Ketsch. „Es hat sich die Reihenfolge geändert. Jetzt machen wir Sachen live fürs Internet und davon kommt dann etwas in die Printausgabe und wird veredelt“, sagte Jürgen Gruler im Anschluss an den Film „Die letzten Reporter“. Der langjährige Chefredakteur unserer Zeitung skizzierte im Gespräch mit Doris Steinbeißer, in welchem Spannungsfeld sich der Lokaljournalismus heute befindet. Das Central Kino und unsere Zeitung, 140 Jahre jung, präsentierten die Dokumentation am Freitagabend gemeinsam.
„Wie viel Ihrer Zeitung haben Sie in den Film wiedererkannt?“, wollte SWR-Moderatorin Doris Steinbeißer wissen, die sich im Kinoverein engagiert. „Man erkennt so Typen, die im Film gezeigt werden, schon wieder“, antwortete Jürgen Gruler. Aber anders als teilweise in der gesehenen Doku habe die Schwetzinger Zeitung es beispielsweise geschafft, das Redaktionsteam altersmäßig gut zu durchmischen. Außerdem sei eine Online-Redaktion gegründet worden und in der aktuellen Berichterstattung über das Hochwasser etwa sei der Reporter mit der Freiwilligen Feuerwehr unterwegs gewesen, habe viele Fotos und Videos mitgebracht. „Wir sind schon etwas anders unterwegs“, sagte Gruler.
Zahlen entwickeln sich positiv
Während die sozialen Medien hauptsächlich dafür genutzt würden, um auf die eigenen Inhalte online aufmerksam zu machen, sei das zukunftsfähige Geschäft in der digitalen Ausgabe zu finden. Und tatsächlich hätten sich die Zahlen positiv für seine Zeitung entwickelt, sagte Gruler mit Verweis auf Zuwächse zwischen 20 und 25 Prozent. Er habe nie verstanden, warum sich eine Online-Gratis-Mentalität entwickelt habe. Der Wert liege ganz eindeutig in der journalistischen Arbeit. Und das werde von den Leuten auch mehr und mehr bemerkt, weshalb die Bereitschaft gestiegen sei, dafür etwas zu bezahlen.
Dabei sei das Lokale, die Berichterstattung über die Menschen vor Ort, sicher ein Alleinstellungsmerkmal, meinte Doris Steinbeißer. Und in der Tat könne man die örtlichen Geschehnisse und Entwicklungen nur von seiner Lokalzeitung bekommen. Aber man dürfe dabei nicht nur sparen, sondern müsse auch die Qualität hochhalten, betonte Jürgen Gruler. „Wir wollen ganz viel aus dem Lokalen machen – Überraschendes mit Reportagen und Porträts über die Menschen“, sagte der Chefredakteur. In seiner Karriere habe er mehrfach die Option gehabt, einen anderen Weg einzuschlagen. „Ich habe mich aber immer für die Lokalzeitung entschieden“, sagte Jürgen Gruler, der bald 20 Jahre bei der Schwetzinger Zeitung ist.
Leidenschaft für soziale Themen
„Wenn wir nicht bereit sind, online mit als Ausspielungskanal zu akzeptieren, dann sind wir irgendwann die Leichen, die zurückbleiben“, heißt es derweil im Film. Die Dokumentation von Jean Boué – der mehrfache Grimme-Preisträger zeichnet für Buch und Regie verantwortlich – stellt drei Reporter in den Mittelpunkt. Da ist Werner Hülsmann, der letzte Kulturredakteur der Osnabrücker Nachrichten, der seit 30 Jahren die Kolumne „Werners Cocktail“ verfasst. Es geht um Anna Petersen, die Jungjournalistin, die aus Bienenbüttel für die Landeszeitung Lüneburg über soziale Themen berichtet. Und die Kinobesucher begegnen Tom Willmann, der für die Schweriner Volkszeitung leidenschaftlicher Sportreporter ist. Die drei sind ganz unterschiedliche Menschen, die eines vereint: Sie schildern ihre persönlichen Empfindungen und Eindrücke und liefern so Informationen aus erster Hand – im Film auch darüber, wie sie den Wandel des Berufsbilds erleben und einschätzen.
Der Film „Die letzten Reporter“ wird am Sonntag, 18. Juli, 18 Uhr, am Donnerstag, 22. Juli, 19.30 Uhr und am Samstag, 24. Juli, 19.30 Uhr, nochmals im Central gezeigt.
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