Stadthalle

Vortrag in Hockenheim: Die Jesuiten und der kurfürstliche Hof

Als Teil einer Vortragsreihe des Vereins für Heimatgeschichte referiert Josef Diller über die Geschichte des Ordens, in der auch ein Papast eine Rolle spielt.

Von 
Volker Widdrat
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In der Vortragsreihe des Vereins für Heimatgeschichte zu den Jubiläen 125 Jahre Stadtrechte und 20 Jahre Große Kreisstadt referierte Josef Diller zum Thema Jesuiten. © Widdrat

Hockenheim. Den Einfluss der Jesuiten am Hof von Kurfürst Carl Theodor beleuchtete ein Vortrag von Josef Diller im kleinen Saal der Stadthalle. Bürgermeister Thomas Jakob-Lichtenberg begrüßte zu dem Referat auf Einladung der Volkshochschule und des Vereins für Heimatgeschichte etwa 50 Zuhörer. Ein besonderer Willkommensgruß galt der neu gewählten Vorsitzenden des Vereins für Heimatgeschichte, Nina Auer und ihrem Vorgänger Werner Zimmermann.

Josef Diller, früherer Leiter der Volkshochschule, ging zunächst auf den von dem ehemaligen Offizier und späteren Theologiestudenten Ignatius von Loyola am 15. August 1534 in Paris gegründeten Jesuitenorden ein. Ein Schwerpunkt des Ordens war die Bildungs- und Missionsarbeit. Die Ordensbrüder absolvierten eine langjährige Ausbildung in Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften. Es gab kein gemeinsames Chorgebet und keine typische Ordensbekleidung.

Papst sorgt für Auflösung

Die Geschichte der Jesuiten in Mannheim begann mit der Übersiedlung des kurfürstlichen Hofes von Heidelberg durch Kurfürst Carl Philipp im Jahr 1720. Sie blieben bis zur Auflösung des Ordens 1773 durch Papst Clemens XIV. Er sei allzeit „ein guter Jesuiter“ gewesen, soll Carl Philipp auf seinem Totenbett in der Neujahrsnacht 1742 gesagt haben. Als der junge Carl Theodor 1734 an den kurfürstlichen Hof nach Mannheim kam, wurde er fortan von Jesuiten geprägt. An vielen Höfen Europas waren damals Jesuiten die Hofbeichtväter und theologischen Berater der Regenten.

Pater Nikolaus Staudacher war Hofbeichtvater von Kurfürst Carl Philipp. Es gelang Staudacher, den Bau eines Jesuitenkollegs durchzusetzen. Das machtvolle Gebäude zog sich zwischen Schloss und Jesuitenkirche, an der Stelle, an der heute die Straße in Richtung Rheinbrücke nach Ludwigshafen führt. Der Kurfürst konnte so trockenen Fußes vom Schloss in die Hofloge der Jesuitenkirche gelangen.

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Diller zeigte Bilder von den bedeutenden jesuitischen Gebäuden in Mannheim. Das Palais Hillesheim war 1720 das prächtigste Wohngebäude der Stadt und wurde von Kurfürst Carl Philipp während der Bauzeit des Schlosses als erster Mannheimer Wohnsitz genutzt. 1737 wurde das Gymnasium in der Kalten Gasse errichtet.

Nach dem Tod von Carl Philipp im Jahre 1742 setzte Kurfürst Carl Theodor den Bau der Hofkirche – später Jesuitenkirche genannt – fort. Nachfolger von Staudacher als Beichtvater von Carl Philipp wurde Pater Franz Seedorf. Er war auch der Erzieher des Kurprinzen Carl Theodor. Nachdem Seedorf 1758 in Schwetzingen gestorben war, hatte der regierende Kurfürst jedoch fortan keine Jesuiten mehr als Beichtvater und Berater.

Wissenschaftler und Astronom

Als weiterer bedeutender Jesuit in Mannheim wirkte Pater Christian Mayer. Der Mathematiker, Hofastronom und Landvermesser war zwar von der 1763 in Mannheim gegründeten und von der Aufklärung beeinflussten Kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften wegen seiner Zugehörigkeit zu den Jesuiten ausgegrenzt worden, konnte aber bereits die 1761 im Heidelberger Schlossgarten errichtete Sternwarte nach Mannheim verlegen lassen. Höhepunkt der wissenschaftlichen Arbeiten dieses Astronomen von europäischem Ruf war die Entdeckung der Doppelsterne 16 Jahre später – also 1777.

Pater François Desbillons wurde von Kurfürst Carl Theodor 1764 aus Frankreich nach Mannheim geholt und blieb dort bis zu seinem Tod 1789. Er brachte seine umfangreiche Bibliothek mit, die heute Bestandteil der Universitätsbibliothek Mannheim ist. Die Jesuiten wirkten auch in der kurfürstlichen Sommerresidenz in Schwetzingen, erläuterte Diller.

Eine besondere Aufgabe war die Seelsorge. Pater Franz Seedorf gehörte das heutige Palais Hirsch. Der Hofprediger, Beichtvater und Erzieher am kurpfälzischen Hof spielte eine wichtige Rolle bei der bekannten Konversion des Herzogs Friedrich Michael von Zweibrücken zum katholischen Glauben, führte der Referent aus. Der Beichtvater Carl Theodors sei auch Mitglied der Mannheimer Freimaurer-Loge gewesen.

Zwischen Macht und Seelsorge

Nach Aufhebung des Ordens 1773 verschwanden die Jesuiten, die 53 Jahre lang „Positionen zwischen Macht und Seelsorge“ gehabt hatten, so Diller, aus der Kurpfalz: „In ihrem Wirken zeigten sich die Spannungen und die Umbrüche der damaligen Zeit“. Erst im September 1947 kam mit Franz Meßbacher der erste Jesuitenpater zurück nach Mannheim.

Nach einer kurzen Diskussionsrunde dankte der Referent Bürgermeistersekretärin Verena Raab für die technische Unterstützung bei seinem Vortrag. Zum Schluss gab es noch einen Tipp: Das Buch „Mannheim – das neue Jerusalem“ des Jesuitenpaters Karl Weich, über 40 Jahre in Mannheim als Seelsorger tätig und dort im Juni 2017 verstorben, ist im Palatinum-Verlag erschienen und aktuell noch antiquarisch erhältlich.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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