Lebensraum

Der Biber am Altrhein in Ketsch: Natur-Experte gibt Einschätzung

In Ketsch am Altrhein sind erfreulicherweise Biberspuren gesichtet worden – das wirft allerdings auch die Frage auf, ob man alsbald mit starken Veränderungen am Fluss rechnen muss.

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Marco Brückl
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Nase, Augen und Ohren liegen beim Biber hoch oben am Kopf, gewissermaßen auf einer Linie. Beim Schwimmen ist deshalb nur wenig vom Biber zu sehen. © Thomas Warnack/dpa

Ketsch. In Ketsch am Altrhein sind erfreulicherweise Biberspuren gesichtet worden – das wirft allerdings auch die Frage auf, ob man alsbald mit starken Veränderungen am Fluss rechnen muss, schließlich ist der Biber ein sehr schlauer Geselle, der seinen Lebensraum aktiv gestaltet und mit dem Bau von Burgen und Dämmen für seinen Vorteil eingreift. Guido Moch sieht aber überhaupt keine Probleme. „Ein einzelner Biber macht gar nichts“, sagt der Naturpädagoge der Mannheimer Jägervereinigung, zu der die „Ketscher Biberstelle“ grob hinter der Kläranlage als Teil des Hegerings III Schwetzingen gehört.

Zunächst interessiert Moch im Gespräch mit unserer Zeitung aber, ob die Hinweise auf den Biber eindeutig sind. Denn gerne werde er mit dem Nutria, auch Biberratte genannt, verwechselt. „Die sehen sich bis auf den Schwanz total ähnlich“, weiß Moch. Eindeutiges Merkmal sei es, wenn Bäume angeknabbert seien. Und das ist am Ketscher Altrhein gleich an mehreren Stellen hüben auf Siedlungsseite wie drüben am Ufer der Weichholzauen der Ketscher Rheininsel der Fall.

Der Biber am Altrhein in Ketsch: Geschlechtsreife nach zwei Jahren

In seinem Jagdrevier bei Rohrhof, aber schon auf Mannheimer Gemarkung hätten sich zwischenzeitlich auch Biberspuren finden lassen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass es sich um das gleiche Tier handele. Moch kann sich gut vorstellen, dass der Biber auf der Durchreise ist.

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„Wenn die Nachkommen die Geschlechtsreife nach zwei Jahren erlangen, werden sie verjagt.“ Handele es sich um ein einzelnes männliches Tier, befinde sich der Biber auf Wanderschaft und auf der Suche nach einer Braut. Gleiches könne aber auch für ein weibliches Tier gelten. Die Ausbreitung sehe man am Neckar. Dort hat sich der Biber aus Osten, aus Bayern kommend, Revier für Revier vorgearbeitet und alsbald Nordbaden erreicht. In Heidelberg etwa etablierte sich dann vergangenen Sommer ein regelrechter Biber-Tourismus am Neckarufer.

Biber leben in Familienverbänden mit bis zu acht Tieren. Jede Familie hat ihr Revier. Biber sind monogam, sorgen jedes Jahr für Nachwuchs von zwei bis drei Jungen. Der Nachwuchs verbringt die ersten Wochen nach der Geburt geschützt im Biberbau. Der Bau kann eine imposante Biberburg ebenso sein wie ein eher unauffälliger Erdbau in Ufernähe. Der Eingang liegt unter Wasser.

Der Biber am Altrhein in Ketsch: Torpedoförmiger Körper und Schwimmhäute

Für die Fortbewegung im und unter Wasser sind sie hervorragend ausgerüstet. Der Biber besitzt eine torpedoförmige Körperform, verfügt über Schwimmhäute an den Hinterfüßen, extrem dichtes und wasserabweisendes Fell. Nase, Augen und Ohren befinden sich hoch oben am Kopf, bilden quasi eine Linie, sodass beim Schwimmen nur wenige Prozent des Biberkörpers aus dem Wasser ragen. Biber haben einen beschuppten, platte Schwanz, der beim Steuern gute Dienste leistet. Wenn es sein muss, hält es ein Biber bis zu 20 Minuten unter Wasser aus. Eine Biberpopulation könne gehörig das Landschaftsbild verändern, weiß Guido Moch. Aber auf der Rheininsel sei kein Wirtschaftswald vorhanden, da gebe es keine Bedenken. Bei einem Freund, der in Mecklenburg-Vorpommern lebt, habe er gesehen, welche Schäden durch Biber entstehen können, weil sie dort Obstbäume angeknabbert hätten. Selbst Schutzvorkehrungen an den Stämmen hätten nichts gebracht, berichtet Guido Moch.

Der Biber hat ganze Arbeit am Altrhein geleistet. Mit seinen ständig nachwachsenden Schneidezähnen schafft er Stämme von zehn Zentimetern in einer Nacht. © Brückl

Biber sind bekannt dafür, dass sie für die Durchtrennung von Baumstämmen von zehn Zentimetern Dicke nur eine Nacht brauchen. Dickere Stämme werden in mehreren Schritten umgemacht. Die Nager haben beste Schneidezähne. Die orangefarbene Vorderseite der Zähne besteht aus einer extrem harten Schmelzschicht. Beim Nagen schleifen sich die Zähne von selbst und werden messerscharf.

Der Naturpädagoge Moch wundert sich, dass der Biber in Ketsch zu dieser Jahreszeit aktiv ist. Normalerweise halte der Biber, der sich als Vegetarier von Kräutern, Sträuchern, Baumrinde und Wasserpflanzen ernährt, Winterruhe und bleibe in seinem mit Vorräten ausgestatteten Bau. Aber die milden Temperaturen und der warme Wasserzulauf von der Kläranlage treibe wohl an.

„Der Biber steht unter Naturschutz“, betont Moch. Tatsächlich ist die Rückkehr des Bibers, der Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Europa vor allem durch intensive Bejagung fast komplett ausgerottet war, aus Sicht des Naturschutzes und der Gewässerökologie ein Segen. Deshalb gibt es für Probleme, die seine Wiederansiedlung für Landwirtschaft, Fischzucht und Forst, Verkehrswege und Wasserbauwerke auslösen kann, Biberbeauftragte. Biberbeauftragter im Regierungsbezirk Karlsruhe ist Ulrich Weinhold, Telefon 06220/922200, E-Mail weinhold@institut-faunistik.net. Beim Rhein-Neckar-Kreis wird in Sachen Biber auf das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz Sinsheim, Telefon 06221 5 22 53 00 verwiesen.

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