Hockenheim. Wenn Mensch und Tier in gegenseitiger Harmonie zusammenleben, beschränkt sich dies meist auf die Haltung von Hunden, Katzen oder kleinen Nagern. Wenn die Katze zeigt, dass sie eine geschlossene Tür öffnen kann, oder der Hund intelligent genug ist, um ein ganz besonderes Kunststück zu lernen, heißt es von Herrchen oder Frauchen oft: „Oh wie schlau, fast wie ein Mensch.“
Tatsächlich haben auch Tiere in freier Wildbahn einige menschliche Laster übernommen, wie Dr. Mario Ludwig – bekannt aus zahlreichen TV-Shows – in seinem Vortrag „Sex, Drugs and Crime – Tiere sind auch nur Menschen“ als Teil des Hockenheimer Tags der Natur auf komödiantische Weise aufzeigte.
Liebesdienste gegen eine Banane bei den Bonobo-Affen
Angefangen beim Thema Sex über Drogenmissbrauch bis hin zu Mord und Diebstahl – die Welt der Tiere unterscheidet sich in weniger großem Maß von der menschlichen als gedacht. Sex gegen Bezahlung? Prostitution ist auch im Tierreich ein gängiges Mittel. So erkaufen sich beispielsweise männliche Bonobo-Affen die Liebesdienste ihrer Angebeteten mit einer Banane. „Diese wird vom Weibchen oftmals noch während des Akts verzehrt“, ergänzte Ludwig. Ähnlich läuft es bei den in Brutgemeinschaften lebenden Adeliepinguinen: Zum Nestbau benötigen diese kleine Kieselsteine, die in ihrem Lebensraum – der Antarktis – nur schwer zu finden sind. Das Männchen, das die meisten Steine sammelt, erhält das Paarungsvorrecht.
Balzlieder durch den Anus bei Heringen
Einen weniger lasterhaften Teil der Partnersuche stellt das Dichten von Liebesliedern dar. Auch hier haben sich einige Tiere etwas von den Zweibeinern abgeschaut: Singvögel lassen in ihren Balzliedern oft menschliche Töne wie Handyklingeln oder Hupgeräusche einfließen. Etwas sonderbar läuft es bei den Heringen ab. Diese „singen“ indem sie Luft über ihre Schwimmblase durch den Anus pressen – machen also Musik durch Blähungen.
„Doch es gibt noch wesentlich mehr Aspekte im Bereich der Partnergewinnung. Viele Tiere sind beispielsweise hervorragend im Flirten“, so Ludwig. Man bedenke die Pracht von Löwen oder Hirschen, die mit ihrem Aussehen punkten. Bei den Nasenaffen zählt das Motto „Je größer die Nase des Mannes, umso.“ und die männlichen Seidenlaubenvögel bauen ihrem Objekt der Begierde gar ein eigenes Heim mit blau geschmückter Dekoration – je blauer dieses ist, umso größer sind die Chance beim Weibchen zu „landen“.
Auch das Thema Homosexualität ist im Tierreich weit verbreitet, laut Ludwig kommt diese bei über 2000 Arten vor. Als Beispiel nennt der promovierte Biologe eine Geschichte aus dem Bibelzoo in Jerusalem. Hier verliebten sich die beiden männlichen Bartgeier Daschik und Jehuda unsterblich ineinander. Dies ging soweit, dass das inzwischen weltbekannte schwule Geierpärchen Nachwuchs aufziehen wollte. Nach einem Testlauf mit einem falschen Ei ging der Zoo dazu über, den beiden ein echtes Geierei zur Aufzucht zu überlassen. Diese Aufgabe bewältigte das Paar mit Bravour und Hingabe.
Pornos? Ja, gerne!
Gibt es auch Tier, die Pornos schauen? Die Antwort lautet: ja. Ludwig beschreibt ein Experiment der US-amerikanischen Universität Duke, bei dem Rhesusaffen vor eine knifflige Wahl gestellt wurden. Ein großes Glas voll mit heiß geliebtem Kirschsaft auf der einen oder ein kleines Glas des selbigen mit zusätzlichen Bildern prachtvoller Hinterteile von Artgenossinen auf der anderen Seite. Der Großteil der Affen entschied sich für Option B und genoß weniger Kirschsaft und dafür die Vorzüge der Weibchen. Seeelefanten und Nacktmulle halten sich zudem noch einen Harem von durchschnittlich 34 bis 40 Weibchen, den sie in blutigen Kämpfen verteidigen.
