Hockenheim/Schwetzingen. Auf dem Hof der Familie Rinklef im Rheinbogen fallen auf den ersten Blick die vielen Schwalben auf, die zwischen den Schuppen und Anbauten des weiten bäuerlichen Anwesens umherflitzen. „Die Schwalben sind geblieben, nachdem die Viehwirtschaft abgeschafft wurde; vielleicht weil meistens alle Fenster geöffnet sind“, meint Lisa Rinklef mit einem verschmitzten Lächeln. Die junge Bio-Bäuerin ist Anfang 30, eine schlanke, mittelgroße Frau, die Lippen- und Nasenpiercing trägt und über eine gleichsam energische wie sympathische Ausstrahlung verfügt. Mit dieser Energie setzt sie sich für ihre Ziele innerhalb der biologischen Landwirtschaft ein.
Auf dem Terrassentisch hinter dem Wohnhaus steht eine Flasche „Lisas Bio-Apfelsaft“ von Streuobstwiesen, die ihr Großvater vor Jahrzehnten mit verschiedenen alten Obstsorten hier angelegt hat. Auf dem Gartenrasen davor tollt Hündin „Wanja“ mit ihrer Schwester „Skadi“ herum. Immer wieder besuchen sie ihr Frauchen Lisa Rinklef auf eine Schmusepause.
Die erzählt indessen von einer glücklichen Kindheit auf dem elterlichen Bauernhof, von dem Pony, das ihr mit zehn Jahren geschenkt wurde, den Hunden und Katzen, die später dazukamen. Wie Papa Karl seiner Tochter die Wünsche nach einem Pferdestall und einer Koppel erfüllt hat. Draußen zu sein, das Ausreiten in der schönen Auenlandschaft und die Beschäftigung mit ihren Tieren seien ihr wichtiger gewesen als „Computer, Handys und Jungs“. Ein Pferd besitzt Lisa Rinklef heute nicht mehr. Doch aktuell betreibt sie mit ihren beiden belgischen Schäferhunden verschiedene Hundesportarten wie Agility, wobei Geschicklichkeit und Schnelligkeit bei der Überwindung von Hindernissen trainiert werden, und Zughundesport mit einem speziellen Dogscooter. Fast ihre gesamte tägliche Freizeit verbringt sie auf Hundesportplätzen in Hockenheim und Ilvesheim.“ Die Tiere sind einerseits mein Ruhepol – und durch die Beschäftigung mit ihnen baue ich Stress ab und gewinne neue Energie“, erklärt sie ihre ausgeprägte Hinwendung zu ihren Hunden.
Schon früh sei klar gewesen, dass ein Bürojob nicht für sie in Frage kommen würde. Aber auch keine Ausbildung zur Landwirtin; denn seit sie sich im Alter von 18 Jahren – während des Aufziehens von vier Katzenwaisen mit dem Milchfläschchen – zur Vegetarierin entwickelt hatte, sei ihr der Gedanke ans Halten von Tieren zur Schlachtung unerträglich geworden. „Dafür ist der Wert eines jeden Lebewesens zu hoch“, meint Lisa Rinklef.
Daher entschied sie sich nach dem Abitur am Agrargymnasium Ettlingen für eine Ausbildung zur Gemüsegärtnerin an der Landesversuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg. Während der Ausbildung merkte sie, dass ihr wesentliches berufliches Interesse in der Aneignung tiefgreifender Erkenntnisse über den gesamten landwirtschaftlichen Pflanzenbau besteht. Deswegen setzte sie im Anschluss an die Lehre ihren Ausbildungsweg mit einem Studium der Agrarwirtschaft in Nürtingen fort. Während des Studiums kam die angehende Bäuerin durch eine Freundin mit dem ökologischen Landbau in Berührung. „Nach und nach habe ich gesehen, dass bei dieser Wirtschaftsweise der Umgang mit Tieren und der Natur intensiver und fürsorglicher ist als bei der konventionellen. Und die Herausforderungen sind definitiv größer.“ So bringt Lisa Rinklef ihren ganz persönlichen Prozess des beruflichen Umdenkens auf den Punkt.
Eine tolle Chance bekommen
Als 2016 der Nachbarbauer aufhörte, kam die große Chance. Lisa Rinklef bekam den Zuschlag für zehn Hektar Landesfläche. Der Vater stellte ihr weitere 22 Hektar aus dem eigenen Betrieb zur Verfügung. Damit konnte die frischgebackene Bio-Bäuerin ihr Lebensprojekt starten: Sie gründete 2017 ihren eigenen Betrieb mit 32 Hektar Anbaufläche. Sie schließt sich dem biologischen Anbauverband „Biokreis“ an. Während der zwei Jahre Umstellungszeit muss sie ökologische Richtlinien wie mechanische Unkrautbekämpfung, Verzicht auf den Einsatz von mineralischen Düngern und konventionellem Pflanzenschutz einhalten, kann ihre Erzeugnisse jedoch nur im konventionellen Handel anbieten, der bei weitem niedrigere Preise einbringt. „Das war eine finanziell schwierige Zeit“, blickt Lisa zurück.
Auf ihren Feldern erzeugt sie Speisekürbis und Kichererbsen sowie die Getreidesorten Dinkel und Emmer, eine wiederentdeckte und neu kultivierte Urform des Weizens mit hervorragenden Backeigenschaften. Aus ihren Zuckerrüben entsteht Bio-Zucker. In verschiedenen Läden der Region sind „Lisas Bio-Apfelsaft“ und Kichererbsen erhältlich. Aus dem Schwetzinger Schlossgarten stammt der Bärlauch für das Rinklef‘sche Pesto, dessen Bio-Zertfizierung viel Geduld erforderte. Dieses Bärlauchpesto ist übrigens auch im „Kurpälzer-Shop“ im Kundenforum der Schwetzinger Zeitung am Schlossplatz erhältlich.
Weitere Erzeugnisse wie Bärlauch-Senf und verschiedene Kürbis-Produkte sind in Planung oder stehen kurz vor der Vermarktungsreife. „Der Bärlauch aus dem Schlossgarten“, so schwärmt Lisa Rinklef, „ist deswegen von höchster Qualität, weil er von Flächen stammt, die weder von Mensch noch Hund betreten werden dürfen“.
Wichtig ist die Trennung ihres biologischen Betriebes vom konventionellen ihrer Eltern. Dies schafft Lisa Rinklef durch den Anbau anderer Kulturen, durch penible Reinigung und Pflege gemeinsam genutzter Maschinen und die Anlage von Blühstreifen an Ackerrändern zur Abgrenzung. „Ich will mit meinem Betrieb einmal eine Familie ernähren“, ist Lisa Rinklefs Ziel. Grundsätzlich konnte und kann sie sich dabei auf die Unterstützung ihrer Eltern verlassen. „Jeder hilft jedem; alle arbeiten zusammen. So entsteht aus familiärem Zusammenhalt auch wirtschaftliche Stärke“, schlussfolgert die junge Bäuerin und weiß, dass sie nicht alleine dasteht.
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