Ketsch. Barbara Breuner war 40 Jahre lang als Leiterin der Gemeindebücherei tätig, bevor sie Anfang des Jahres in ihren wohlverdienten Ruhestand ging. Im Interview berichtet sie, wie es ihr seitdem ergangen ist.
Frau Breuner, seit einigen Monaten sind Sie nun im wohlverdienten Ruhestand, wie geht es Ihnen?
Barbara Breuner: Ich kann glücklicherweise sagen, es geht mir persönlich und gesundheitlich aktuell sehr gut. Meinen Ruhestand habe ich aus gesundheitlichen Gründen zwar einige Monate früher angetreten als geplant, doch nun genieße ich es sehr, dass nicht mehr jeden Morgen der Wecker früh klingelt. Doch natürlich bin ich auch im Ruhestand nicht ganz untätig. Mein Beruf war immer eine Berufung und so widme ich mich heute gerne Projekten, die mit Büchern zu tun haben.
Inwiefern? Was machen Sie?
Breuner: Einmal in der Woche bin ich in Weinheim in der Stadtbibliothek tätig und außerdem schreibe ich noch regelmäßig Buchrezensionen.
Ist die Stadtbibliothek in Weinheim vergleichbar mit der Gemeindebücherei hier in Ketsch?
Breuner: Natürlich ist die Stadtbibliothek in Weinheim größer, denn sie hat einfach ein größeres Einzugsgebiet. Es gibt dort mehr Medien und auch mehr Personal. Ganz besonders finde ich außerdem die Vielzahl von Veranstaltungen dort besonders für Kinder, aber auch vieles für Senioren. Für Kinder finden zwei bis drei Veranstaltungen in der Woche statt, Rätselnachmittagen oder einen Disneytag, an dem alle verkleidet kommen dürfen oder auch Vorlesenachmittage in verschiedenen Sprachen. Es gibt Kooperationspartner, ein sehr engagiertes Team und so werden dort oft mit wenigen Mitteln richtig attraktive Programme gemacht, dies gefällt mir wirklich sehr gut.
Sie schreiben Buchrezensionen, sagten Sie. Welche Genres sind dabei involviert? Thriller? Sachbücher?
Breuner: Das ist sehr unterschiedlich. Von Bilderbüchern bis hin zu den aktuellen Bestsellern aus allen Genres. Es sind immer die Neuerscheinungen und damals profitierte die Ketscher Bücherei sehr davon, denn über 1200 Buchtitel hatte ich seit 2009 kostenlos weitergegeben. Gerade im Bereich Bilderbücher war der Bestand dort durch meine Rezensionstätigkeit immer bestens sortiert. Mein großes Anliegen war es seither, Kinder für das Lesen und für Bücher zu begeistern. Deshalb setzte ich mich vor mehr als 15 Jahren für die Leseförderung ein und mit Karin Sessler gründete ich den Vorleseclub, zu dem dann die Vorlesepaten hinzukamen. Daraus entstand der Vorlesemittwoch für Kinder, der bis zur Corona-Pandemie stattfand.
Gibt es diese Projekte noch?
Breuner: Teilweise ja, denn auch aktuell findet ja noch das Bilderbuchkino statt und in den Kindergärten sind Vorlesepaten aktiv.
Was war Ihnen in ihrer beruflichen Tätigkeit immer wichtig?
Breuner: Für mich ist eine Bücherei oder eine Bibliothek etwas wie der „Dritte Ort“ – nach dem Zuhause und der Arbeitsstelle. Ein Ort also, an dem man sich für Kulturelles trifft oder zum Entspannen, einfach für unterschiedlichste Arten der Freizeitgestaltung. Daher sehe ich es als sehr wichtig an, dass dieser Ort attraktiv bleibt und immer wieder den Bedürfnissen der Besucher angepasst wird. Stillstand ist nicht möglich. So war es in den 40 Jahren meiner Tätigkeit und ich bin überzeugt, so wird es immer sein. Neue Ideen und viel Kreativität sind gefragt, denn sonst verliert eine Bibliothek den Reiz. Das Ganze muss ein gut abgestimmtes Konzept zwischen Angebot und Öffnungszeiten sein, damit möglichst viele Menschen regelmäßig kommen. Man muss am Puls der Zeit bleiben. Gerne Altbewährtes weitermachen, aber auch neue Ideen ausprobieren.
Stichwort Öffnungszeiten, hier hat sich in Ketsch ja kürzlich etwas verändert. Wie beurteilen Sie dies quasi nun „von außen“?
Breuner: Ich sehe die traditionelle Bibliothek als Auslaufmodell und zeitgemäße Bibliotheken entwickeln sich immer mehr zu diesem „Dritten Ort“, also einem Ort der Begegnung, für viele Nutzergruppen und für deren Freizeitaktivitäten zugänglich. Die Ketscher Gemeindebücherei hat von den Räumlichkeiten her sehr viel Potenzial, ich denke an die Fläche der Bücherei und den Saal des Ferdinand-Schmid-Hauses. Dazu müssen dann auch die Öffnungszeiten passen. Manche Bibliotheken haben auch mal abends geöffnet oder an einem Freitagnachmittag oder auch an einem Samstag, damit auch Berufstätige oder Familien gemeinsam das Angebot nutzen können.
Klassisches Buch, E-Reader oder Hörbuch? Was ist Ihnen am liebsten?
Breuner: Ich persönlich nutze alle drei, wobei mir das klassische Buch doch am liebsten ist. E-Reader habe ich im Urlaub im Einsatz und Hörbücher auf längeren Autofahrten. Auch in der Bücherei entwickelt sich die Technik weiter und viele Programme wie Onilo, ein animiertes Bilderbuchprogramm mit vielseitigen pädagogischen Hinweisen, also praktisch ein Lernportal für Sprach- und Leseförderung, ist durchaus erklärungsbedürftig. Genau wie die Onleihe oder der Pressreader, um einige Beispiele zu nennen, hier muss man sich intensiv um den Leser kümmern, damit diese Angebote genutzt werden. Die Zukunft ist digital, auch in der Bücherei.
Welches Buch ist aktuell Ihre Empfehlung?
Breuner: Gerade habe ich „Yoko“ von Bernhard Aichner gelesen. Ein sehr empfehlenswerter und spannender Krimi.
Und wenn Sie mal nicht mit Büchern beschäftigt sind, was machen Sie dann?
Breuner: Reisen! Und da ist Frankreich mein Sehnsuchtsort. Im Ruhestand genieße ich es nun, dass ich auch mal länger an einem Ort bleiben kann. So schweben mir sechs bis acht Wochen in der Bretagne im kommenden Jahr vor.
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