Gewässerschutz

Wasserqualität im Kraichbach bei Hockenheim bedenklich

Der Biologe Uwe Heidenreich drängt auf die Vermeidung von Einleitungen aus dem Kanal in den Kraichbach.

Von 
Matthias Mühleisen
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Hockenheim. Wenn auch das Löschwasser eines Großbrands in einem Recyclingbetrieb bei Flehingen den Lebewesen im Kraichbach auf Höhe Hockenheims nicht nachhaltig geschadet zu haben scheint (wir berichteten am Freitag), äußert Biologe Uwe Heidenreich dennoch Bedenken wegen der Wasserqualität im Bach. Gerade in der aktuellen Niedrigwasserphase führe der Bach überwiegend Wasser, das die Anliegergemeinden aus ihren Kläranlagen einleiten – Heidenreich schätzt den Anteil auf 80 bis 90 Prozent. Umso wichtiger sei es zu vermeiden, dass bei Starkregenereignissen ungeklärtes Wasser aus der Kanalisation das Bachwasser zusätzlich belaste.

Derzeit ist allerdings eher der niedrige Pegel das Problem: Weil es zu selten geregnet hat, führt der Kraichbach sehr wenig Wasser. Durch die hohen Temperaturen und zu wenig Beschattung entlang des Bachlaufs erwärmt sich dieses stark und wird immer sauerstoffärmer – Stress für alle Wasserbewohner und neben der Belastung Grund für starkes Algenwachstum. Beim Rundgang am Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt misst Uwe Heidenreich um die Mittagszeit eine Wassertemperatur von 26 Grad Celsius – „zehn Grad weniger wären optimal“, erklärt der Biologe.

Darum sei es wichtig, dass die Menschen die Bedingungen nicht zusätzlich verschlechtern. Heidenreich verweist auf eine Information des Wasserrechtsamts des Rhein-Neckar-Kreises. Danach ist eine erlaubnisfreie Wasserentnahme, dann verboten, wenn kein ausreichendes Wasserdargebot mehr vorhanden ist – wie in der jetzigen Trockenperiode. Das Schöpfen mit Handgefäßen bleibe erlaubt, die Entnahme mit Pumpen sei nicht zulässig. Das gelte sowohl für Privatpersonen als auch für die Land-und Forstwirtschaft.

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Möglichst nichts entnehmen

Uwe Heidenreich weiß von Pumpen von Bachanliegern auf Hockenheimer Gemarkung und hofft, dass deren Besitzer die Rechtslage kennen und auf den Betrieb der Geräte verzichten. Die Hockenheimer Landwirte entnehmen für die Bewässerung kein Wasser aus dem Kraichbach, hat der Bauernverband ihm mitgeteilt, das sei sehr zu begrüßen.

Mit Blick aufs andere Wetterextrem, das Starkregenereignis, sieht der engagierte Umweltschützer die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik in der Pflicht, noch mehr für die Wasserqualität des Kraichbaches zu tun. Im Stadtgebiet gibt es seinen Angaben nach rund zehn Überläufe aus der Kanalisation direkt in den Bachlauf. Sie sollen verhindern, dass bei extremen Niederschlagsmengen die Kanäle überlastet werden und Regen- sowie Abwasser aus den Kanalrohren in die Häuser gedrückt werden.

Dass das schon mehrfach vorgekommen ist, hätten Reste von Toilettenpapier und Hygieneartikeln an den Gittern der Überläufe sowie in der Ufervegetation gezeigt. Als Gegenmaßnahme drängt Heidenreich darauf, den Gedanken der Schwammstadt zügiger umzusetzen. Dass der Gemeinderat im Juni 2,2 Millionen Euro für die Erweiterung des Regenüberlaufbeckens auf dem Klärwerksgelände bewilligt hat, sei begrüßenswert, doch bei Weitem nicht genug.

Dass zusätzliches Rückhaltevolumen geschaffen werden muss, sei seit langem bekannt. Inzwischen sei eher der Begriff Schwammlandschaft im Gespräch. Uwe Heidenreich schlägt hier konkret den Stiegwiesenpark vor, der größere Wassermengen aufnehmen könne, die somit dem Boden nicht durch schnellen unkontrollierten Abfluss verloren gingen. Der Gemeindetag spreche sich dafür aus, dass in dieser Hinsicht mehr getan werden müsse, „Hockenheim dürfte sich da gerne anschließen“, findet der Experte, der das Thema mehrfach bei Vorträgen beleuchtet hat und weiß, dass dieses auch in der Verwaltung Befürworter hat.

Dass das Wasser auch in unserer Region knapper wird und die Temperaturen steigen werden, gehe aus verschiedenen Gutachten klar hervor. Umso wichtiger sei es, mit der Ressource noch sorgsamer und weitblickender umzugehen.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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