Hockenheim. Sind Sie Mieter? Vermieter? Oder Hauseigentümer? Falls Sie eine der drei Fragen bejahen – also nicht unter einer Brücke oder in einem Karton leben – dann könnten im Jahr 2024 höhere Kosten auf Sie zukommen. Doch in welchen Fällen genau? Dazu befragte diese Zeitung Wolfgang Reineke, Fachanwalt für Mietrecht und Vorsitzender des Vereins Haus & Grund in Schwetzingen und Hockenheim. In seiner zweiten Funktion, nämlich als Vereinsvorsitzender, liefert Reineke interessante Einblicke in den undurchsichtigen Dschungel der gesetzlichen Regelungen.
Herr Reineke, werden 2024 die Energiekosten steigen?
Wolfgang Reineke: Nach einem Jahr sinkender Energiepreise dürften sich 2024 die Heiz- und Stromkosten vieler Menschen verteuern, selbst wenn diese im gleichen Tarif bleiben. Ab Januar ist der Mehrwertsteuersatz auf Haushaltsenergie wieder auf 19 Prozent gestiegen. Um die Preissteigerung infolge des Ukraine-Kriegs zu dämpfen, hatte ihn die Bundesregierung vorübergehend auf sieben Prozent gesenkt. Auch die Nutzungsentgelte für das Stromnetz steigen, was die Stromkosten der Endverbraucher steigert. Der CO2-Preis auf fossile Energieträger steigt von 30 auf 45 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Das verteuert das Heizen mit Öl und Gas. In jedem Fall lohnt sich die Prüfung eines Anbieterwechsels. Bei Gas und Fernwärme fällt am 1. März die Mehrwertsteuerermäßigung weg. Beides wird anstatt mit sieben dann wieder mit 19 Prozent besteuert.
Werden auch die Mieten steigen?
Reineke: Die Neubauoffensive der Bundesregierung stockt angesichts Personalmangels, teurer Neubauten und gestiegener Hypothekenzinsen. Gleichzeitig steigt die Bevölkerungszahl in Deutschland. In vielen Gegenden bleibt Wohnraum daher auch 2024 knapp, was die Mieten nach Meinung vieler Experten weiter steigern dürfte.
Es gibt Änderungen bezüglich des Einsatzes von Balkonkraftwerken, oder?
Reineke: Balkonkraftwerke gelten künftig als privilegierte Maßnahmen. Damit können Eigentümergemeinschaften und Vermieter Mietern die Installation nicht länger verbieten. Diese dürfen außerdem 600 statt 800 Watt ins Netz einspeisen, können Solaranlagen mit bis zu 2000 Watt Leistung verwenden und müssen ihre Geräte nur noch dem Netzbetreiber melden, nicht länger dem Marktstammdatenregister.
Was verändert sich in Sachen Kabelfernsehen?
Reineke: Ab 1. Juli dürfen Vermieter Gebühren für Kabelfernsehen nicht mehr auf die Betriebskosten umlegen. Die meisten Vermieter dürften daher ihre Kabelverträge kündigen. Mieter müssen dann eigene Verträge abschließen oder auf das Kabelangebot verzichten.
Werden Mieter schon Auswirkungen des Gebäudeenergiegesetzes spüren?
Reineke: 2024 tritt das Gebäudeenergiegesetz in Kraft, erste Städte und Gemeinden dürften ihre Wärmekonzepte vorstellen. Zwar betreffen die Änderungen zuerst Vermieter, die Häuser und Wohnungen sanieren und unter Umständen anders beheizen müssen. Vermieter dürfen die Kosten aber auf Mieter umlegen.
Die Umlage läuft über die Bundesförderung effizienter Gebäude (BEG). Was bedeutet das?
Reineke: Die BEG ist ein Förderprogramm der Bundesregierung, das darauf abzielt, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern. Es bietet finanzielle Unterstützung für die Installation von Heizsystemen, die erneuerbare Energien nutzen. Ziel ist es, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren und den Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft zu fördern. Mit der BEG kann man bis zu 30 Prozent der förderfähigen Kosten für den Heizungseinbau, die erneuerbare Energien nutzen, zurückbekommen. Wenn Sie bis Ende 2024 eine mindestens 20 Jahre alte Heizung ersetzen, erhalten Sie zusätzlich 25 Prozent Förderung. Für selbstnutzende Eigentümer mit einem zu versteuernden Haushaltseinkommen unter 40 000 Euro gibt es weitere 30 Prozent.
Können Sie detailliert erläutern, ob und wie sich der Wohnungsmangel in der aktuellen Lage auswirkt?
Reineke: Auch im Bereich der Region Schwetzingen und Hockenheim war das vergangene Jahr wirtschaftlich von einer anhaltend hohen Inflation, einem schwachen Wirtschaftswachstum und hohen Zinsen geprägt. Die gedämpfte Nachfrage nach Wohneigentum, der anhaltend hohe Zuzug und die Flüchtlingswelle aus der Ukraine erhöhten auch hier die Nachfrage nach Mietwohnungen. Im Gesamtschnitt war bei den Mieten ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Dennoch betrug der Zuwachs bei den Neuvermietungen in den vergangenen fünf Jahren immer noch zwischen 15 und 18 Prozent – trotz der rückläufigen Tendenz im Jahr 2023. Deutlich zeigt sich im Schnitt, dass kleine Wohnungen unter 40 Quadratmetern Wohnfläche am teuersten sind. Dabei stiegen die Preise der kleinen Wohnungen 2023 um ungefähr 0,60 Euro pro Quadratmeter, die der mittelgroßen um ungefähr 0,15 Euro pro Quadratmeter und die der großen Wohnungen stagnierte. Es erreichen uns täglich Anfragen unserer Mitglieder nach der sogenannten „Vergleichsmiete“ in den einzelnen Gemeinden. Viele Mietverträge sind mehr als sechs Jahre alt und liegen deshalb deutlich unter der ortsüblichen Miete. Inflation, hohe Handwerkerkosten bei Reparaturen oder Modernisierungen und vor allem die künftige Kohlenstoffdioxid-Abgabe machen in vielen Fällen eine Mieterhöhung unabdingbar.
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