Wenn Igel sturzbesoffen sind
Doch auch Alkohol und Drogen spielen bei einigen Tieren eine nicht ganz untergeordnete Rolle, wenn auch die Begriffe „Schluckspecht“ und „Schnapsdrossel“ wenig damit zu tun haben. In England haben Igel beispielsweise eine Alkoholsucht entwickelt, die ihresgleichen sucht. „Schuld daran sind Kleingärtner, die Schälchen mit Bier auslegen, in denen ungeliebte Schnecken ertrinken sollen“, erklärte Ludwig.
Doch die stachligen Säugetiere, die ebenfalls gern in Gärten leben, fanden besonderen Gefallen an dem Gerstensaft und tranken die Schälchen regelmäßig aus. Die toten Schnecken darin kamen den Igeln noch gelegen – man stelle sich nur die vollgesogenen Früchte in einer Bowle vor – und verstärkten den „Suff“ nochmals. Die Igel waren teilweise so betrunken, dass sie sich nicht mehr einrollten und ihren Rausch einfach ausschliefen.
Gefährlich geht es in Schweden zu, wo das Wappentier des Landes – der Elch – im Herbst gerne vergorenes Obst zu sich nimmt und dann „besoffen randaliert“. Dies geht von Angriffen auf Autos, Einbrüchen in Häuser bis hin zum Ausschlafen auf der Autobahn. Ebenfalls im Norden beheimatet sind die Rentiere, die einem anderen menschlichen Laster nachgehen: Die Assistenten des Weihnachtsmannes fressen mit großer Leidenschaft „Magic Mushrooms“ und sind dann regelmäßig in anderen Sphären unterwegs. Während des „Trips“ geben die Rentiere noch Geräusche von sich. Also gar nicht so sehr dem Menschen unähnlich.
Kerosinsüchtige Bären
Psychodelische Substanzen sind auch bei anderen Arten beliebt: Auf der russischen Halbinsel Kamtschatka ist eine Gruppe Bären in extreme Kerosin-Schnüffel-Sucht gefallen, die sogar so weit geht, dass diese startenden Flugzeugen hinterher rennen, um die ausgestoßenen Treibstoffgase zu inhalieren. Ganz schlau machen es Delfine, die sich den Kugelfisch als angebrachtes Rauschmittel auserkoren haben. Dessen Gift ist zwar hochgefährlich, dich die Tümmler beißen nur leicht auf den runden Fisch und werden dadurch „high“. Es wurden schon Gruppen von Delfinen beobachtet, die den Fisch – ähnlich eines Joints – im Kreis von Mund zu Mund weitergereicht haben.
Auf der karibischen Trauminsel St. Kitts haben sich die dort ansässigen Meerkatzen sogar kriminalisiert: Während Touristen am weißen Sandstrand die Sonne und Cocktails genießen, schleichen sich die kleinen Äffchen an und klauen die alkoholreichen Getränke. In den meisten Fällen werden diese dann direkt „abgeext“ und die Meerkatzen stören betrunken die Idylle im Urlaubsparadiese.
Trinkfeste Stare
Wie Ludwig beschreibt, zeigen Beobachtungen auf St. Kitts, dass vor allem die rangniedrigen Tiere der Rauschsucht frönen: So zählen 15 Prozent als schwere Trinker und fünf Prozent sogar als Selbstmordtrinker. Nicht passieren kann dies der Vogelart der Stare, die dank einer überentwickelten Alkoholdehydrogenase die trinkfestesten Tiere der Welt sind. Auf den Menschen übertragen könnte ein Star alle acht Minuten eine Flasche Wein trinken, ohne dabei „besoffen“ zu werden. Hut ab vor einer solchen Ausdauer.
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Während des informativen und vor allem amüsanten Vortrags gab es etliche Fakten, die das Publikum erstaunten und zum lachen brachten. Doch letztendlich ging man mit dem Gefühl nach Hause, dass Tier eben doch nur Menschen sind – oder sind Menschen eben doch nur Tiere?
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