Im Interview

Afrikanische Schweinepest: Gefahr auch auf der Ketscher Rheininsel?

Was die pandemische Bedrohung durch die afrikanische Schweinepest für die Ketscher Rheininsel bedeutet, darüber informiert der Experte Nikolaus Eberhardt.

Von 
Noah Eschwey
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© nesy

Ketsch. Fieber, Atemprobleme, innere Blutungen und der plötzliche Todeseintritt ohne vorherige Symptome – was sich ein bisschen anhört wie das Coronavirus auf Steroiden, befällt aktuell Wild- und Hausschweine in der Region: Die Afrikanische Schweinepest breitet sich immer mehr aus. (ASP).

Zum Problem könnte sie auch in Ketsch werden. Spätestens wenn sich die Wildschweine auf der Rheininsel infizieren, kann die importierte Tierkrankheit verheerende Folgen für die Idylle, die nur durch eine Brücke vom Rest der Gemeinde getrennt ist, haben. Infizierte Tiere müssen nämlich in der Regel getötet werden.

Nikolaus Eberhardt setzt sich schon lange für den Erhalt der Natur auf der Ketscher Rheininsel ein und betrachtet die aktuelle Entwicklung kritisch. Zwar sehe ein Jäger sicherlich den ein oder anderen Punkt in seiner Argumentation anders, glaubt der Naturschützer, trotzdem könne er seine Meinung gegenüber dieser Zeitung gerne kundtun.

Herr Eberhardt, inwiefern ist die sich nun immer mehr verbreitende afrikanische Schweinepest ein Thema für einen Schützer der Rheininsel?

Nikolaus Eberhardt: Die ASP ist nur indirekt ein Thema für den Schutz der Insel. Die Frage ist, wie groß ist der Bestand an Wildschweinen? Und dann – und dabei geht es um den Schutz der Insel – wie und warum wird der Bestand reguliert und welche Schäden entstehen dadurch für die Insel? Wie groß der Bestand ist, ist nicht bekannt. Es werden aber Wege geschlagen, befahren und Schussschneisen angelegt, was Schaden verursacht. Das wurde auch schon vor der ASP gemacht, ohne genaue Begründung als „Bestandsregulierung“. Die ASP liefert natürlich jetzt zusätzliche Argumente dafür.

Was bedeutet die afrikanische Schweinepest für die Tiere, die auf der Rheininsel leben?

Eberhardt: Für die frei lebenden Wildschweine ist es auf der Insel genauso schlecht wie an allen anderen vergleichbaren Orten an der ASP zu erkranken. Für die Tiere im Wildschweingehege ist ein doppelter Zaun gebaut worden, um die Tiere zu schützen und um bei einem eventuellen Ausbruch eingreifen zu können. Für alle andere Tiere ist die ASP ungefährlich.

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Was bedeutet diese Bedrohung für das Naturschutzgebiet auf der Rheininsel?

Eberhardt: Ich sehe die ASP nicht als Bedrohung für das Naturschutzgebiet. Was ich aber sehe, sind die vielen kleinen Schäden, die in der Summe doch ein großer Schaden sind. Die jagdlichen Einrichtungen, sind nur ein relativ kleiner Schaden. Der Forst und die Holzernte ist da ein wesentlich größerer Schaden. Aber hier spricht man auch nicht von Schäden, wenn man den Forst fragt. Die Hundebesitzer, die Ihre Hunde frei laufen lassen, die Angler die ganze Zelte aufbauen und Uferbereiche platt treten oder Menschen, die feiern, Feuer machen und Müll hinterlassen. Alle denken, dass sie keine Schäden verursachen oder eben nur kleine Schäden.

Wie kann Natur- und Tierschutz sinnvoll kombiniert werden?

Eberhardt: Ich persönlich bin für einen strengeren Schutz der Natur. Mit allen Konsequenzen. Zumal ich davon ausgehe, dass die Population auf der Insel nicht stabil und ortsfest ist. Wenn der Bestand reduziert wird, kommen neue Tiere von außerhalb. Das Thema Schwarzwild ist ein bundesweites Thema. Ein Faktor, der die Schwarzwildpopulation bundesweit begünstigt, ist der ausgedehnte Maisanbau. Sollte der Bestand an Wildschweinen nachgewiesener Weise wirklich zu hoch sein, dann plädiere ich für eine Reduktion im Maisanbau und erst dann professionelle Jäger mit Nachtsichtgeräten, die – auch wieder nachgewiesener Weise – den Bestand reduzieren. Aber die ASP ist naturschutzfachlich kein Problem. Tierschutztechnisch, in Bezug auf Schweinezüchter, ist es ein privat-wirtschaftliches Problem. Und in der Abwägung zwischen Naturschutz und Privatwirtschaft bin ich auf der Seite des Naturschutzes. Wer Schweine hat, mag das anders sehen, aber wenn wir an die großen Zusammenhänge denken, ist im Moment die Natur doch wichtiger als das Schweineschnitzel oder der Braten.

Wie können solche Bedrohungen vor allem langfristig vermieden werden?

Eberhardt: Ich will jetzt hier nicht das große Thema Landwirtschaft anfangen, aber die ASP ist eindeutig ein Problem der Schweinezüchter und nicht das der Natur. Wer sich hoch spezialisiert – 1000 Schweine im Stall – hat, ist wie andere Betriebe auch entsprechend anfällig für spezifische Bedrohungen. Ich denke, hier muss ein Umdenken her – bei den Landwirten, aber auch bei den Verbrauchern. Die Artenvielfalt in der Natur ist in erster Linie ein Faktor der Stabilität und der Resilienz. Wer als Verbraucher bei regionalen diversifizierten Betrieben einkauft, sorgt damit auch für Stabilität und Resilienz.

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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