Ketsch. Wallende rote Mähne, schelmisches Lächeln und ein wilder Striptease beendeten den unterhaltsamen Abend mit Alice Hoffmann in Ketsch, die alles andere als eine Frau ist, die echte „Torschlusspanik“ hat, wie ihr neues Programm titelt. Allerdings lebt die Mehrfachmutter und erfolgreiche Schauspielerin, Sprecherin, Moderatorin, Autorin, Kabarettistin und Sängerin schon ein paar Jährchen ihr Leben, hat also etliche eigene Erfahrungen gemacht.
Kabarett in Ketsch: Wenn die Tena-Lady zur besten Freundin wird
Da ist es schonmal an der Zeit sich als Kunstfigur im Bühnenprogramm zu fragen, ob das Leben alles brachte, was es hätte sollen – was man sich wünschte. Eine mit spitzem Bleistift geschriebene To-do-Liste gibt da schnell den Überblick und wird zum roten Faden durchs Programm fürs „Leben bis die Tena-Lady die beste Freundin ist“.
Die „Kittelschürze der Nation“ sorgte für ordentliche Lachsalven, Spontanapplaus und servierte Zugaben im Central Kino. Ausverkauft vermeldete das Kino-Team beim Einlass. Auf der Bühne ein Gitterstuhl aus Metall, ein kleiner und ein größerer Tisch mit Blumenvase, ein Kleiderständer. Motorradknattern dröhnte ins Gehör als die Schauspielerin und Autorin mit Helm am Arm und Lederjacke über der Kittelschürze die Bühne betrat. Applaus brandete auf für die Frau, die viele aus ihrer Rolle als Hilde Becker an der Seite von Gerd Dudenhöffer kennen.
Selbstredend mutierte auch in Ketsch Alice Hoffmann mit braungelockter Kurzhaarperücke, Hut und Brille zum genannten Alter Ego in Kittelschürze und legte los. Dabei geschah nicht wirklich viel Aktion auf der Bühne, was jedoch schoss, war das Mundwerk und zwar durcheinandergeschüttelte Worte, deren wortwörtliche und wirklich gemeinte Bedeutung jedem Zuhörer sofort klar war, sodass jede Pointe saß.
Die Ketscher genießen saarländische Comedy vom Feinsten
Man könnte meinen, Hoffmann plaudere mit einer guten Freundin, präsentiere Lach- und Tratschgeschichten, deren scharfzüngiger Wortsinn so viel Wahres enthält und vielleicht auch deshalb zu selbsterkennenden Lachern vor der Bühne führte. Die wenigen Saarländer im Publikum waren ab und an deutlich im Vorteil, denn sie verstanden, was da gesagt wurde, auf Anhieb. Alle anderen waren überwiegend nicht zum ersten Mal Gast bei Alice Hoffmann, kannten sie auch als Vanessa Backes aus der Kabarett-Serie „Spaß aus Mainz“ oder der „Schreinerei Fleischmann“. Manchmal übersetzte Hoffmann gestochen Hochdeutsch, was erst recht Kicherattacken provozierte.
Ihre Zeitrechnung hatte sie mit „Im Jahr drei vor Corona“ neu ausgerichtet und erzählte von einer echten „Männergrippe“, die sie damals aus der Bahn geworfen hatte. Das kenne man. Männer hätten dieses „Terrorhormon“, weshalb sie bei Krankheit so leiden würden – oder war es doch „Testosteron“? Aus dem Publikum bretterte ihr kreischendes Lachen entgegen. Urkomisch.
Auf der Liste steht auch Wellness, so für die Seele und den Körper. Eine Ayurveda-Kur soll es werden, aber nicht in Indien, in der Eifel geht das auch: „Unn der Bub kann mich in ’ner Stund’ heimhole“, erklärte sie den Vorteil. Vegan leben? „Wenn die des wolle? Hauptsach‘ die esse de Dibbelabbes (saarländisches Alltagsgericht) mit Maggi!“, dann sei auch das in Ordnung, findet Hoffmann. Vielleicht könnte man auch einen erotischen Kochkurs machen? Aber man wisse ja nicht „was die dann dort so anstelle“. Nee, als streng katholisch Erzogene nimmt sie Abstand, zeigt dem Publikum per Gitterstuhl aber noch, wie das so geht mit dem Beichten, das in ihrer Kindheit zum Alltag gehörte. Zum Kringeln: Hoffmann sank auf die Knie, blickte durch die Gitter-Rückenlehne des roten Stuhls in den virtuellen Beichtstuhl und leierte ihre Beichte runter.
Der Pfarrer habe ihnen beigebracht, das immer nach den Zehn Geboten zu ordnen. Weil das auf Dauer langweilig wurde, habe sie immer mal wieder die Antworten geändert. Dass das ungeahnte, nicht minder witzige Folgen hatte, kann man sich vorstellen.
Was sie mit dem Buddistischen Standesamt (Statistischen Bundesamt) erlebt und warum studierende Senioren was für sich haben, erlebt man am besten selbst bei einem Abend mit Alice Hoffmann.
Wegen der großen Nachfrage wird Alice Hoffman am Samstag, 14. September, erneut ins Central Kino kommen.
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