagen sei keineswegs außergewöhnlich, stapelt er tief, immerhin habe er bei seinen Recherchen, welches Projekt er als nächstes für einen guten Zweck - und sicherlich auch als persönliche Herausforderung - in Angriff nehmen könnte, von Menschen gelesen, die 100 IronMan-Distanzen an 100 aufeinander folgenden Tagen absolviert haben. Dagegen sei der Marathon-Marathon nichts.
Herausforderung für Dr. Thomas Soballa: 5500 Kalorien täglich
Thomas erzählt, wo die Schwierigkeiten neben der körperlichen Anstrengung während der eigentlichen Marathons liegen: 5500 Kalorien täglich zu sich nehmen, regenerieren, schlafen, sich motivieren. Schon jetzt ziehe ich meinen imaginären Hut vor diesem Mann und denke, es wäre tatsächlich sinnvoll gewesen, einen Hut mitzunehmen, denn meine Frisur sitzt nach den Regenfällen kaum noch als wir von unserem Redaktionsfotografen Andreas Gieser kurz vor Kilometer zwölf erstmals abgelichtet werden.
Bis dahin geht es mir recht gut. Walken okay, Joggen kein Problem. Nur die Nahrungsaufnahme bereitet mir Schwierigkeiten, denn Laufen, Kauen und Schlucken kann ich einfach nicht richtig kombinieren. Am Ende der Tour habe ich lediglich einen guten Bissen eines Erdbeer-Schoko-Riegels und zwei Cola-Kracher gegessen, die durch den morgendlichen Regen zu einer einzigen klebrigen Masse wurden. Zu wenig Nahrungszufuhr in Summe, wie mir meine Beine später schmerzhaft mitteilen werden!
Die gute und sehr lehrreiche Unterhaltung mit dem beeindruckenden Mann, der neben mir läuft, macht Spaß und lenkt mich ab, ich merke jedoch, dass ich ab Kilometer 16 abbaue. Der Übergang von Walking zu Jogging fällt mir von Mal zu Mal schwerer und schließlich bei Kilometer 18 schlägt mir Thomas vor, mal einen Kilometer Jogging auszusetzen. Danke, Mann!
Im Wald bei Kilometer 21 soll wieder gejoggt werden, doch schon nach wenigen Metern spüre ich in beiden Beinen, dass Krämpfe drohen. Kein Problem für den Sportmediziner, der verständnisvoll weiter mit mir walkt. Dass ich dies als „Versagen“ empfinde, redet mit Thomas aus.
Unzufrieden und geknickt bin ich dennoch und 400 Meter, um die 30-Kilometer-Marke zu knacken, hätte ich auch noch geschafft.
Wer immer nur kurze Strecken laufe, könne mit einem „Halbmarathon light“ schon mehr als zufrieden sein. Zwar hoffe ich, dass ich noch einmal joggen kann, bin aber schließlich froh, als wir den Marathon-Versuch abbrechen, Richtung Neulußheim walken und uns von Vanessa Schwierz abholen lassen. 29,6 Kilometer stehen am Ende auf der Uhr. Naja, immerhin ist’s bis zur Halbmarathon-Distanz nach Plan gelaufen. Unzufrieden und geknickt bin ich dennoch und 400 Meter, um die 30-Kilometer-Marke zu knacken, hätte ich auch noch geschafft.
Thomas lobt mich im Gespräch mit der Kollegin, die mir sogar gratuliert und mir damit ein wirklich gutes Gefühl gibt. Zurück in der Redaktion lasse ich die Erfahrung ein erstes Mal Revue passieren. Nach dem Duschen spüre ich meine Pobacken und Knie, nachmittags die Füße und abends meine Fußsohlen. Verrückt! Am nächsten Tag sind die Beine schwer, aber Schmerzen habe ich keine. Macht mich schon ein wenig stolz.
Chapeau, Doc!
Bei jedem Schritt wächst aber meine Hochachtung für den Mann, der nicht nur 29,6 Kilometer an meiner Seite war, sondern mich zudem auch ausgesprochen gut und informativ unterhalten hat. Sieben Tag lang jeden Tag einen solchen Lauf plus 12,595 Kilometer. Ich find’s einfach nur unfassbar. Chapeau, Doc!
Nun hoffe ich darauf, dass Dr. Thomas Soballa auf möglichst vielen Einzeletappen oder vielleicht vom einen oder anderen Läufer, Radfahrer oder Inlineskater sogar auf der kompletten Strecke begleitet wird. Er hät’s verdient, der soziale Zweck hät’s verdient.
Ach ja: Er hatte übrigens recht! Jetzt bin ich angefixt und will den Marathon doch irgendwann einmal schaffen, dann aber mit ordentlicher Vorbereitung und nicht von täglich fünf auf 42,195 Kilometer an einem Tag! Gerne mit ihm zusammen, sollte er wollen.
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